| Marathon
                        Männer
                        (22.8.2009) Kenia
                        dominiert Marathon: Kirui Weltmeister und
                        Weltcupsieg Vor 20
                        Jahren war im Zentrum von Berlin noch der
                        Todesstreifen. Wer hätte gedacht, dass
                        unmittelbar hinter dem Brandenburger Tor
                        einmal der Zieleinlauf einer Marathon
                        Weltmeisterschaft sein würde? Der vom
                        Berlin City Marathon abweichende Vierrundenkurs
                        führt an allen Berliner
                        Sehenswürdigkeiten außer dem
                        Olympiastadion vorbei. Somit musste man
                        auch erstmals bei einer WM auf den
                        klassischen Einlauf in das Stadionoval
                        verzichten. Doch das Brandenburger Tor
                        ist sicherlich ein toller und auch
                        würdiger Ersatz. Der Zuschauerzuspruch
                        des marathonerprobten und
                        begeisterungsfähigen Berliner Pulblikums
                        war gut. Nur hier und da waren
                        beispielsweise im Tierpark Lücken. 
 WM ohne Gebrselassie
                        und Wanjiru Nach dem
                        vorzeitigen Abwinken der Schnellsten war
                        der Ausgang offen. Haile
                        Gebrselassie kehrte Berlin nicht
                        den Rücken, wollte aber lieber auf die
                        Weltrekordjagd einen Monat später beim
                        City Marathon gehen. Unverständlich für
                        mich, warum der Äthiopier die direkten
                        Vergleiche bei den Weltmeisterschaften
                        oder Olympischen Spielen mittlerweile
                        scheut. Ein Marathontitel wäre der
                        letzte Schliff an seiner grandiosen
                        Karriere. Der Olympiasieger Samuel
                        Wanjiru hat ihm das bereits
                        voraus. Dem Halbmarathonweltrekordler aus
                        Kenia fehlt in seiner Sammlung aber noch
                        der Marathon Weltrekord. Den möchte er,
                        die Vorstellung von Haile in Berlin
                        abwartend, dann einige Wochen später in
                        Chicago holen. Leicht wird es für Haile
                        beim City Marathon nicht werden, denn
                        auch der Zweitschnellste aller Zeiten Duncan
                        Kibet aus Kenia wird in der
                        Bundeshauptstadt gegen den Weltrekordler
                        antreten. Ebenfalls nicht am Start war
                        der Titelverteidiger Luke Kibet
                        aus Kenia und der zweifache Weltmeister Jaouad
                        Gharib aus Marrokko.
 Deutsche eher mit
                        Teamambitionen Somit war
                        es die Chance der bisher noch nicht so
                        hoch dekorierten Läufer. Bei sonnigem
                        Wetter und eher günstigen Temperaturen
                        von 17 bis 22 Grad machten nach dem Start
                        am Brandenburger Tor zunächst wie
                        erwartet die Afrikaner das Tempo, allen
                        voran die Äthiopier und Dieudonne
                        Disi aus Ruanda. Die
                        Durchgangszeit von 15:09 Minuten bei
                        fünf Kilometern für die Spitze war noch
                        nicht so atemberaubend. Die
                        "deutsche Gruppe" mit André
                        Pollmächer, Martin
                        Beckmann und Falk
                        Cierpinski ließ es
                        vernünftigerweise langsamer angehen und
                        lief in 15:44 Minuten durch. In der
                        Einzelwertung konnte man von den
                        Deutschen höchstens eine Überraschung
                        erwarten, aber sie wollten zusammen mit Tobias
                        Sauter vor heimischem Publikum
                        eine solide Mannschaftsleistung
                        abliefern. Bis zu fünf Läufer konnten
                        je Nation nominiert werden. 
 Äthiopier drücken
                        auf die Tube An der
                        Spitze wurde fortan das Tempo
                        verschärft. Der Abschnitt von fünf auf
                        zehn Kilometer wurde v.a. unter dem
                        Diktat der Äthiopier um den
                        Olympiadritten Tsegay Kebede
                        und Deriba Merga in
                        14:59 deutlich schneller gelaufen (10km
                        in 30:08 min). Die Deutschen, die
                        zusammen mit den Russen eine
                        Verfolgergruppe bildeten, folgten in
                        erfürchtigem Abstand in 31:32 Minuten.
                        Das war immerhin noch auf Bestzeitenkurs.
                        Vorne liefen unterdessen fast nur noch
                        Afrikaner. Stark wirkte einzig noch der
                        zweifache New York Marathon
                        Sieger Marilson Dos Santos
                        aus Brasilien. Durch die Verschärfung
                        des Tempos fiel die zunächst 40-köpfige
                        Spitze zusehends auseinander. Nun zeigten
                        sich auch vermehrt die Kenianer an der
                        Spitze, die ein illustres Team mit dem
                        Berlin Zweiten 2007 Abel Kirui
                        (Bestzeit 2:05:04, Rotterdam 2009), dem
                        Boston und Chicago Sieger Robert
                        K. Cheruiyot und Emmanuel
                        Mutai (Bestzeit 2:06:15 Stunden,
                        London 2008) aufbieten konnten. Bei 15
                        Kilometern, die in 44:57 Minuten passiert
                        wurden (14:50er Abschnitt!) zerrte der
                        Vielstarter Deriba Merga (in diesem Jahr
                        schon Houston und Boston Sieger) aus
                        Äthiopien an der Leine und bald
                        kristallisierte sich eine siebenköpfige
                        Spitzengruppe heraus. Neben dem
                        Olympiavierten waren darunter die drei
                        Kenianer, Dos Santos und Dieudonne Disi,
                        der schon mal beim London Marathon
                        Tempomacher sein durfte.
 Zweikampf Kenia
                        gegen Äthiopien Das Tempo
                        sollte noch schneller werden, denn der
                        Abschnitt von 15 auf 20 Kilometer wurde
                        von den Äthiopiern meist in Front in
                        14:45 Minuten runtergespult. Es deutete
                        sich der Klassiker Äthiopien gegen Kenia
                        an. 20 Kilometer wurden in 59:42 Minuten
                        durchlaufen. Die Deutschen Beckmann und
                        Pollmächer folgten auf dem ungefähr 50.
                        Rang in 63:29 Minuten. Falk Cierpinski
                        quälte sich rund 60 Meter dahinter mit
                        Seitenstichen. Bei Halbmarathon hatte die
                        Spitze 63:03 Minuten, die Deutschen
                        Beckmann und Pollmächer auf Platz 55 und
                        56 liegend 67:03 Minuten, Cierpinski auf
                        dem 65. Platz 67:23 Minuten. Tobias
                        Sauter der Vierte im Bunde lag bei seiner
                        ersten Nominierung abgeschlagen in
                        schwachen 71:26 Minuten bereits auf Platz
                        80. Vorne fiel zunächst Dos Santos raus,
                        dann der Olympiadritte Kebede. Die
                        Kenianer übernahmen zunehmend das Heft
                        in die Hand. 25 Kilometer wurden
                        in 1:14:38 Stunden durchlaufen,
                        immer noch mit 14:56 Minuten ein sehr
                        schneller Abschnitt. Die drei Kenianer,
                        Deriba Merga und Dieudonne Disi waren
                        noch im Boot. Doch der sollte bald das
                        nächste Opfer der Hatz werden. Bei 27,5
                        Kilometer stieg der schnelle
                        Halbmarathonläufer aus. Seine bisherige
                        Bestzeit von 2:12 Stunden passte auch
                        nicht ganz zu dem knallharten 2:06er
                        Tempo der Ostafrikaner. 
 Kenianischer
                        Dreifach Erfolg möglich Nun waren
                        die Kenianer und Äthiopier endgültig
                        unter sich. Mutai, Kirui und Cheruiyot
                        liefen mit breiter Brust vor dem einzig
                        verbliebenen Äthiopier Merga. Dahinter
                        folgten allerdings immer noch in
                        Reichweite seine Landsleute Kebede und Yemane
                        Tsegay. Die Deutschen bildeten
                        mit den Russen immer noch eine
                        achtköpfige Verfolgergruppe, die in
                        16:00 bis 16:10 Minuten 5km-Abschnitten
                        auf ungefähr Platz 47 und 48 folgten.
                        Cierpinski, der Sohn des zweifachen
                        Olympiasiegers, folgte etwa 15 Sekunden
                        dahinter. 30 Kilometer, die Entscheidung
                        musste bald erfolgen, durchlief die
                        Spitzengruppe in 1:29:43 Stunden (5km
                        Abschnitt 15:05 Minuten). Abel Kirui
                        zeigte sich mehr und mehr an der Spitze
                        und bei 32 Kilometern konnte zunächst
                        Landsmann Cheruiyot nicht mehr mithalten.
                        Es sollte nicht nichts mehr aus dem
                        möglichen "Sweep", also Gold,
                        Silber und Bronze für Kenia werden. Die
                        Deutschen folgten über sechs Minuten
                        dahinter. Während Pollmächer sich
                        absetzen konnte und seine Aufholjagd
                        startete, bekam Cierpinski mehr und mehr
                        Schwierigkeiten. 
 Pollmächers
                        Aufholjagd Wer würde
                        Weltmeister? Wer würde den Weltcup, die
                        Mannschaftswertung gewinnen. Beides war
                        noch völlig offen. Merga, nervös und
                        breitarmig laufend, sich immer wieder
                        seitlich umdrehend? Kirui, der Mann mit
                        der besten Vorleistung aller Starter, der
                        Kopf und Schulter zu rechten Seite
                        neigend immer mehr an der Spitze zu sehen
                        war? Oder sollte etwa Tsegay Kebede, der
                        schon bei den Olympischen Spielen von
                        hinten noch einmal als Dritter in die
                        Medaillenränge lief nochmals
                        aufschließen? Bei 35 Kilometern
                        1:45:56 Stunden (15:13er
                        Abschnitt) mußte Merga seinen vielen
                        Starts über Marathon und Halbmarathon
                        Tribut zollen und fiel zurück. Später
                        stieg er sogar aus, vielleicht um wieder
                        einen City Marathon zu laufen?
                        Pollmächer sammelte unterdessen
                        ermüdende Läufer ein und arbeitete sich
                        langsam Platz um Platz nach vorne. Bei 35
                        Kilometern lag er etwa auf Platz 32.
                        Beckmann war auf dem 42. Platz. 
 Abel Kirui holt
                        dritten Weltmeistertitel für Kenia Bei 37
                        Kilometer fiel die Entscheidung. Der
                        Aktivste, Abel Kirui, der auch schon den
                        Wien Marathon gewinnen konnte, löste
                        sich von seinem Landsmann Mutai. Schnell
                        entstand eine größere Lücke und Kirui
                        lief nach 40 Kilometern in
                        2:00:10 Stunden (15:14er
                        Abschnitt) unbedrängt seinem größten
                        Erfolg zu. Immerhin hatte Kenia den Titel
                        von Landsmann Luke Kibet,
                        der nicht antrat, von Osaka zu
                        verteidigen. Das tat Kirui bravourös in
                        neuem Weltmeisterschaftrekord von 2:06:54
                        Stunden. Bereits 1987 sicherte Douglas
                        Wakihuri für Kenia den ersten
                        WM Titel im Marathonlauf. Auch für
                        Mutai, der sich auf der langen Zielgerade
                        "Unter den Linden" und im Ziel
                        mehrfach übergeben musste, war Silber in
                        2:07:48 Stunden schon in trockenen
                        Tüchern. Kebede taktisch erneut klug
                        laufend sicherte wenigstens Bronze in
                        2:08:35 Stunden für die geschlagenen
                        Äthiopier. Undankbarer Vierter wurde
                        sein Landsmann Yemane Tsegay und als
                        Fünfter sicherte Robert K. Cheruiyot den
                        Kenianern auch den Mannschaftssieg in der
                        Weltcup Wertung. Immerhin gab das noch
                        ein Extrasalär von $20.000 Dollar. Kirui
                        kassiert für seine Mühe zusätzlich die
                        $60.000 Dollar Weltmeisterprämie. Kirui und Mutai
                        feierten im Ziel ausgelassen den Sieg.
                        Der Weltmeister meinte im Interview
                        hinterher: "Es war gutes Wetter,
                        nicht so heiß wie in den Vortagen. Von
                        meinen früheren Läufen habe ich Berlin
                        in guter Erinnerung. Es ist ein tolles
                        Publikum. Mit meiner Zeit bin ich für
                        ein Meisterschaftsrennen zufrieden."
 Pollmächers
                        Rücktritt nach seinem schönsten Lauf Als Bester des
                        DLV-Quartetts kam der Chemnitzer André
                        Pollmächer bei seiner Aufholjagd noch
                        auf den 18. Platz in 2:15:36 Stunden ins
                        Ziel. Damit wuchs er zwar nicht über
                        sich hinaus, lieferte aber ein solide
                        Leistung ab. Im Interview sagte er
                        hinterher: "Die Taktik war
                        gleichmäßig zu laufen. Ich bin rundum
                        zufrieden." Auf Nachfrage nach
                        seinem angekündigten Karriereende, um
                        eine Trainerstelle anzutreten entgegnete
                        der 26-jährige Europacup Sieger 2007
                        über 10.000m: "Meine sportliche
                        Karriere ist definitiv zuende. Aber das
                        war mit Abstand mein schönster Lauf, den
                        ich jemals gemacht habe!" Seinen
                        überraschenden Rücktritt verkündete
                        der Chemnitzer bereits vor der WM. Er
                        steht wohl auch im Zusammenhang mit den
                        Vorwürfen an seinen zurückgetretenen
                        Trainer Bernd Dießner.
                        Der ehemalige Europameisterschaftsdritte
                        im 5.000 Meterlauf 1966 hatte als Trainer
                        in der DDR einige Spitzenathleten
                        hervorgebracht, darunter die olympischen
                        Medaillen Gewinner Ulrike Bruns,
                        Jens-Peter Herold und Jürgen
                        Straub sowie den Europameister Olaf
                        Beyer. Im ZDF Magazin Frontal21
                        wurde der 63-Jährige am 10.8.2009 mit
                        seinen trainingsbegleitenden Methoden
                        konfrontiert. So sei er im Mai dieses
                        Jahres wegen Verstoßes gegen das
                        Arzneimittelgesetz zu einer Geldstrafe
                        von 4.500 Euro verurteilt worden.
                        Dießner habe teilweise minderjährigen
                        Athletinnen ein Sammelsurium von in
                        Deutschland nicht zugelassenen
                        Nahrungsergänzungs- und Arzneimitteln
                        verabreicht. Gegen das noch nicht
                        rechtskräftige Urteil hat Dießner
                        allerdings Berufung eingelegt.
 Deutsches
                        Team mit Licht und Schatten Und der Rest der
                        deutschen Mannschaft? Ordentlich schlug
                        sich als zweitbester Deutscher der
                        Leinfeldener Martin Beckmann. In 2:18:08
                        Stunden lieferte er als 34. Plazierter
                        einen Sicherheitslauf für das Team ab.
                        Etwas von der Rolle scheint der mit viel
                        Vorschusslorbeeren bedachte Falk
                        Cierpinski in dieser Saison zu sein. Mit
                        Seitenstechen kam er als 2:22:36 Stunden
                        nicht über den 50. Platz hinaus. Als
                        66.Plazierter und damit Fünftletzter
                        zahlte Tobias Sauter, ebenfalls aus der
                        "Cierpinski Trainingstruppe",
                        in 2:35:43 Stunden offenbar erst mal
                        Lehrgeld bei seiner Premiere im
                        Nationaltrikot. Den Weltcup gewann Kenia
                        in 6:25:28 Stunden vor Äthiopien
                        (6:32:26) und Japan (6:41:05). Das
                        deutsche Team wurde Neunter.
 
                            
                                | 1. | Abel Kirui | KEN | 2:06:54 |  |  
                                | 2. | Emmanuel Kipchirchir
                                Mutai | KEN | 2:07:48 |  |  
                                | 3. | Tsegay Kebede | ETH | 2:08:35 |  |  
                                | 4. | Yemane Tsegay | ETH | 2:08:42 |  |  
                                | 5. | Robert Kipkoech
                                Cheruiyot | KEN | 2:10:46 |  |  
                                | 6. | Atsushi Sato | JPN | 2:12:05 |  |  
                                | 7. | Adil Ennani | MAR | 2:12:12 |  |  
                                | 8. | José Manuel
                                Martínez | ESP | 2:14:04 |  |  
                                | 9. | José Moreira | POR | 2:14:05 |  |  
                                | 10. |  |