Ratgeber: Laufen mit Kindern |
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Gefahren beim Laufen mit Kindern?
Frage von Timo H.: Hallo Herr Steffny, ich lese aktuell das Buch "Das große Laufbuch" und fühle mich in vielen Dingen bestätigt und freue mich, offenbar bislang alles richtig gemacht zu haben, außer dass ich vielleicht nicht früh genug mit dem Laufen begonnen habe. Ich wende mich allerdings in einer Angelegenheit an Sie, die nicht mich selbst betrifft. Mein ältester Sohn, er ist jetzt 10 Jahre alt, hat offenbar mitbekommen "dass Papa morgens früh aufsteht um zu laufen". Er kam schon vor Monaten einmal mit dem Wunsch zu mir, ich möge ihn doch morgens wecken und zum Laufen mitnehmen. Ich muss dazu sagen, dass ich 4 mal die Woche morgens um 5 Uhr aufstehe und noch vor dem eigentlichen Frühstück etwa 40 Minuten laufe. Warum so früh? Weil es meine Zeit ist. Abends fehlt mir der Antrieb, und terminbedingt auch oft die Zeit. Ich laufe nun ganz früh morgens und habe damit einen Weg gefunden, Sport und Berufsalltag mit einander zu verbinden. Es gibt daher keine Ausrede mehr von wegen "Ich hatte keine Zeit" oder "Ich bin zu Spät noch im Büro gewesen". Man kennt ja die Ausreden. Um die Uhrzeit schlafen noch alle und ich kann mit völlig freiem Kopf laufen. Für mich ist diese Art ideal, obgleich ich um die Zeit auch alleine bin. Was aber auch nicht das schlechteste ist, wie ich für mich festgestellt habe. Meine Bedenken, meinen Sohn mitzunehmen sind vor allem die, dass ihm vielleicht Schlaf fehlen könnte, wenn ich ihn so früh wecke. Auf der anderen Seite hat er mittlerweile schon mehrfach danach gefragt, so daß ich dazu tendiere ihn doch mitzunehmen. Vielleicht werde ich einfach nachmittags eine weitere Regenerations-Einheit mit meinem Sohn einlegen. Aber ist Laufen in dem Alter überhaupt gut für ihn? Ich nehme an, dass ich alleine für die Frage Schelte einstecken muss, aber ich möchte nicht aus Unwissenheit körperliche Schäden bei meinem Sohn riskieren. Daher bin ich mir auch nicht zu schade, die Frage doch zu stellen. Weitere Fragen in dem Zusammenhang sind: Können Sie mir grundsätzlich etwas zu dem Thema sagen? Sollte ich meinen Sohn in dem alter schon zum Laufen mitnehmen? Wie sieht es mit geeigneter Laufkleidung und passenden Laufschuhen für Kinder in dem Alter aus? Worauf müßte ich achten, damit er keinen Schaden nimmt? Sind meine Bedenken unberechtigt? Auch wenn ich ihn sofort mitnehmen würde, ist es mir wichtiger, erst mal was vom Fachmann dazu zu hören. Vielen Dank schon mal vorab. Viele Grüße Timo H.
Antwort
von Herbert Steffny: Hallo Herr H., Bewegungsdrang ist doch was ganz Natürliches bei Kindern, was in unserer heutigen Gesellschaft eher zu kurz kommt. Man könnte mal umgekehrt die berechtigte Frage stellen: Nimmt Ihr Kind Schaden, wenn Sie es nicht zum Sport anhalten??? Wenn Sie selbst joggen, geben Sie ein prima und glaubwürdiges Vorbild für den Kleinen ab, denn Bewegung und Fitness gehört zum Lebensstil, Papa lebt es schließlich vor. Die größte Gefahr dabei ist die Überforderung durch Eltern, Trainer oder Lehrer und dann hat der Nachwuchs vollkommen traumatisiert keinen Bock mehr auf Laufen. Kinder überfordern sich selbst kaum. Prinzipiell sind Kinder klein, leicht und auch aufgrund dieses günstigen Kraft/Last-Verhältnisses für Ausdauertraining gut geeignet, aber es sollte darüber hinaus eine Vielfalt an Sportarten durchgeführt werden, denn Koordination, das Lernen vieler Bewegungsmuster und Schnelligkeit sollten in diesem Alter beispielsweise in Spielsportarten oder allgemeiner Leichtathletik unbedingt trainiert werden. Ausdauer kann man genau genommen lebenslänglich, also auch noch später aufbauen.
Wenn der Kleine also Lust hat (übrigens jedes kenianische Kind muss immer in diesem Alter viele Kilometer am Tag zurück legen), dann nehmen Sie ihn doch zunächst nachmittags "kindgerecht" mit. Soll heißen: nicht mit der Erwartungshaltung, dass er eine halbe Stunde monoton am Stück joggt, sondern, dass er selbst den Rhythmus vorgibt, das spielerische Tempowechsel beinhalten sollte oder auch mal Gehpausen erlaubt sind, aber vielleicht auch mal Spass wie quer durch den Wald laufen oder die Böschungen hoch und runter... Natürlich ist Ihr Sohn noch ziemlich untrainiert und daher sollten Sie ihn auf keinen Fall zu Beginn überfordern, also die Erwartungen ziemlich runter schrauben. "Das erste Mal" sollte also unbedingt ein Erfolgserlebnis mit Laufspass werden. Weniger zu Beginn kann hier also mehr sein! Früh morgens ginge das auch mal, am Wochenende vielleicht. Die Chance bei einem Frühmorgenlauf mal Naturerlebnisse wie ein Reh, frische Tierspuren im Schnee oder dergleichen zu sehen, sind natürlich zu diesem Zeitpunkt größer. Warum sollten Kinder nicht ausnahmsweise mal früh mit raus? Das ist auch ein kleines Abenteuer "mit Papa im Wald stöbern". Wenn Sie mit Ihrem Sohn Angeln oder Wandern gehen würden, könnte es doch ganz normal sein, dass man früh aufbricht. Oft hilft der gesunde Menschenverstand auch bei Kindern weiter. Kindgerechte Laufschuhe sind wichtig. Hier empfehle ich eine Beratung im Lauffachgeschäft, wo Fußfehlstellungen, Passform usw. gegebenenfalls berücksichtigt werden. Vieles zur Ausrüstung ist allerdings auch grundsätzlich ähnlich wie beim Erwachsenen. Ansonsten finden Sie gerade in "Das große Laufbuch", das Sie ja besitzen ab Seite 238 (in der erweiterten Neuauflage ab S.266) ein ausführliches Kapitel zum Kinder und Jugendtraining mit vielen Tipps, Training, Tests und Anregungen. Und nun viel Spass beim spielerischen Laufen mit dem Sprössling! Ihr Herbert Steffny |