Chicago Marathon
2011 |
Autor
und Copyright: Herbert Steffny
Sie können gerne
hierhin verlinken
Chicago Marathon -
Streckenrekord durch Mosop
Hattrick: Liliya Shobukhova läuft 2:18:20 Stunden *
(von Herbert Steffny
9.10.2011)
Marathon Vortrag oder Workshop mit Herbert Steffny?
Auf Ryan Hall ruhten die Hoffnungen der US-Amerikaner. Der Trumpf stach in Chicago nicht.
(Foto Copyright: Herbert Steffny)
Sonnig milde Temperaturen von 14 Grad Celsius herrschten um 7.30 Uhr beim Start des Chicago Marathons. Gute Bedingungen mit wenig Wind für die Elite also, für die 5:00 bis 6:00 Stundenläufer sollte es bis zu 25 Grad warm werden. Man erwartete auf der schnelle Strecke diesmal wieder Rekordzeiten (hier steht übrigens auch meine Bestzeit mit 2:11:17 Stunden, 1986). In den letzten Jahren war das Wetter eher launisch, mal ungewöhnlich heiß, oder die Temperaturen lagen wie 2009 um den Gefrierpunkt. Der Kenianer Moses Mosop kündigte zuvor einen Weltrekordversuch an, der Ehemann der Berlin Marathon Siegerin Florence Kiplagat, legte im Frühjahr gleich beim Debüt als Zweiter hinter Geoffrey Mutai (2:03:02 Stunden) windunterstützte 2:03:06 Stunden in Boston vor. Es folgte ein Weltrekord auf der Bahn über 30 Kilometer in 1:26:47 Stunden, aber in der Vorbereitung hatte er einige Wochen Probleme mit der Achillessehne, wie mir in Berlin seine Ehefrau verriet, so dass die Hoffnungen auf einen Weltrekordversuch in Chicago gedämpft wurden.
Statt Weltrekord nur Streckenrekord geplant
Moses Mosops Trainer Renato Canova, der in Iten bei Eldoret in Kenia ein Haus bewohnt, traute ihm dennoch eine Zeit um 2:05 Stunden zu, also im Bereich des Streckenrekords, den der verstorbene Samuel Wanjiru im letzten Jahr aufstellte. Die Hoffnungen der Amerikaner lagen auf dem 28-jährigen Ryan Hall, der ebenfalls in Boston 2:04:58 Stunden rannte. Der schnellste weiße Marathonläufer möchte den US-Rekord endlich haben und erstmals einen großen City Marathon gewinnen. Bei den Frauen könnte sich die Russin Liliya Shobukova mit einem dritten Sieg in die Annalen laufen. Zudem stand sie kurz vor dem zweiten Erfolg bei den mit 500.000 Dollar dotierten World Marathon Majors Sieg in der Wertung 2010/2011. Als weiteres Ziel gab sie zudem ein Zeitziel unter 2:20 Stunden und die Olympiateilnahme an. Das Starterfeld der Damen war nicht so stark wie das der Männer besetzt. Nur fünf Läuferinnen hatten eine Bestzeit von unter 2:30 Stunden aufzuweisen. Allerdings durfte man auf das Marathondebüt von Ejegayhu Dibaba, aus Äthiopien, der älteren Schwester von 10.000 Meter Doppel-Olympiasiegerin Tirunesh Dibaba gespannt sein. Immerhin holte die "große Schwester" Olympiasilber über 10.000 Meter 2004 in Athen.
Der zweifache Chicago Sieger und Streckenrekordinhaber Samuel Wanjiru starb im Frühjahr auf tragische Weise.
(Foto Copyright: Herbert Steffny)Die Startphase - schnelle Frauen, verhaltene Männer Das Rennen startete bei den Männern zunächst etwas verhalten in Richtung 2:06 Stunden, 14:53 Minuten war die 5 Kilometer Zwischenzeit. Die Frauen um Liliya Shobukhova, die Japanerin Kayoko Fukushi und die Äthiopierin Ejegayhu Dibaba dagegen rannten sehr flott in Richtung 2:17 bis 2:18 Stunden (16:19 Minuten bei 5 Kilometer). Bei den Männern bildete sich bald eine Gruppe von einem Dutzend Läufern um Moses Mosop, Evans Cheruiyot, Ryan Hall und den Brasilianer Marilson dos Santos, dem zweifachen New York Marathon Sieger, heraus. In 29:40 Minuten überlief die Spitzengruppe die 10 Kilometer Marke, was nun in Richtung 2:05 Stunden lief. Ryan Hall, der sich am Vortag noch eine Kurzhaar-Frisur scheren ließ, lief verhalten am Ende der Gruppe mit. In 44:40 Minuten wurde 15 Kilometer durchlaufen, das Tempo wurde wieder etwas moderater. Moses Mosop fiel auf, dass er als einziger auf dem Vorfuß lief, kein Wunder für mich, dass er Achillessehnenprobleme hat. Der neue Weltrekordler Patrick Makau ist übrigens ein Fersen- bis Mittelfußläufer, so wie Haile Gebrselassie, der nach Achillessehnen Operation ebenfalls für den Marathon auf Rückfußlauf umstellte. I
Tempoverschärfung bei Halbzeit
59:34 Minuten war die Zwischenzeit bei 20 Kilometern und 1:02:52 Stunden bei Halbmarathon, ein wenig langsamer als geplant. Es folgte sogleich eine schnellere Meile in 4:36 Minuten und schon hatten u.a. Ryan Hall und Dos Santos Schwierigkeiten dem Tempo zu folgen. Sieben Läufer lagen nun noch vorne, darunter Moses Mosop, der Äthiopier Bekana Daba (Bestzeit 2:07:04 Stunden), Wesley Korir (Bestzeit 2:08:24 Stunden) und Bernard Kipyego, ein 2:07:01 Stunden Läufer mit zwei verbliebenen Tempomachern, einer aus Äthiopien und einer aus Kenia, die sich nicht ganz einig schienen. Bei 25 Kilometern (1:14:14 Stunden) lag Hall bereits 18 Sekunden zurück. Es begann nun nicht nur die heiße Phase des Rennens, sondern es wurde in der aufsteigenden Sonne auch ein wenig wärmer. Zunehmend gossen sich die Spitzenläufer auch Wasser über den Kopf.
Korir greift an - Mosop kontert entscheidend
Bei 29 Kilometern forcierte Korir an einer Wasserstation und nur Mosop konnte ihm noch folgen. Der Favorit musste aber erst eine Lücke von rund 15 Metern zulaufen, was ihm bald gelang und was seine Willensstärke bewies. Das Tempo zog auf eine 2:04er Zeit an. Nun konterte Mosop, mit dem Kopf leicht zur linken Seite geneigt und mit verspanntem rechtem Arm, seinerseits und riss eine Lücke zu Korir auf. Dahinter lief längst jeder für sich. Es lagen immer noch über 10 Kilometer vor den Kontrahenten. 4:37 Minuten donnerte Mosop die Meile von 20 bis 21 Meilen. Das Loch hinter ihm wuchs, von den Gegenern war bald nichts mehr zu sehen. 1:43:16 Stunden hatte Mosop bei 35 Kilometern. Das deutete auf eine Endzeit von 2:04:30 Stunden, der Streckenrekord von 2:05:41 Stunden von Sammy Wanjiru sollte also fallen. 26 Sekunden betrug der Vorsprung nun auf Bernard Kipyego. Der 26-jährige 30.000 Meter Weltrekordler benötigte 14:27 Minuten für den 5.000 Meter Abschnitt von 30 bis 35 Kilometer. Doch der Kopf von Mosop lehnte sich nun noch weiter nach links, das Tempo ließ nach und der Kenianer konzentrierte sich nun auf Absicherung des Sieges und den Streckenrekord. Die Meilenzeiten gingen entsprechend über 5:00 Minuten. Seine Frau Florence Kiplagat hatte es ihm schließlich in Berlin vorgemacht wie man gewinnt. Es gab einen weiteren großen Zahltag für die Familie Mosop-Kiplagat in Chicago. Im zweiten Marathon seiner Karriere siegte Moses Mosop in erstklassigen 2:05:37 Stunden, vier Sekunden unter Wanjirus Marke vom Vorjahr, aber zwei Minuten vom Weltrekord entfernt. Der taktische Zwischenspurt hatte ihn zuviel Energie gekostet. Trotz zwei fast gleicher Hälften war die Renngestaltung viel zu unregelmäßig. Mosop hatte auf der Zielgerade noch Zeit den Zuschauern zuzuwinken, der Streckenrekord hätte er dabei fast noch verpasst. 100.000 Dollar plus 50.000 Dollar für Streckenrekord waren der Lohn, neben Antrittsgeldern. Zweiter wurde Wesley Korir in 2:06:15 Stunden vor Bernard Kipyego 2:06:29 Stunden. Vierter wurde der Äthiopier Dekana Daba (2:07:59 Stunden) und Ryan Hall der als Fünfter in 2:08:04 Stunden nicht ganz zufrieden gewesen sein dürfte, fühlte er sich vor dem Rennen sehr zuversichtlich.
mehr Info zu LaufbüchernFür Ihre richtige Marathon-Vorbereitung:
Das große Laufbuch
von Herbert SteffnyDas umfassende Standardwerk in überarbeiter erweiterter Neuauflage
mit bewährten 10k, Halb-, Marathon- Trainingsplänen
408 Seiten, Südwestverlag
Liliya Shobukhova gewinnt in persönlicher Bestzeit 2:18:20 Stunden zum dritten Mal Chicago und zum zweiten Mal den 500.000 Dollar Check der World Marathon Majors Serie.
(Foto Copyright: Herbert Steffny)Shobukova schüttelt Konkurrenz ab Die Frauen waren bei 15 Kilometern immer noch zu dritt und mit 49:15 Minuten bei 15 Kilometern iimmer noch auf 2:18:30 Stundenkurs. Bei 20 Kilometern hatten die drei Konkurrentinnen 1:05:47 Stunden. Im Gegensatz zur Japanerin Fukushi ließ sich Dibaba bei immer noch nicht von Shobukhova abschütteln. Halbmarathon passierte das Gespann in 1:09:25 Stunden. Aber um 25 Kilometer war es um die mutig laufende Äthiopierin geschehen, die bei der Premiere doch etwas Lehrgeld zahlen musste. Die Russin musste nun nur noch gegen sich selbst und die Uhr laufen. Von restlichen Tempomachern geführt, lief sie immer noch deutlich auf Kurs unter 2:20 Stunden. Bei 35 Kilometern lag sie alleine, ohne Männerbegleitung, auf weiter Flur, aber das tat dem Tempo keinen Abbruch. Die 33-Jährige lag auch alleine immer noch auf 2:18:30er Kurs. Der Streckenrekord von 2:17:18 von Paula Radcliffe aus dem Jahr 2002 war aber außer Reichweite. Die zweite Hälfte absolvierte sie schneller in 1:08:55 Stunden. Die von ihrem Mann trainierte Russin lief bei ihrem dritten Sieg in Folge einem großen Zahltag entgegen. 100.000 Dollar gab es für Sieg, 40.000 Dollar für eine Zeit unter 2:20 Stunden und die 500.000 Dollar der WMM Wertung waren mit dem Sieg ebenfalls im Sack. Neben der Jahresweltbestzeit, dem russischen Rekord in 2:18:20 Stunden ist die Mutter einer achtjährigen Tochter nun die zweitschnellste Marathonläuferin aller Zeiten. (Seit April 2014 wissen wir warum Shobukhova so schnell war: Doping! Ihr Ergebnis wurde rückwirkend annuliert) "En passant" verbesserte die Russin beinahe auch den 30 Kilometer Weltrekord der Japanerin Mizuki Noguchi um 26 Sekunden auf 1:38:23 Stunden. Doch man vergaß ein offizielles Kampfgericht an dieser Marke zu postieren. Dibaba rettete sich bei ihrem ersten Versuch über die Marathonstrecke noch in ausgezeichneteten 2:22:09 Stunden über den Zielstrich. Von ihr wird man wohl noch einiges hören. Auch die Japanerin Kayoko Fukushi lief mit 2:24:38 Stunden trotz eines viel zu schnellen Beginns persönliche Bestzeit. Zum Zeitpunkt als die Frauenelite im Ziel war kletterte die Quecksilbersäule langsam über den 20 Grad Celsius Strich.
Hoher Frauenanteil - nur 202 Deutsche
35.670 Teilnehmer beendeten das Rennen, damit war die Finisherzahl etwas höher als in Berlin (33.003). Der Frauenanteil ist mit 15.414 Finisherinnen (= 43,2 Prozent) rund doppelt so hoch wie in Deutschland (z.B. Berlin 22,5%). Dafür gibt es eigentlich keinen sportlichen Grund. Vielleicht hilft den deutschen Frauen dieses Buch zur Motivation, um es ihren vielen amerikanischen Kolleginnen nachzumachen? 202 deutsche Teilnehmer, darunter nur 36 Frauen (das sind nur 17,8 Prozent), beendeten den Marathon am großen See. In New York finishen dagegen jährlich über 2.000 deutsche Läufer das Rennen. Bei den Männern war der 41-jährige Moritz Braun aus Straßburg der schnellste Deutsche in 2:46:55 Stunden, knapp vor Frank Klimek aus Hamburg, der acht Sekunden länger benötigte. Bei den Frauen war Elke Barber aus Berlin in 3:38:38 Stunden die schnellste Deutsche. Die Nation mit den meisten ausländischen Teilnehmern waren die Mexikaner mit 1.110 Finishern vor den benachbarten Kanadiern mit 924 Läufern im Ziel. Die Briten belegen den dritten Platz mit 405 Finishern vor den Franzosen (354). 34 Schweizer mit dem flotten Richard Gerzner aus Rickenbach in 2:28:44 Stunden und 35 Österreicher beendeten das Rennen. Der Ausländeranteil beträgt insgesamt nur 15,2 Prozent. In New York ist er mit knapp 50 Prozent wesentlich höher, Chicago ist also ein eher typisch "amerikanischer Marathon".
Durchschnittlich langsamer als Berlin - ein Toter
Nur 19 Läufer blieben unter 2:20 Stunden, erstaunlich wenig für einen Weltklasse Marathon. In Berlin waren es 28 Läufer. Liliya Shobukova kam als schnellste Frau sogar auf den 13. Gesamtplatz! 723 Läufer blieben unter 3:00 Stunden. Auch das ist vergleichsweise wenig. Zum Vergleich: in Berlin schafften das in diesem Jahr 1.151 Läufer. Vergleicht man das allerdings mit Zahlen aus den 80er Jahren, so wies der Frankfurt Marathon 1985 bei "nur" 7.296 Finishern 1.735 Läufer unter 3:00 Stunden auf! Damals lief fast ein Viertel der Läufer unter 3:00 Stunden, das Niveau in der erweiterten Spitze war damals viel,viel höher. Die mittlere Zielzeit (50% im Ziel, Nettozeit) betrug 4:37:41 Stunden. Das ist fast eine halbe Stunde langsamer als in Berlin (ca. 4:10 Stunden). Die Frauen benötigten durchschnittlich 4:51:41 und die Männer 4:25:33 Stunden. In 7:31 Stunden kam der Letzte über die Ziellinie. Älteste Teilnehmerin war Bettyjean McHugh mit 83 Jahren. Die Kanadierin brauchte flotte 6:04:26 Stunden für die 42,195 Kilometer. Der Weltrekord für 83-Jährige steht übrigens bei 5:51:59 Stunden. Ein Läufer brach kurz vor dem Ziel zusammen und verstarb, so der leitende Rennarzt Dr. George Chiampas.
(Seit April 2014 wissen wir warum Shobukhova so schnell war: Doping! Ihr Ergebnis wurde rückwirkend annuliert)
Ergebnisse des Chicago Marathons 2011:
Ergebnisse Männer:
1. Mosop, Moses KEN 02:05:37 2. Korir, Wesley KEN 02:06:15 3. Kipyego, Bernard KEN 02:06:29 4. Daba, Bekana ETH 02:07:59 5. Hall, Ryan USA 02:08:04 6. Cheruiyot, Evans KEN 02:10:29 7. Gokaya, Kouji JPN 02:12:15 8. Arai, Hironori JPN 02:13:17 9. Horiguchi, Takashi JPN 02:14:48 10. Shimoju, Masaki JPN 02:17:49 Ergebnisse Frauen:
1. Shobukhova, Liliya RUS 02:18:20 2. Dibaba, Ejegayehu ETH 02:22:09 3. Fukushi, Kayoko JPN 02:24:38 4. Gebre, Belainesh ETH 02:26:17 5. Daunay, Christelle FRA 02:26:41 6. Hallissey, Claire GBR 02:29:27 7. Chao, Yue CHN 02:32:57 8. Tafa, Askale ETH 02:33:35 9. Nonata da Silva, Cruz BRA 02:35:35 10. Faber, Jeannette USA 02:36:58