Frankfurt Marathon 2008

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Debütant düpiert Elite - Sabrina Mockenhaupt siegt auch am Main
(von Herbert Steffny, als TV-Kommentator am 26.10.2008 aus Frankfurt)

Schon im letzten Jahr herrschte Jubelstimmung am Main. Aber auch in diesem Jahr gab es erneut eine Steigerung beim 27.Frankfurt Marathon. Streckenrekord bei den Männern, eine deutsche Siegerin und einem neuen Finisher-Rekord mit 9.464 Läufern im Ziel, da konnte der Renndirektor Jo Schindler wieder zufrieden sein. Die qualitätsorientierte Konzentration auf die Kerndisziplin, die 42,195 Kilometer, statt sich in Rahmenwettbewerbe wie Halbmarathons, 10km Rennen zu verzetteln, zahlt sich aus. Das Glück des Tüchtigen: War Frankfurt früher bezüglich der Witterung eher eine launische Diva, so herrschen in den letzten Jahren nahezu immer ideale Wetterverhältnisse. Bei trocken-kühler Luft um 12 Grad, sonnig-bedeckten Himmel und leichtem Wind hagelte es Bestzeiten in der Finanzmetropole. Bei diesen Bedingungen mußte man etwas riskieren, es roch nach schnellen Zeiten... Sieben Läufer blieben unter 2:10 Stunden und fünf Frauen unter 2:30 Stunden (siehe aktualisierte Weltbestenliste). Auch die Durchschnittszeiten der Freizeitläufer waren schneller als in den Vorjahren.

Kenia Armada und deutsch russischer Länderkampf

Die Starterliste der Eliteathleten umfasste rund 30 Läufer aus Kenia. Dazu kamen noch ein Dutzend Tempomacher für unterschiedliche Athleten ebenfalls aus dem Land der Wunderläufer. Es war klar, nur Kenia wird bei den Männern vorne um den Sieg und Streckenrekord laufen. Für eine Zeit unter 2:07 Stunden wurde ein Bonus von 75.000 Euro ausgelobt. Aus deutscher Sicht war das Debüt des 10.000 Meter Spezialisten André Pollmächer und die Teilnahme des deutschen Marathonmeisters Martin Beckmann von Interesse. Immerhin ist die Motivation unter den deutschen Männern und Frauen derzeit hoch sich einen Platz im Team für die Weltmeisterschaft 2009 in Berlin zu sichern. Bei den Damen konnte man dagegen erwarten, dass die Deutschen Sabrina Mockenhaupt und die Titelverteidigerin Melanie Kraus ein Wörtchen um die Siegvergabe mitreden werden.

Nach dem Startschuss bildete sich bei den Männern eine kaum überschaubare Riesentraube aus Afrikanern. Die Tempomacher hatten die Anweisung auf 63:40 anzugehen. Der für die Athletenverpflichtung verantwortliche Christoph Kopp hoffte auf eine schnellere zweite Hälfte und die Unterbietung von 2:07 Stunden. Der Streckenrekord des Kenianers Wilfred Kigen aus dem Vorjahr stand bei 2:07:58 Stunden. Der Titelverteidiger und dreifache Frankfurtsieger startet in diesem Jahr allerdings in New York. Die Halbmarathonmarke wurde etwas langsamer in 1:03:55 Stunden durchlaufen, was immer noch eine Streckenrekordverbesserung offen ließ. Dahinter bildete sich ein deutsches Duo mit Martin Beckmann und dem Debütanten André Pollmächer, das bei 21,1 Kilometern eine Zwischenzeit von 1:06:35 Stunden hatte. In der Spitze waren bei 25 Kilmetern noch rund 20 Läufer zusammen, darunter die Favoriten Benjamin Maiyo und Benson Barus. Bei 30 Kilometern (1:31:00 Stunden) war für gut ein Dutzend Läufer immer noch eine Zeit um 2:07:50 drin. Das Tempo ließ nicht nach, aber bei 35 Kilometern trennte sich Spreu vom Weizen.

Plötzlich lief die Nummer 28 vorne weg

Plötzlich lief die Nummer 28 vorne. Ein Robert K. Cheruiyot. Zwei Robert K. Cheruiyot, also kein seltener Name in Kenia hatte ich in meinem Archiv. Einer davon ist der World Major Marathons Sieger, der dafür 500.000 Dollar kassierte, der schon in Boston und Chicago gewann. Den kannte ich, der konnte es nicht sein. Die Presseunterlagen gaben außer dem Namen nichts her. Dann müßte es der etwas langsamere Robert Kiprotich Cheruiyot mit Bestzeit von 2:10:54 Stunden vom Belgrad Marathon 2006 sein? Ich irrte ich mich, denn wie sich später rausstellte, ist er ein bisheriger Marathon-Nobody, der in keiner Liste zu finden war und der im letzten Moment auf den Marathon in Frankfurt aufsprang. Er stammt aus der Trainingsgruppe um William Kiplagat, der zum Marathon eingeladen war. In Eldoret rannte er bereits eine 63er Halbmarathonzeit, das ist ordenlich für diese Höhe von 2000 Metern. Im Training lief er mit Kiplagat alles mit, also nahm man den 20-Jährigen einfach mit. Ohne Einladung und Antrittsgeld stand das Talent an der Startlinie und hatte seinen großen Tag. Ohne sich umzudrehen beschleunigte der mit hoch gehaltenen Armen laufende Mann aus Sosto in der Umgebung von Kericho auf und davon. Auch der 2:08:34 Stundenläufer Wilson Kigen, der Cousin des Vorjahressiegers konnte den Überraschungsmann nicht halten.

Fetter Zahltag für den Youngster

Der Streckenrekord lag in der Luft, aber Cheruiyot konnte noch einmal beschleunigen. Mit 2:07:21 Stunden und Streckenrekord beim Debüt bot der junge Mann eine exzellente Leistung. Das brachte ihm 15.000 Euro für Sieg, 5.000 Euro für Streckenrekord und 30.000 Euro für eine Zeit unter 2:07:30 Stunden also 50.000 Euro ein. Die gestandenen Profis dahinter liefen keineswegs schlecht. Sieben Läufer blieben unter 2:10 Stunden. Die ersten 14 Plätze belegten nur Kenianer. Wie schlugen sich die Deutschen? Nach langer Teamarbeit sprengte André Pollmächer bei 35 Kilometern das Zweiergespann. Martin Beckmann aus Leinfelden wollte das Tempo nicht mehr mitgehen, aber eine neue Bestzeit im 2:14er Bereich lag in der Luft. Pollmächer spürte dann gegen Ende doch noch wie hart ein Marathon hinten heraus sein kann. Unterwegs merkte man dem 25-Jährigen Leipziger immer wieder seine Unerfahrenheit als Marathonläufer an. An einer Getränkestation brauchte er fünf Versuche bis er endlich einen Wasserbecher erwischen konnte. Gegen Ende kam Beckmann noch einmal mächtig auf, konnte aber als 20. der Gesamtwertung den zwei Plätze vor im einlaufenden Pollmächer nicht mehr abfangen. Lohn der Mühe für den Schwaben: Hausrekord in 2:14:30 Stunden (bisher 2:15:06). Pollmächer klappte nach seinem ordentlichen Debüt in 2:14:18 Stunden auf dem 18.Platz auf der Zielinie zusammen und erholte sich erst nach einer Weile. Das Ergebnis der beiden Deutschen bringt zusammen mit den 2:13:30 Stunden in Berlin von Falk Cierpinski ein wenig Licht ins Dunkle der deutschen Marathonszene. Lobenswert: man plant schon Trainingsallianzen im Hinblick auf die WM in Berlin.

Mocki drückt dem Rennen den Stempel auf

Anders bei den Frauen. Sabrina Mockenhaupt ging mit ihren Tempomachern von Anfang an forsch auf eine Endzeit von 2:26:00 an. Ihre bisherige Bestzeit vom Köln Marathon 2007 betrug 2:29:33 Stunden. Melanie Kraus hielt sich erwartungsgemäß eher zurück. Mit Mocki liefen auch die Norwegerin Otterbu, Dritte im Vorjahr und die frühere Frankfurt Marathon Siegerin Oleysia Nurgalieva. Bei Halbmarathon hatte die Mocki Truppe 1:12:59 Minuten. Die Taktikerin Melanie Kraus lag rund zwei Minuten dahinter. Bei 30 Kilometern lag Sabrina Mockenhaupt immer noch auf 2:26 Stundenkurs, die letzte Mitläuferin Nurgalieva konnte nicht mehr Schritt halten. Kraus war bereits 2:20 Minuten zurück. Nur ein totaler Einbruch konnte Mockis Triumph verhindern. Die letzten Kilometer wurden nochmal schwer. Aber nicht so schwer wie in Köln 2007, so die Rheinländerin hinterher auf der Pressekonferenz. Und immerhin über drei Minuten schneller. Mit 2:26:22 Stunden rückte sie auf Platz sieben der ewigen deutschen Bestenliste im Marathonlauf vor. Die schnellere zweite Hälfte reichte Melanie Kraus nicht mehr ganz nach vorne zu kommen. Dennoch war es für sie eine Ehre die Startnummer 1 zu tragen. Hinter der Russin Oleysia Nuraglieva die in 2:27:37 Stunden persönliche Bestzeit aufstellte, belegte sie in der zweitschnellsten Zeit ihrer Karriere mit 2:28:20 Stunden (Bestzeit 2:27:56, Berlin 2000) noch einen respektablen dritten Platz, der ihr einen Platz im WM Team sichern sollte.

Tolle Seniorenleistungen - Finisher Rekord: 9.464 Läufer im Ziel!

Insgesamt setzte Frankfurt mit den deutschen Läuferinnen auf die richtige Karte. So waren die guten Plazierungen von Mockenhaupt und Kraus ein weißer Farbtupfer auf der sonst so im Elitebereich schwarzafrikanisch dominierte Laufveranstaltung. Es war der 14. Sieg einer Deutschen in Frankfurt. Aber auch die deutschen Männer machten einen Schritt in die richtige Richtung. Mit Dennis Pyka lief in 2:19:20 Stunden ein weiterer Läufer unter 2:20 Stunden, somit haben in diesem Jahr bereits sieben Läufer diese Marke geknackt, das ist zwar weit weg von den Leistungsstandards der 80er Jahre (1985 z.B. unterboten 35 Männer die 2:20er Grenze!), aber seit Jahren die höchste Zahl. Man sollte das vorsichtig wieder erkeimende Pflänzchen Männermarathon also nicht mit zu harscher Kritik zertreten.

Es gab einige bemerkenswerte Leistungen bei den Altersklassensportlern. So verfehlte der 40-jährige Kenianer Japhet Kosgei mit 2:09:24Stunden, nur knapp den Mastersweltrekord des Mexikaner Andres Espinoza der in Berlin 2003 2:08:46 Stunden erzielte. Der bereits 54-jährige Charly Doll aus Hinterzarten, Olympiakoch in meinen Seminaren, lieferte mit 2:44:25 eine ordentliche Leistung ab. Der 65-jährige Deutsche Senioren Meister der M65 von Mainz 2008 Klaus Wagner aus Bad Soden lief erstklassige 2:53:30 Stunden. Den Deutschen Rekord in dieser Altersklasse hält allerdings Walter Koch mit 2:47:41 Stunden. Erfreulich aus unserer Sicht Teambetreuerin Meike Wallow blieb mit 2:59:35 als Gesamt 18. Platzierte erneut unter der Dreistunden Grenze und wurde damit hessische Marathon-Vize-Meisterin.

9.464 Läufer erreichten das Ziel in der Messehalle. Darunter waren 7.825 Männer und 1.639 Frauen, das entspricht mit 17,3 Prozent Frauenanteil, wenig mehr als in den letzten Jahren, wo es 17,1 Prozent waren. Das ist neuer Finisher Rekord. 560 Männer und 19 Frauen kamen unter 3:00 Stunden ins Ziel. Das sind 6,1 Prozent und damit wenig mehr als 5,7 Prozent im Vorjahr. 2006 waren es nur 320 Läufer von 8.907 Finishern, das entspricht nur 3,6 Prozent. Die mittlere Zielzeit (50% im Ziel) bei den Männern beträgt 3:48 Stunden, bei den Frauen 4:10 Stunden.

Ergebnisse Männer:
1. Robert K. Cheruiyot KEN 2:07:21
2. Wilson Kigen KEN 2:08:16
3. Stephen Kiogora KEN 2:08:24
4. Philemon Kirwa Tarbei KEN 2:08:47
5. Benson Barus KEN 2:08:57
6. Japhet Kosgei KEN 2:09:24
7. Benjamin Maiyo KEN 2:09:58
8. Julius Kibet Kosgei KEN 2:10:14
9. Vincent Kipsos KEN 2:10:23
10. William Kiplagat KEN 2:10:53
  Ergebnisse Frauen:
1. Sabrina Mockenhaupt GER 2:26:22
2. Oleysia Nurgalieva RUS 2:27:37
3. Melanie Kraus GER 2:28:20
4. Irene Limika KEN 2:28:31
5. Kirsten Melkevik Otterbu NOR 2:29:40
6. Leah Malot KEN 2:32:02
7. Ornella Ferrara ITA 2:32:13
8. Flora Kandie KEN 2:34:16
9. Yelena Nurgalieva RUS 2:36:01
10. Bernadette Pichlmaier GER 2:38:00


Nicht nur in Frankfurt droht der Mann mit dem Hammer am Start
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)


Schnell und schüchtern - Robert Kiprono Cheruiyot der neue Streckenrekordler in 2:07:21 Stunden.
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)


André Pollmächer gelang ein ordentliches Marathondebüt.
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)


Melanie Kraus bekam zum Geburtstag zwei Tage vor dem Rennen einen Blumenstrauss von Renndirektor Jo Schindler .
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)


Sabrina Mockenhaupt siegte in Bestzeit, da kann frau sich freuen.
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)


Mocki unterhielt knabbernd die Journalistenschar bei der Pressekonferenz mit flotten Spüchen
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Mocki, die rheinisch-siegerländische Frohnatur will jetzt erst mal Urlaub machen...
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