London Marathon 2012
Berichte, Resultate, FotosAutor und Copyright: Herbert Steffny
Sie können gerne hierhin verlinkenFrankfurtsieger überragt - Keitany läuft Weltjahresbestzeit
Kenia schlägt zurück und deklassiert Äthiopien - Irina Mikitenko Siebte
(22.4.2012)
|
Beim 32.
London Marathon musste zumindest für Kenia und andere
wie das Gastgeberland Großbritannien die Entscheidung
fallen, wer sein Land bei den Olympischen Spielen in
London im August repräsentiert. In drei Startblöcken
gingen über 37.000 Läufer auf die Strecke. Das
Elitefeld war vom Feinsten, sozusagen nahezu das
Who is who der derzeitigen Elite, darunter
der Weltrekordler Patrick Makau und der Doppelweltmeister
Abel Kirui. Der möglicherweise 101 Jahre alte Fauja
Singh startete ebenfalls wieder, vielleicht bei seinem
letzten Marathon. Die Frauenelite ging 45 Minuten vor den
Männern auf die Strecke. Starkes Frauenfeld mit verhaltenem Start Bei sehr guten sonnigen Wetterbedingungen um
11-13 Grad und Westwind von etwa 20km/h begann das
neuerdings auch in London wieder mit zwei Hasen gelaufene Rennen bei den Frauen erst sehr
zahm. Doch bei vier Kilometern beschleunigte die
Kenianerin Lucy Kabuu das Tempo auf ein Tempo von 3:10
Minuten pro Kilometer. Das separierte erst mal Afrika vom
Rest der Welt. Neben den beiden Äthiopierinnen Ejegayehu
Dibaba, Aberu Kebede und Atsede Baysa war die kenianische
Elite mit u.a. Lucy Kabuu, der Titelverteidigerin Mary
Keitany, Berlin Siegerin
Florence Kiplagat und Weltmeisterin Edna Kiplagat dabei.
Die 2:18:20 Stunden Läuferin Lydia Shobukhova aus
Russland sagte im Vorfeld den Start ab. Sie ist leicht
verletzt und möchte sich nun ausschließlich auf Olympia
vorbereiten. Irina Mikitenko fällt zurück Fünf Kilometer wurde in 16:50 durchlaufen.
Irina Mikitenko, die anfangs noch direkt hinter den Hasen
lief, lag bereits zusammen mit der Olympiasiegerin
Constantina Dita und der Kenia-Schwedin Isabellah
Anderson fünf Sekunden zurück. Mary Keitany hielt sich
diesmal im Gegensatz zum New
York Marathon im letzten
Jahr auffällig zurück. Sie hat aus diesem Harakiri
Rennen, bei dem sie am Ende noch von zwei Äthiopierinnen
eingeholt wurde, offenbar gelernt. Die 10 Kilometer Zeit
von 32:56 Minuten deutete bereits auf eine Zeit von 2:21
Stunden hin. Mikitenko lag hier zusammen mit Anderson
bereits 26 Sekunden zurück. Die Mitfavoritin Ejegayehu
Dibaba stieg unterdessen aus. Bei 15 Kilometern
(50:27min) reduzierte sich die Spitze auf acht
Läuferinnen mit Kurs auf eine projezierte Endzeit von
2:22:00 Stunden. Mikitenko lag nun 40 Sekunden zurück.
Bei 20 Kilometern durchliefen die beiden kenianischen
Häsinnen Chepkirui und Arusei in 67:14 Minuten durch.
Die Halbmarathonzeit von 1:10:53 deutete bereits eine
erheblich schnellere zweite Hälfte an. Irina Mikitenko
lag hier schon über 1:08 Minuten hinter der Spitze
zurück. Kenianerinnen deklassieren Äthiopierinnen Bei 25 Kilometern (1:23:37 Stunden)
dominierten fünf Kenianerinnen über zwei
Äthiopierinnen in der Führungsgruppe, wobei Atsede
Baysa bereits Probleme bekam. Mikitenko lag eher
gleichmäßig laufend und auf Platz 9 liegend nun schon
um fast zwei Minuten zurück. Sie sollte mit der
Entscheidung nichts mehr zu tun haben. Bei 30 Kilometern
waren endgültig alle Äthiopierinnen abgehängt. Man
konnte bereits eine 2:20er Zeit erwarten. Nun dominierte
Keitany und drückte weiter auf das Tempo. Kabuu bekam
als nächste Probleme und es bildete sich ein
Kenia-Quartett heraus. Edna Kiplagat folgte als einzige
der Titelverteidigerin und die Kleinste im Feld Florence
Kiplagat und Rita Jeptoo mussten abhängen. Es
entwickelte sich nun ein Zweikampf zwischen den beiden in
Iten in Kenia wohnenden Athletinnen. Mit Steigerungslauf zur Weltjahresbestzeit 1:56:02 Stunden bei 35 Kilometern
deutete bereits auf eine Zeit von unter 2:20 Stunden hin.
Die Verfolgerinnen lagen vier Sekunden zurück.. Mary
Keitany übernahm bei diesem unglaublichen
Steigerungslauf endgültig die Führungsarbeit, die
Meilenabschnitte lagen um 5:10 (ca. 3:11min/km). Die
Halbmarathonweltrekordlerin setzte sich nach 37
Kilometern von der Weltmeisterin ab und jagte nun nur
noch ihre persönliche Bestzeit von 2:19:19 Stunden, die
sie im Vorjahr hier aufstellte. Bei Kilometer 40
(2:11:46) hatte sie bereits 40 Sekunden vor Edna Kiplagat
und forcierte weiter sogar in Richtung Kenia Rekord, den
Catherine Ndereba mit 2:18:47 Stunden 2001 in Chicago
aufstellte. Mit 2:18:37 unterbot sie nicht nur diesen Kenia-
und Afrikarekord, sondern lief auch eine Jahresweltbestleistung.
Sie ist nun nach Paula Radcliffe und Liliya Shobukhova
die drittschnellste Marathonläuferin aller Zeiten (ewige Marathonweltbestenliste). Edna Kiplagat mühte sich auf der langen
Zielgeraden, um mit persönlicher Bestleistung in 2:19:50
auch noch unter 2:20 zu bleiben. Im Vorjahr lief sie an
gleicher Stelle 2:20:46 Stunden. Damit ist sie die 17.
Frau, die bereits unter 2:20 Stunden blieb. Rita Jeptoo
lief als Dritte ebenfalls in 2:20:14 Stunden Hausrekord.
Noch nie waren in London drei Kenianerinnen auf dem
Treppchen. Florence Kiplagat holte in 2:20:57 Stunden
Platz vier und auch Platz fünf ging in 2:23:12 Stunden
mit Lucy Kabuu an Kenia. Die erste Äthiopierin war Aberu
Kebede auf Platz sechs in 2:24:04 Stunden. Bei ihr war
wohl auch noch der Marathon von Dubai in den Knochen.
Irina Mikitenko wurde schlussendlich Siebte in 2:24:53
Stunden. Keitany lief die letzten 2,195 Kilometer in überragenden 6:51 Minuten, was die
zweitschnellste Leistung aller Zeiten im Finale
darstellt. Damit war sie nur fünf Sekunden langsamer als
der Männersieger!
Zu viele
Meisterköche können den Brei bekanntlich auch
verderben. Würden die für London typischen vielen Stars
in Richtung Weltrekordzeit auch zusammenarbeiten oder
sich nur taktisch belauern? Nach dem Startschuss wurde
bei den Männer zunächst gleich mächtig Gas in Richtung
Weltrekordtempo gegeben. Die erste Meile war in 4:39
Minuten, was 2:53 Minuten pro Kilometer entspricht. Der zweifache
Frankfurt Marathonsieger Wilson Kipsang zeigte sich gleich neben den Hasen in
vorderster Front. Er schien darauf zu brennen sich
erstmalig im direkten Vergleich mit den anderen Topstars
aus Kenia zu messen. Mit 2:03:42 Stunden verpasste er im
Herbst nur knapp den Weltrekord. Eine Verbesserung seiner
persönlichen Bestleistung um nur fünf Sekunden würde
ihn zum Weltrekordler machen. Schon nach zwei Kilometern
trennte sich eine von zwei Hasen geführte etwa
10-köpfige Spitzengruppe ab. Bei 5 Kilometern, die etwas
bergab führen, stoppte man flotte 14:36 Minuten. Bei 6
Kilometern forcierte Weltrekordler
Patrick Makau und lief
kurzzeitig sogar vor den Hasen, um Stärke zu zeigen oder
um den Tempomachern anzuzeigen, die Pace nicht zu
verschleppen. Das geschah dennoch, denn die 10km
Zwischenzeit mit 29:36 Minuten war dann doch erheblich
ruhiger. Das Tempo war sehr wechselhaft, was gegen eine
gute Endzeit sprach. Der Titelverteidiger Emmanuel Mutai
und Doppelweltmeister Abel Kirui liefen zumeist direkt
hinter den Hasen. Kipsang auf Weltrekordkurs Bei 15
Kilometern (44:30 Minuten) war immer noch das Dutzend
zusammen, bestehend aus sechs Kenianern, vier Äthiopiern
und zwei Eritraern. Bei 20 Kilometern (59:13 Minuten)
hatte einer der Hasen bereits Probleme und stieg auf der
Tower-Bridge aus. Nun forcierte der erstaunlich locker
laufende Wilson Kipsang. Der letzte Hase stieg ebenfalls
aus, die beiden Äthiopier Bazu Worku und Feyisa Lilesa
folgten. Die Halbmarathonzwischenzeit mit 62:12 Minuten
ließ in Bezug auf die Endzeit noch alles offen. Kirui,
Mutai und Makau lagen bereits 40 Meter zurück. Kipsang
forderte nun den aufschließenden den 22-jährigen 2:05
Läufer Lilesa auf, das Tempo mitzugestalten. Dieses
Zögern führte dazu, dass Abel Kirui wieder
aufschließen konnte. Das Tempo blieb sehr hoch und die
Durchgangszeit des Trios von 1:13:22 Stunden deutete
sogar auf eine mögliche Endzeit im Bereich des
Weltrekords hin. Der Abschnitt
von 20 auf 25 Kilometer
wurde in sensationellen 14:09 Minuten runtergehämmert!
Das sollte allerdings hinterher noch Körner kosten. Die
14. Meile wurde in 4:30 Minuten gelaufen, das entspricht
2:47 Minuten pro Kilometer. Das Trio Lilesa, Kirui und
Kipsang wechselten sich in dieser Phase in der
Führungsarbeit ab. Die Verfolger um Lel, Kebede, Worku
fielen nun weit zurück. Für den mit markant
asymmetrischer Armarbeit (rechter Arm tiefer) laufenden
Kirui und Kipsang war das Olympiaticket nun in
Reichweite. Kirui lief meist in Front und kühlte sich
angesichts der zunehmenden Sonnenstrahlung mit Wasser. Taktische Tempowechsel verhindern Topzeit Bei Kilometer
30 lag zwischen dem Führungstrio und den beiden
Verfolgern um Mutai und Lel bereits über eine Minute.
Top-Favorit Patrick Makau hatte das Handtuch schon vor
der 20 Kilometer Marke geworfen. Nun machte Kipsang
ernst. Bei 35 Kilometer (1:42:47 Stunden) hatte der in
Iten bei Eldoret wohnende 30-Jährige bereits 15 Sekunden
vor Kirui und Lilesa und zwei Minuten vor Mutai und Lel.
Er lag nun allein auf weiter Flur immer noch auf einem
möglichen Weltrekordkurs. Doch der Weg war noch lange,
das zeitweilig doch recht unregelmäßige Tempo dürfte
zudem viele Körner gekostet haben. Kipsang hatte im
letzten Herbst bereits am Weltrekord geschnuppert. Die
24. Meile wurde aber nur noch in verhaltenen 4:51 Minuten
(3:01min/km) gelaufen, die Kräfte schienen zu erlahmen.
Die 40 Kilometer Zwischenzeit von 1:57:58 Stunden deutete
dann doch nur noch auf eine 2:04er Zeit. Der
Streckenrekord war aber noch in Reichweite. Der Verfolger
Abel Kirui, der sich von Lilesa absetzen konnte, lag
mittlerweile 1:25 Minuten zurück. Dahinter deutete sich
zeitweilig ein möglicher kenianischer Dreifachsieg an,
denn der gute Spurter Martin Lel, der am Buckingham
Palace schon dreimal siegen konnte, lief mit dem
Olympiadritten Tsegaye Kebede auf Platz drei vor,
während Lilesa ermüdete und wie ein Stein zurück fiel. Kenianischer Doppelsieg durch Altmeister Lel Kipsang siegte
etwas ermüdend, aber letztlich überlegen vor der
Konkurrenz. Er verpasste aber den Streckenrekord von
2:04:40 Stunden von Emmanuel Mutai aus dem Vorjahr dann
doch noch um vier Sekunden. Vier Sekunden scheint für
ihn ein Trauma zu werden, denn um vier Sekunden verpasste
er bekanntlich auch in Frankfurt den Weltrekord. Die
Weltjahresbestleistung des Äthiopiers Ayele Abshero
(2:04:23 Stunden, Dubai) verfehlte er allerdings um 21
Sekunden, schob sich aber auf Platz zwei der
Jahresweltbestenliste vor. Sein Lohn war immerhin ein
Preisgeld von 155.000 Pfund. Der Männersieger und die
Damensiegerin kamen somit aus dem 2.400 Meter hoch
gelegenen Flecken Iten, der heimlichen Welthauptstadt des
Marathonlaufs. Abel Kirui trabte dahinter nur noch und
konnte den zweiten Platz nicht mehr halten. Der ebenfalls
in Iten wohnende Nachbar des Siegers kam letztlich nur
noch auf dem sechsten Platz ein, jubelte aber, vielleicht
weil er im direkten Vergleich sich nun für Olympia
qualifiziert sah. Um Platz zwei lieferten sich statt
dessen die stark aufgekommenen Tsegaye Kebede und Martin
Lel einen harten Fight, den der alte Fuchs Lel für sich
entscheiden konnte und den Doppelsieg für Kenia
sicherte. Um Platz vier spurtete noch ein Routinier
nämlich der Marokkaner Jaouad Gharib, ebenfalls
Doppelweltmeister, unterlag aber dann um eine Sekunde
seinem Landsmann Adil Annani, der 2:07:43 Stunden
benötigte. Als Zehnter blieb der zwischenzeitlich müde
gelaufene Feyisa Lilesa mit 2:08:20 Stunden als Letzter
noch unter 2:10 Stunden. Die besten Deutschen, Finisherzahl und Frauenanteil 305 deutsche
Läufer beendeten das Rennen. Bei den Damen war Irina
Mikitenko natürlich die Schnellste. Bei den Männer kam
ein Herr "Ger A. Cronin" mit 2:54:52 Stunden
auf Platz 757 ein. Der Laufmethusalem Fauja Singh
beendete nach einem etwas flotteren Beginn das Rennen in
7:49:21 Stunden (Zwischenzeiten unterhalb). Damit belegte
er den 36.615. Platz unter 36.670 Finishern. Der stille
Star der Marathonbewegung, der streng vegetarisch lebt,
ließ also noch 55 Läufer hinter sich. Die letzten
benötigten 8:21 Stunden. Der Frauenanteil beträgt in
London immerhin 35,5 Prozent. Das ist erheblich mehr als
beim Berlin Marathon der mal gerade 22 Prozent erreicht.
Auch in London war der deutsche Frauenanteil unter den
238 Männern und 67 Frauen gleichfalls 22 Prozent. (Tipp:
Marathontraining
für Frauen)
Für die kenianische Olympianominierung hat sich nach den großen Frühjahres Marathons nun mit Sicherheit der zweifache Frankfurt Marathonsieger Wilson Kipsang klar empfohlen. Wer bei den Männer die beiden anderen Plätze belegt, steht in den Sternen. Abel Kirui hat sich als Meisterschaftsläufer wacker geschlagen und auf jeden Fall im direkten Vergleich die Mitbewerber, den Weltrekordler Patrick Makau und Vorjahressieger Emmanuel Mutai abgehängt. Der Rotterdam Dritte (2:05:03 Stunden) Moses Mosop könnte sich ebenfalls zumindest über die Zeit empfohlen haben. Ob die beiden Aussteiger Patrick Makau und Geoffrey Mutai, der in Boston das Rennen nicht beendete, noch eine Chance haben, ist fraglich. Allerdings wäre Geoffrey Mutai, der im Vorjahr mit Streckenrekorden in Boston und New York überragte, dadurch auch der Ausgeruhteste, denn der London Marathon muss für die Finisher erst verkraftet werden. Das Gleiche könnte natürlich auch der ausgestiegene Patrick Makau für sich beanspruchen. Da haben die Äthiopier, die beim Dubai Marathon im Januar dominierten und wohl auch nominiert werden, einen klaren Vorteil. Ihre Regenerationszeit ist glatte drei Monate länger. Bei den Frauen dürfte kein Weg mehr an Mary Keitany und Edna Kiplagat vorbei führen. Der dritte Platz ist hier noch offen. Rita Jeptoo und Martin Lel bei den Männern platzierten sich jeweils vor den sechs Vornominierten. Aber nach Aussagen des kenianischen Verbandes hat keiner außer diesem Sextett eine Chance. Dann wäre eigentlich der dritte Platz für die Berlin Marathon Siegerin Florence Kiplagat frei. Der Verband will am 30.4.2012 seine Entscheidung bekannt geben.
|
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||