Zürich Marathon
2015 |
Autor
und Copyright: Herbert Steffny
Sie können gerne
hierhin verlinken
Zürich Marathon im Japan-Fieber In gekürzter Version auch für Laufmagazin Spiridon Mai 2015
|
Das Männerrennen |
| |||
Kirschblütenfest mitten in der City, fast wie in Japan. Die Züricher City gibt sich frühlingshaft. Ein Blumengruß für die japanischen Gäste? (Foto, Copyright: Herbert Steffny) | Japaner als Wunschkandidaten Afrikaner bringen ihm nicht so viel für die Werbung. Es gibt zuviele davon, nur die wenigsten haben ein wirklichen Wert für die mediale Vermarktung. Nach dem Marathon fragt die Presse, ob es einen Streckenrekord gegeben hat. Wenn dieser nicht fällt, war das Rennen womöglich nichts wert. Renndirektor Bruno Lafranchi erfüllte sich wohl einen Herzenswunsch, als er Yuki Kawauchi verpflichtete, denn der frühere Schweizer Marathonrekordler mit einer Bestzeit von 2:11:12 Stunden siegte 1988 beim Beppu-Oita Marathon, wurde zweimal Dritter beim renommierten Fukuoka Marathon und ist mit einer Japanerin verheiratet. Es sollte dem vielleicht bekanntesten japanischen Marathonläufer in der Schweizer Finanzmetropole an nichts fehlen. So kochte seine Gattin dem Läuferstar am Vorabend sein Lieblings-Carboloading-Rezept: Reiscurry mit Gemüse und Rindfleisch. Viel Reis, "ein Kilogramm" betonte Yuki Kawauchi freitags bei der Pressekonferenz. 2013 stellte er seine Bestzeit mit 2:08:14 Stunden bei eben jenem Beppu-Oita Marathon auf. Damit war er der schnellste Mann im Züricher Startfeld und wohl auch der Wunschsieg-Kandidat für Lafranchi. Im selben Jahr lief der Vielstarter neben seiner Bestzeit insgesamt 11 Marathons, davon vier unter 2:10 Stunden und zweimal 2:09 Stunden innerhalb von nur 14 Tagen! Hinzu kommen weitere Starts z.B. über Halbmarathon. 34-mal blieb der 28-Jährige bisher unter 2:16 Stunden. "Er ist mit dem Marathon verheiratet" so sein Betreuer und Japanexperte Brett Larner. Familienplanung kommt später, denn das große Ziel ist zunächst ein Sieg beim Fukuoka Marathon und dann die Olympiateilnahme in Rio de Janeiro 2016. Neben Kawauchi lud man als klare Favoritin für die Damenkonkurrenz auch Landsfrau Yuki Sakamoto ein, die ihre Bestzeit in Osaka in diesem Jahr mit 2:36.29 Stunden aufstellte. Die frühere Top-Jugendläuferin auf kürzeren Strecken pausierte fast 10 Jahre, bekam zwischenzeitlich drei Kinder und versucht nun ein Come-back uf der Königsdistanz. | |||
Edwin Kiyeng setzt sich beim 35km von der Spitzengruppe ab. Yuki Kawauchi bekommt Probleme. (Foto, Copyright: Herbert Steffny) Der Kenianer Edwin Kiyeng siegt souverän in 2:11:35 Stunden. (Foto, Copyright: Herbert Steffny) Yuki Kawauchi bäumte sich nochmals auf und erkämpfte sich den 2.Platz (Foto, Copyright: Herbert Steffny) Der kleinen Yoshiko Sakamoto gelang der erste Sieg für Japan in Zürich. (Foto, Copyright: Herbert Steffny) Die Zweite Nicola Spirig nutzte den Marathon für einen Trainingslauf. (Foto, Copyright: Herbert Steffny) Der für Heilbronn startende Benedikt Hoffmann war als 15.Platzierter schnellster Deutscher. (Foto, Copyright: Herbert Steffny) Gleich beim Debüt gelang Jeannine Kaskel aus Bad Säckingen der 5.Platz! (Foto, Copyright: Herbert Steffny) |
Deutsche stellten größtes Auslandkontingent Neben
den beiden Japanern starten weitere 18 Landsleute
in Zürich, doch die Deutschen bilden mit 1.146 Angemeldeten für die
drei
angebotenen Wettkämpfe Teamstaffel, 9,8 Kilometer Cityrun und Marathon
das
größte ausländische Kontingent. Allerdings haben davon nur 381 den
Wohnsitz in
Deutschland. Die meisten wohnen in der Schweiz, der Kanton Zürich
stellt das
Gros der Teilnehmer. Zürich ist insofern ein regionales Event, das
allerdings Bestzeitenjäger auch aus der weiteren Umgebung anlockt.
Natürlich ist Zürich mit Umland ohnehin immer eine Reise wert. „Der
starke Schweizer Franken betrifft uns nicht, wir
haben mit 9.643 Anmeldungen sogar zwei Prozent mehr als im Vorjahr“ so
Renndirektor
Lafranchi. Für die lange Distanz waren aber nur 3.207 Läufer gemeldet,
darunter
20 Prozent Frauen. In der Schweiz ist der Marathonlauf, anders als bei
uns der Berlin Marathon nicht das zahlenmäßig
größte Event, sondern kürzere Rennen wie der Berner 10 Meilenlauf mit
15.326
Finishern. Zürich liegt in der Statistik der Schweizer 42,195 Kilometer
Rennen
sogar noch hinter dem Jungfrau Marathon (3.726 Finisher) auf Platz
zwei. Naturgemäß bietet die Schweiz die ideale Kulisse für die
beliebten Landschaftsläufe.
Trotz idealer Bedingungen um 6 Grad, sonnig und nahezu
windstill, machte das Männerfeld keinen wirklichen Versuch unter 2:10 Stunden anzugehen.
Schnell setzte sich ein Dutzend Topläufer von der Masse ab, mitten drin als
einziger Nicht-Afrikaner Yuki Kawauchi. Rund 150 Meter dahinter fand sich eine "Europagruppe" mit dem Iren Martin Fagan und den beiden streckenerfahrenen Russen Andrej Safronov und Aleksey Sokolov
zusammen. Bei Halbmarathon konnte der Tatoo-Läufer Fagan den Anschluß
aber nicht mehr halten. Die Spitzegruppe durchlief die Hälfte bei
1:05:25
Stunden und das moderate Tempo hielt lange eine 10er Gruppe entlang der
Villen-gespickten „Goldmeile“ am Seeufer zusammen, Kawauchi stets
abgeschirmt
mitten in den Gruppe. Erst bei 35 Kilometern riss der Kenianer Edwin Kemboi Kiyeng die
Gruppe auseinander. Kawauchi musste mit schmerzverzerrtem Gesicht um den
Anschluss kämpfen und zunächst sechs Afrikanern den Vortritt lassen.
Während Kyeng aus der Läuferhochburg Eldoret sich in 2:11:34 Stunden den Sieg noch klar sicherte, erstaunte Kawauchi die Experten mit seinem Kampfgeist, „gaman“ wie man in Japan sagt. Er biss auf die Zähne und sammelte die Afrikaner wieder ein, um sich letztlich noch mit Platz zwei in 2:12:13 Stunden zu belohnen. Ein wenig enttäuscht wäre er schon, ob des verpassten Sieges, aber immerhin zum ersten Mal auf dem Podium in Europa, so der 28-Jährige im Ziel. Dieses vervollständigte nur drei Sekunden dahinter der Äthiopier Gebre Mekuant Ayenew in 2:12:17 Stunden. Auf Platz 15 unter 2.167 Finishern war Benedikt Hoffmann von der TSG Heilbronn als schnellster Deutscher in 2:22:31 Stunden auch nicht ganz zufrieden. „Ich bin ein wenig zu schnell angelaufen (HM in 1:10:41 Stunden), letztlich habe ich meine Bestzeit aber nur um 10 Sekunden verpasst“ so der Lehrer aus Freiburg. Sein Pech: er lag von Beginn an alleine im Niemandsland und musste nach Kilometer 30 solo gegen den am Seeufer leicht aufkommenden Wind ankämpfen.
Die
klare Favoritin Yuki Sakamoto passierte mit großem
Vorsprung Halbmarathon in 1:18:17 Stunden. Was Yuki Kawauchi vorher
nicht gelang, die 36-Jährige holte in 2:37:47 Stunden bei schwacher
Konkurrenz in Zürich den ersten
Sieg für Japan. Als Zweite beschränkte sich die Schweizer Triathlon Olympiasiegerin Nicola Spirig wie
vorher angekündigt eine Woche vor einem wichtigen
Triathlon in Kapstadt auf
einen harten Trainingslauf in 2:46:09 Stunden. Die letzten 10 Kilometer
gestaltete sie als Crescendo, bei dem sie noch die lange als Zweite
sicher feststehende Australierin Mary Fardell
(2:46.38 Stunden) überrannte. Beste Deutsche wurde bei ihrem Debüt in
Abwesenheit der Vorjahressiegerin
Mona Stockhecke auf Rang fünf die für den TV Bad Säckingen startende Jeannine
Kaskel in 2:51:45 Stunden. Sie gewann zuvor den Freiburger Halbmarathon (1:20:36 Stunden).
|