Frage von Rainer I.:
Lieber
Herr Steffny,
ich
habe zu dem Plan 10 Km in 35 Minuten
folgende Frage: Das Intervalltraining ist so aufgebaut,
dass die 1000 m Zeit exakt dem Renntempo der angestrebten
Zielzeit entspricht (in meinem Fall 3:30 Minuten
x 10 ergibt 35 Minuten). Ist es nicht sinnvoller
die 1000 m etwas schneller zu laufen
(z.B. 3:20 - 3:25)- jedenfalls bei der Pausenlänge, oder
aber die Pause zu verkürzen (ca. 2
Minuten)? Ich verspreche mir dadurch einen höheren
Trainingsreiz, denn um die Zielzeit zu erreichen muss
mann ja quasi 10 Intervalle ohne Pause in der angegebenen
Zeit schaffen.
Vielen Dank und beste Grüße
Rainer
Antwort von Herbert Steffny:
Hallo Rainer Ickstadt,
der von Dir angesprochene Plan in meinem neuen
Buch für die kurzen Distanzen bis zum
Halbmarathon "Optimales Lauftraining" zielt genau auf 35:00 Minuten, daher sind
die 1.000m Intervallzeiten auch exakt auf diese Zeit
berechnet. Den Glauben "schneller gleich
besser" teile ich bei diesem
Trainingselement nicht. Da die 35 Minuten vielleicht bei
Dir auch eine neue Bestzeit darstellen, ist das Tempo
ohnehin grenzwertig. Die 1.000m Intervalle
sollten also im realistisch geplanten Renntempo
gelaufen werden, um sich an daran zu gewöhnen, z.B. an
das Zeitgefühl, die Stoffwechselsituation und an die
Schrittlänge. Um einen höheren Reiz zu setzen, findest
Du in dem Plan die 400m Intervalle, die schneller
gelaufen werden, dafür aber kürzer sind. In
der Tat trainiert man mit einem Bein sozusagen die
Unterdistanz mit. Hinzu kommt zwei Wochen vorher der 5km
Wettkampf, der ebenfalls schneller als das 10er
Tempo gelaufen wird! Das reicht!
In der Tat könnte man die Intervalle minimal schneller
laufen z.B. 3:25min/1000m, liebäugelt aber dann schon
mit einer 34er Zeit. Nochmals, der Plan geht auf 35:00
Minuten. Ein
großer Fehler, den leider viele machen, ist bei
beabsichtigten 35:00 Minuten die Intervalle in z.B. 3:15
min oder ähnlich, also noch wesentlich schneller zu
laufen. Das
Verletzungsrisiko ist schon groß und die
Regenerationszeit zudem unnötig verlängert. In diesem
tiefroten Bereich ist auch das Immunsystem gefährdet.
Das ist ein typischer Fehler der eher ins Übertraining, statt zum gewünschten Ziel führt.
In der Tat wäre es besser wie Du bemerkst, falls man
sich wirklich unterfordert fühlt, die Wiederholungszahl
etwas zu erhöhen. Also statt 5x1000m eben
6x1000m zu laufen, aber ebenfalls in 3:30min oder
eventuell die Pausenzeit etwas zu
verkürzen. Bedenken sollte man aber immer, was in den
nächsten Tagen im Trainingsplan noch folgt. Mit einer
euphorisch überzogenen Einheit schießen sich nicht
wenige regelrecht aus dem Plan, der dann anschließend
wie ein Kartenhaus zusammenfällt!
Dass Du im Rennen die 10x1000m am Stück schaffst, liegt
daran, dass man (folgt man meinen Plänen und
Empfehlungen zur Regeneration, Ernährung etc.) am
Renntag komplett ausgeruht ist und Adrenalin,
Mitläufer und Zuschauer einen zusätzlich puschen. Im
Marathontraining läuft man schließlich in Normalfalle
auch nicht die volle 42 Kilometer Distanz! Bei dem Glauben
an die harten Tempoeinheiten sollte man nicht
vergessen, dass der 10km Lauf zu 90% aus der aeroben
Ausdauer, also aus dem Umfang von lockeren Kilometern
gelaufen wird. Die Tempoeinheiten sind nur der
letzte Schliff! Zur Absicherung einer
schnelleren Zeit würde den meisten daher helfen, die Wochenkilometer
zu erhöhen.
Aus erster Hand weiß ich, dass die 27 Minutenläufer in Deutschland der
früheren Jahre (in der 1970er beispielsweise!), die es heute leider
nicht mehr gibt, viel fleißiger waren. Karl Fleschen (27:36min) lief am
Wochenende immer einen ganz langen Lauf um 30km, wie im
Marathontraining und kam auf rund 160 bis 170 Kilometer in der Woche. Frank Zimmermann (27:42min) lief sogar um
220 Kilometer pro Woche. Selbst der dreifache
Hindernis-Weltmeister und Olympiasieger Ezekiel Kemboi aus Kenia, der
erfolgreichste Hindernisläufer aller Zeiten, berichtete mir in
Eldoret/Kenia von seinem Training: Im Februar hohe Umfänge: 220
Kilometer und am Wochenende ein 30km Lauf. Im Mai/Juni vor den großen
Bahnrennen wurde dann auf Basis dieser (orthopädisch) stabilen
Ausdauergrundlage bei deutlich reduziertem Umfang ("nur" noch ca.
140km/Woche) der Anteil des Intervall- und hindernisspezifischen
Trainings erhöht.
Viele Erfolg!
Herbert Steffny
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