Ratgeber: Training nach Puls, Zeit oder Gefühl steuern?

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Dauerlauf zu langsam - nach Zeit, Puls oder Gefühl steuern?


Frage von K. W.:

Hallo Herr Steffny,

ich wäre Ihnen sehr, sehr dankbar für einen kurzen Kommentar, da ich wirklich sehr unsicher bin, was die "Abarbeitung" Ihres Marathon-Plan 02:59 h betrifft. Ich habe Ihr großes Laufbuch bereits zwei mal gelesen und habe soweit verstanden, wie die einzelnen Trainingseinheiten gemeint sind und was zu beachten ist.  

Kurz zu mir:

  • 36 Jahre, 
  • 175 cm, 
  • 74 kg, 
  • 4 Jahre Lauferfahrung
  • 5 km in 17:51
  • 10 km in 38:14
  • HM in 01:24:515

Alle Ergebnisse aus diesem Jahr und meine Form ist im Moment noch nicht zu 100% wieder da!

Was Tempoeinheiten, Intervalle und auch die langen Läufe betrifft, passen die angegeben Geschwindigkeiten in etwa zu meinem Puls, ABER Jogging und Dauerlauf-Einheiten sind meines Erachtens, teilweise, deutlich zu langsam. Mir ist bewusst, dass regeneratives Jogging (vor allem nach harten Einheiten) sehr wichtig ist und das der Puls hier eher eine untergeordnete Rolle spielt, da es wirklich um Erholung gehen soll. Aber mein >Durchschnittspuls< bewegt sich bei den Jogging-Einheiten bei ca. 60%, teilweise auch darunter, und bei den normalen Dauerläufen bei ca. 65% und drunter. 

Beispiel: gestern 100 Minuten Dauerlauf (2. Woche des Plans) mit einem genauen Durchschnitt von 05:30 min/km, wie von Ihnen vorgegeben, mein Durchschnittspuls lag bei 124. Das entspricht 65%. Mein max. Puls liegt bei 189 (sehr sicher). Und das Gelände war nicht nur flach, es waren auch einige Anstiege dabei. 

Ich erreiche bei normalen Dauerläufen also nie die von Ihnen beschriebenen ca. 70-75%. Um diese zu erreichen müsste ich mein Tempo im Schnitt ca. 20 bis 30 Sekunden/Kilometer erhöhen, dies erscheint mir aber als sehr große Abweichung zu Ihren Vorgaben. Arbeitet mein Körper gerade bei diesen langsamen Einheiten einfach so ökonomisch, dass mir diese besonders leicht fallen!??? :-)

Die einzige Frage die sich mir nun stellt, und ich für eine Antwort wirklich unglaublich dankbar wäre ist folgende: Sollte ich gerade diese langsamen Einheiten, etwas anpassen um die Anstrengung leicht nach oben zu treiben!??? Oder ist es absolut in Ordnung, wenn der Puls eine so große Abweichung nach unten aufweist?

Wie gesagt gerade bei regenerativem Jogging, nach Wettkämpfen und harten Einheiten, werde ich tendenziell eher bei den Zeitvorgaben bleiben, weil ich weiß wie wichtig Erholung ist! Vielen, vielen Dank für Ihren kurzen Kommentar im Voraus!

Sportliche Grüße 



Antwort von Herbert Steffny:

Hallo K. W.,

 

in Kürze, Ferndiagnose - ohne Sie zu kennen, laufen gesehen oder vermessen zu haben. Ich gehe mal davon aus, dass Sie Ihre Maximale Herzfrequenz, Laufgeschwindigkeit usw. sicher individuell vermessen haben.

 

Ihre Abweichungen im langsameren Dauerlauf- und Regenerationsbereich sind schon ungewöhnlich und diese können wirklich auf eine "Ökonomisierung" zurück gehen. Das kommt vor, wenn man in diesen Bereichen öfters läuft. Das ist aber nicht unbedingt ein Grund zur Sorge. Mir fällt dazu der Spruch von Renato Canova (Trainer u.a. von Marathon Doppelweltmeister Abel Kirui oder derzweifachen Berlin Marathon Siegerin und Weltrekordlerin im Halbmarathon Florence Kiplagat) ein, den ich im Februar diesen Jahres in Iten/Kenia  interviewte: "Niemand kann so schnell und so langsam wie Kenianer laufen!" Soll heißen, zahlreiche Weltklasseläufer wie Weltmeister usw. laufen (von mir übrigens vor Ort in Kenia per GPS beim mitjoggen vermessen ...) im 5:00er bis 6:00er Schnitt bei den regenerativen Läufen, um es dann am nächsten Tag beim Tempotraining wieder krachen zu lassen. Das ist also 2-3 Minuten langsamer als ihr Marathontempo! Hier entscheidet noch weniger die Vorgabe Puls oder Zeit pro km, sondern das (hoffentlich vorhandene) Körpergefühl. Ich habe früher bei meinen ruhigen Läufen auch nicht immer auf Puls oder Zeit geschaut, sondern nur die Handbremse reingelegt und bin einfach "easy" gejoggt! Haben Sie also Mut die Zwischentage etwas leichter zu laufen als irgendwelche Formeln es vorgeben. Umso besser klappt dann - wie Sie auch richtig schrieben - die Regeneration von einer höheren Belastung der Vortage und die folgende harte, lange bzw. flotte Tempoeinheit sitzt dann auch besser! Dadurch, und nicht durch mehr Tempo bei den ruhigen Dauerläufen steigt die Trainingsqualität und verringert sich die Verletzungsanfälligkeit! Lauf-Machos werden das übrigens nie verstehen.... Hier der Link zu meinem Interview erschienen im Laufmagazin Spiridon April 2014 mit Renato Canova, der übrigens auch die Hahner-Zwillinge berät.

 

http://www.herbertsteffny.de/pdfs/medien/Spiridon_201404_Weltrekordtraining_Florence_Kiplagat_Canova.pdf

 

Nebenbei ihre Zeiten passen gut zueinander, die 5.000m Zeit ist die relativ beste, alles deutet auf Sub 3:00 Stunden hin. Wenn es Ihr erster Marathon ist, kann es aber auch knapp daneben liegen. Um eine optimale Marathonzeit zu realisieren, braucht man nicht nur einen guten Plan, Trainingsfleiß und eine schnelle Strecke, sondern auch Erfahrung und Glück mit dem Wetter. Aber ich drücke die Daumen!


Good luck!

Ihr Herbert Steffny

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