Ratgeber: Abnehmen und Wettkampfgewicht

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Copyright: Herbert Steffny

Möglichkeiten und Grenzen die Wettkampfleistung durch Abnehmen zu steigern

Frage von Herrn F. E.:

Hallo Herr Steffny, hallo Steffny-Laufteam,
erst einmal ein großes Lob für Ihre/Eure informative Ratgeber-Seite auf der Homepage und Ihre angenehmen Kommentare bei diversen Marathon-Veranstaltungen! Mir ist klar, dass Sie nicht alle e-mails beantworten bzw. auf der Homepage veröffentlichen können, aber vielleicht ist meine Frage ja von allgemeinem Interesse.

Mich würde der Zusammenhang zwischen Gewicht und Marathonzeit einmal interessieren. Lässt sich dies annähernd quantifizieren? Im Sinne von "1 kg weniger Gewicht entspricht X weniger Leistungsaufwand entspricht ca. X Min. weniger Zeit beim Marathon"?

Mir ist klar, dass sich dies nicht pauschal beantworten lässt und sich vor allem nicht linear fortsetzen lässt. Aber eine grobe Faustformel fände ich ganz interessant. (Die postiven Effekte auf Gelenke mal außen vor gelassen.) Im Prinzip gilt ja wohl schon das Motto "Je weniger desto besser!", oder? Genau darin liegt aber m.E. auch eine gewisse Gefahr. Sicher neigt nicht jeder zur Magersucht, aber die Kalorienzählerei kann ja auch die ganze Lebensqualität (negativ) beeinflussen und ausarten.

Noch eine persönliche Frage:
Ich bin 28 und wiege bei 1,86m rd. 79 kg. Sicher für einen Läufer kein Idealgewicht, aber ich fühle mich auch nicht übergewichtig. Probleme mit den Gelenken habe ich (noch) keine. Meine Marathon-Bestzeit liegt bei 3:28h (ohne dass ich Trainingspläne streng befolgt hätte - Asche auf mein Haupt). Ich würde mich eher als schlank bezeichnen, habe aber recht voluminöse Oberschenkel (und damit verbunden auch einen dickeren Hintern), obwohl ich bis auf Radfahren - keine Übungen zum Muskelaufbau mache. Ich ernähre mich recht ausgewogen, bin aber auch kein Kostverächter. Speziell Süßigkeiten kann ich nur schwer widerstehen, reduziere diesen Genuss aber vor Marathons bewusst auf ein Mindestmaß. Überspitzt formuliert: Wie bekomme ich Beine wie ein afrikanischer Läufer oder eine Radsport-Bergziege? :-) Gibt es hiefür besondere Übungen oder Regeln?

Vielleicht finden Sie ja Zeit die Fragen zu beantworten. So oder so auf jeden Fall schonmal besten Dank für viele Anregungen zum Thema Laufen!

Viele Grüße

Antwort von Herbert Steffny:

Vielen Dank für die "Schmeicheleinheiten" ;-)),

den Zusammenhang zwischen Laufleistung und Wettkampfgewicht bzw. Gewichtsabnahme stelle ich an Beispielen schon im
"Großen Laufbuch" dar. Im Gegensatz zum Radfahrer oder Schwimmer muss ein Läufer sein Gewicht beim Sport wirklich tragen. Auch bei der Bestimmung der Ausdauerleistungsfähigkeit (Maximale Sauerstoffaufnahme) geht das Körpergewicht ein, denn es wird sinnvollerweise auf das Körpergewicht bezogen. Es gibt bestimmt keine ganz einfache Formel. Aber grob kann man für die wenigstens zu erwartende Leistungsverbesserung sagen:

Beispiel: wenn jemand von 80 auf 72 kg abnimmt, also 8 kg, wären dass 10 Prozent Gewichtsabnahme. Angenommen er läuft vorher 50:00 Minuten auf 10 Kilometer, dann verbessert er sich um 10 x 0,66 = 6,6 Prozent. 6,6 Prozent von 50:00 Minuten sind 3:20 Minuten. Er könnte also alleine durch die (Fett-)Abnahme bei gleichem Trainingszustand 46:40 laufen. Über Marathon (siehe Umrechnungstabellen im "Großen Laufbuch") wäre die Verbesserung dann rund 15 bis 20 Minuten.

Zu Ihnen selbst: Bei Ihrer Größe und Gewicht ist Ihr
Body Mass Index 22,8. Das ist vollkommen normal, also mitten in der Gesundheitszone und eigentlich o.k. für Läufer. Spitzenläufer liegen etwas darunter. Eventuell könnten Sie zur Leistungsoptimierung noch etwas abnehmen, aber dazu würde ich auf jeden Fall noch eine Körperfettmessung vornehmen, da der Body Mass Index noch nichts über das Verhältnis von aktivem zu passivem Körpergewicht (also fettfreie Masse zu Fettgewebe) aussagt. Entsprechende Sollwerte sind für Männer Ihres Alters:

Ein wirkliches Gewichtsproblem haben Sie nicht und Ihre Marathonzeit ist doch ganz ordentlich. Vielleicht sollten Sie doch mal nach einen systematischen Vorbereitungsplan nach meinen Büchern trainieren. Da liegen vielleicht noch mehr Reserven? ;-))

Gewicht ist in der Tat nicht alles. Es gibt eine individuelle untere Grenze, die man/frau nicht unterschreiten sollte und wohl auch beim Sport merkt. Man wird kraftlos und schlechter. Natürlich besteht insbesondere bei Läuferinnen die Gefahr einer Magersucht. Abnehmen wird zum Selbstzweck und die Gewichtsoptimierung fürs Laufen ist dann nur der Vorwand.

Natürlich tragen auch so unsinnige Beiträge wie die im Fernsehen gezeigte alberne "Heidi Klum Model Casting Show" dazu bei, falsche Frauenideale und Vorbilder zu produzieren und Teens in die Magersucht zu treiben. Wenn da ein untergewichtiges Mädchen (mit 52 Kilo bei 1,76 Metern = BMI 16,8!) als zu dick aus der Show rausgeworfen wird, ist das wohl ein billig inszenierter Skandal auf erbärmlichsten Niveau. Vielleicht fahrlässig geplant, um durch gesteigerte Medienöffentlichkeit die Einschaltquoten zu erhöhen. Mit gutem Geschmack und gesundem Menschenverstand hat das wirklich nichts mehr zu tun.

Die Beine eines schlanken Kenianers sind natürlich nicht nur trainings-, sondern teils auch durch die Muskelfaserzusammensetzung anlagebedingt. Eine Fettabnahme macht im vernünftigen Rahmen einen Sinn, aber nicht unbedingt eine Muskelabnahme. Sollten Ihre "voluminösen Oberschenkel" und Ihr "Hintern" also aktive Muskelmasse sein, so kann das neben den Genen auch am Training liegen (zu intensiv?).
Keep on running

Herbert Steffny

ein passender Artikel hierzu: Models, Modepuppen und Marathonläufer...

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