Ratgeber: Intensität im Marathontraining |
Copyright: Herbert Steffny
Intensität im Marathontraining (für 2:40 Stunden) Dennis G.
fragt: Zum Schluss noch
einmal danke für deine Tipps während der
Bootsfahrt-Infoveranstaltung beim New York Marathon. Hätte mich
allerdings noch mehr dran halten sollen. Bin letzten Endes mit
2:50 Std. angekommen. Gruß und ich bedanke mich schon einmal
vorab. Antwort von Herbert Steffny: Hallo Dennis, zunächst direkt zu Deiner Frage: der Unterschied zwischen 2:45 und 2:40 ist nun nicht wirklich gross, in der Tat musst Du ein wenig zwischen den Plänen 2:45 und 2:30 interpolieren. Sowohl was die Gesamtkilometer, die Zahl der Trainingseinheiten und Tempoläufe, bzw. die dabei zu laufenden Geschwindigkeiten angeht. Die mußt Du Dir dann auf 2:40 anpassen. Die Pläne in "Das Große Laufbuch" sind auf Zielzeiten ausgerichtet, die nur eine Viertel Stunde auseinander liegen, das ist wirklich schon sehr dicht beieinander und ausführlich. Ein noch engeres Trainingsplanraster würde den Rahmen sprengen. Ob Du wirklich 2:40 in Hamburg laufen kannst, hängt natürlich von vielen Voraussetzungen ab, die ich aus der Ferne ohne Dich zu kennen, nicht beurteilen kann. Vielleicht helfen Dir aber meine Tipps/Checkliste bei dieser passenden Frage Marathonzeit klappt nicht! weiter. Auf die Frage
zur Intensität im Marathontraining möchte ich hier mal
grundsätzlich und ausführlicher eingehen, da hier viele Fehler
gemacht werden. Es ist nicht unbedingt richtig, dass viel
Intensität in der Marathonvorbereitung zu besseren Resultaten führt. Wenn das die Kollegen so
tun, dann ist das nicht neu, sondern eher typisch, denn die
meisten laufen im Training viel zu schnell und eben zu viele
intensive Einheiten! Es wird immer wieder vergessen, dass der Marathonlauf eine aerobe Disziplin
ist! Während beim 5.000 oder 10.000m Lauf die anaeroben
Kurzintervalleinheiten schon erheblich wichtiger sind, spielen diese in
der Marathonvorbereitung eine geringere Rolle und sollten nur in den
leicht roten Bereich gelaufen werden. Lieber etwas weniger scharfe Einheiten, die aber vom Körper gut verdaut werden, als zuviele, bei denen er mit der Regeneration und Anpassung nicht hinterher kommt. Die Gefahr des Überziehens und Übertrainings bis zur Verletzung, oder dass das Immunsystem schlapp macht (was v.a. beim Training im roten Bereich passiert), ist zu groß. Die langen Läufe und die Gesamtkilometer sind wichtiger, aber letztlich kommt es auf die richtige Mischung an. Nur mit Jogging holt man nicht das Maximale raus. Meine beste Empfehlungen für ein variables Training stehen natürlich logischerweise in meinen Büchern und in den Plänen! Im Großen
Laufbuch
begründe ich das in den Kapiteln "Biologie des
Laufens" und "Trainingssteuerung"
ausführlichst. Diesen Fehler machen auch sehr gute
Marathonläufer (wie Du :)) immer wieder! Schau Dir mal das
Diagramm (auf Seite 215, in der 10. Auflage) über mein erfolgreiches Training auf die Europameisterschaft
1986 an und lese die Geschichte von Jürgen Theofel beim Plan für unter 2:30 (S.200). Nachdem ich
sein Training mit mehr ruhigen regenerativen Einheiten
"verlangsamt" und qualitativ lange Läufe,
Belastung und Regeneration besser aufeinander abgestimmt habe,
wurde er erst richtig gut. Er lief neue Bestzeiten, wurde
vielfacher Deutscher Seniorenmeister und Europameister
im Marathon. Sein Beispiel steht nur exemplarisch für eine große Zahl von anderen Marathonläufern aller Leistungsklassen, die mir das in Briefen oder Mails bestätigt haben. Sie hatten den Mut, statt "Macho-Keulereien" und "Trainingsweltmeisterallüren" mal etwas vernünftiger zu trainieren und statt Raubbau einen sinnvolleren Aufbau zu betreiben. Wer im Training gewaltige Programme runterreißt mag in der (Männer-)Gruppe imponieren und die Vernünftigen verunsichern, nur die Frage sei erlaubt: kommen im Wettkampf die Resultate auch wirklich raus oder wird davon nur geträumt bzw. erzählt? Wie oft ist derjenige verletzt? Ein fleißiger, sanfterer, verletzungsfreier und kontinuierlicher Aufbau führt gerade im Marathontraining meist viel weiter nach oben als die Brechstange! Ich schließe nicht aus, dass es einige wenige "Regenerationsmonster" und orthopädisch superstabile Talente gibt, die mehr Intensität aushalten. Aber wenn ich in meinen Büchern Pläne schreibe, muss ich in die Mitte greifen. Zudem kann ich als Trainer nicht darauf spekulieren, dass mit einem ultraharten Plan schon irgendeiner irgendwie durchkommen wird an dem ich mich profilieren will, sondern es sollten möglichst alle den Plan erfolgreich schaffen! Wäre ich Dein Heimtrainer und würde Dich eine Weile kennen, könnte man natürlich individuelle Besonderheiten rausfinden und einplanen. Das musst Du, indem Du in Dich hineinhorchst, Dein Training sorgfältig aufschreibst und selbstkritisch analysierst alleine oder mit einem guten Coach vor Ort tun. Dazu kann auch das Studium der Grundlagenkapitel in meinem "Großen Laufbuch" beitragen, denn ich möchte, dass meine Leser soviel lernen, dass Sie Ihr eigener Trainer werden können. Vielleicht hälst Du Dich diesmal an meine Tipps? ;)) Viel Erfolg, sei fleißig. Ich drück die Daumen! Herbert Steffny |
Eine direkt dazu passende und ergänzende Frage: Marathon unter 2:40