Ratgeber: Marathonzeit klappt nicht (42 Gründe!)

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Copyright: Herbert Steffny

Die 3:00 Stundengrenze klappt beim Marathon nicht !

Frau M. S. schrieb:

Sehr geehrter Herr Steffny,

vielleicht können sie meinem Mann etwas weiterhelfen, der seit 1,5 Jahren die 3 Std.-Marke beim Marathon zu brechen versucht und nach ihren Plänen trainiert. Mein Mann lief in Frankfurt letztes Jahr 3:04 und in diesem Jahr fühlte er sich fit wie noch nie, Vorbereitungswettkämpfe: 15 km in 58 min, Halbmarathonzeit 1:21, doch in Hamburg lief er dennoch "nur" 3:05. Mein Mann ist ziemlich frustriert und er weiß auch nicht, was er noch verbessern kann an seiner Vorbereitung. Der große Einbruch in Hamburg war bei ca. 38 km. Der Einbruch war so gravierend, dass er nicht einmal Bestzeit, die bis dahin noch möglich war, schaffte. Lange Läufe von 30 - 35 km hatte er ca. 10 absolviert. Intervalle usw. hat er wie gesagt nach ihren Plänen gelaufen. Mein Mann ist ratlos, aber vielleicht haben sie noch einen Tipp für ihn.

Vielen Dank


Antwort von Herbert Steffny:

Hallo Frau S.,
ist ja nett, dass Sie für Ihren Mann fragen. Was der Zeit unter 3 Stunden entgegen steht, ist aus der Ferne nicht so einfach zu sagen, dazu müßte ich vieles erfragen, um herauszubekommen, woran das liegen kann und dazu fehlt mir natürlich die Zeit. Ich bekomme eine Menge Anfragen, die ich unmöglich alle beantworten kann. Ich hoffe Sie verstehen das. Daher möchte ich die Frage unten allgemein und umfassend beantworten:

Die Halbmarathonzeit (auf richtig vermessener Strecke?) deutet natürlich nach den Formeln in meinen Büchern auf eine mögliche Zeit unter 3 Stunden hin. Ich setze voraus, dass er sich wirklich an meine Pläne gehalten hat (z.B. aus dem Buch
"Perfektes Marathon-Training" oder noch ausführlicher in "Das große Laufbuch") und die dort gemachten Vorgaben trainiert hat, ansonsten lägen die Fehler natürlich auch dort (z.B. zu schnell im Training gelaufen usw....). Sie schreiben beispielsweise er habe 10 lange Läufe 30 bis 35km gemacht. Soviele sind aber in meinen Plänen gar nicht vorgesehen. War er vielleicht übertrainiert? Wollte er zuviel des Guten? Genau kann er sich an die Pläne also nicht gehalten haben, und gerade das wäre wichtig gewesen. Sonst sind meine Pläne eigentlich "für die Katz":

Vielleicht helfen aber ergänzend nachfolgende allgemein gehaltene Checkliste, die ich ihm (stellvertretend für andere) beispielsweise stellen würde, denn viele Kleinigkeiten können sich auch aufaddieren und wenn man so knapp an der 3:00 oder 4:00 Stunden-Schallmauer scheitert, kann dass natürlich schon ausschlaggebend sein.

Ich hoffe, dass das vielleicht schon mal weiterhilft. Ihr Mann soll sich die Fragen unten mal selbst beantworten. Das kann ein Trainer (v.a. aus der Ferne) nicht alles wissen. Es ist an der Leistungsgrenze nicht nur wichtig einen guten Plan zu haben und einzuhalten, sondern selbstverständlich auch die Rahmenumstände zu optimieren. Darauf gehen meine Bücher neben den enthaltenen Plänen natürlich umfassend ein. Aber nicht alles erkennt man selbst, vielleicht muss einem auch jemand mit viel Erfahrung mal über die Schulter schauen, denn ein geübtes Trainerauge sieht natürlich noch viel mehr... . Dazu könnte Ihr Mann in eines meiner Laufseminare kommen, wo man vieles individuell abchecken kann.

Mit freundlichen Grüßen und viel Erfolg

Herbert Steffny

42 Ursachen und Gründe...
...warum Ihr Marathon (oder auch ein anderer Wettkampf) vielleicht nicht richtig geklappt hat:

Bitte fragen Sie sich mal selbstkritisch:

  • zu wenig Gesamtkilometer gelaufen? (1. elementare Zutat für ein erfolgreiches Marathonrezept!)
  • zu wenig lange Läufe gelaufen? (2. elementare Zutat für ein erfolgreiches Marathonrezept!)
  • zu schnell im (Marathon-)Training gelaufen? (3. elementare Zutat für ein erfolgreiches Marathonrezept!)
  • (m)einen gut ausgesuchten Trainingsplan nicht richtig befolgt. (Manche würfeln scheinbar fahrlässig oder bewußt nach eigenem Gusto alles durcheinander und wundern sich dann, wenn der Plan nicht klappt) - Ein Beispiel von vielen hier: Halbmarathon im Plan vorziehen?
  • falschen Trainingsplan (zu harten oder dilletantischen?) ausgesucht, z. B. für eine schnellere Zeit und dabei überfordert.
  • Trainingspläne gewechselt aus Unsicherheit (jeder gute Trainer hat einen bestimmen Aufbau in seinem Plan, den man auch befolgen sollte)
  • taktische Fehler, typisch: zu schnell im Rennen losgelaufen?
  • zu warm, zu kalt, windig? Läßt das Wetter am Wettkampftag überhaupt die vorgenommene Zeit zu?
  • ist die ausgewählte Marathon-Strecke überhaupt flach und schnell? Vielleicht war eine Bestzeit durch das Profil gar nicht möglich, wenn man sich damit vorher mal beschäftigt hätte?
  • im Rennen nicht die wirkliche (kürzeste) Ideallinie gelaufen. Bei winkligen Kursen kommen da schon mal einiges zusammen, wenn man "im Tran" nur dem Vordermann auf der Straßenmitte folgt. Übrigens ist die "blaue Linie" keinesfalls immer die Ideallinie (= vermessene Linie 42,195 km). Vermessen ist die Strecke nämlich an der Bordsteinkante entlang. In New York wird die blaue Linie einfach als "Streckenmarkierungslinie" auf der Strassenmitte gezogen. Wer der blind folgt, läuft dort garantiert einige hundert Extra-Meter! Vom Abkürzen über die Fussgängerwege usw. ist hier natürlich nicht die Rede!
  • Wer bei einem großen Citymarathon wie Berlin, London oder New York im Bereich um 3:45 bis 4:30 Stunden läuft, muss damit rechnen, dass es dort teilweise so eng wie in einer Sardinendose zugeht. Staus an Getränkestationen sind die Folge, man kann die Ideallinie nicht laufen und bekommt das Tempo der anderen aufgezwängt usw.. Da hilft es nur zu einem gut organisierten Marathon mit weniger Teilnehmern zu gehen.
  • Haben Sie sich als schnellerer Läufer bei einem großen City Marathon bei Ihrem Debüt zunächst in einem hinteren Startblock einreihen müssen und sind durch die langsameren Läufermassen vor Ihnen auf der ersten Hälfte ausgebremst worden?
  • Wer sein Debüt läuft, sollte unerfahren allerdings ohnehin erst mal eine langsamere Zeit anstreben (Tabellen in "Das große Laufbuch")
  • falscher Laufstil für den Marathon? (zu großer Schritt, für Marathon unökonomischer Vorfusslauf?)
  • Bein-Muskulatur verspannt, zu wenig Dehnungsübungen?
  • Rumpfmuskulatur zu schwach, man beginnt in der zweiten Hälfte zu "wackeln", dadurch verpufft unnötig Energie
  • unökonomische Armarbeit (Armbewegung zu stark nach innen statt nach vorne) oder Schultern pendeln stark vor und zurück, weil der ganze Oberkörper zu steif ist? (ausführliches zum ökonomischen Laufstil in "Das große Laufbuch")
  • falsche Ernährung im Alltag, vor und während des Laufs?  Hierzu am ausführlichsten in "Das große Laufbuch"
  • latenter Eisenmangel? Veganer beispielsweise können leicht einen Eisenmangel haben.... (Eisenspeicher - Ferritinwerte überprüfen lassen, v.a. wichtig für Frauen)
  • Zahnprobleme,- entzündung, die latent und vielleicht unbemerkt auf die Leistung drückt?
  • im Frühjahr und Sommer Pollenflug, gegen den man vielleicht kaum merkbar, aber doch leicht allergisch reagiert?
  • es wird (gesundheitsschädigend und leistungshemmend) immer noch geraucht?!!!
  • es wird (regenerationshemmend) im Alltag zuviel Alkohol getrunken?!!!
  • Medikamentennebenwirkungen oder Abusus?
  • zu wenig Schlaf?
  • zu viel privaten oder beruflichen Stress neben dem Training?
  • vor dem Rennen (und in der letzten Woche) nicht genug geruht und noch zuviel trainiert?
  • zu leichter Wettkampf-Schuh, der mangels Stabilität und Dämpfung schon im Rennen zuviel auf die Knochen geht?
  • nicht erkannte Fuss-Fehlstellung bei falschem Schuh, der das nicht korrigiert? (durch Fehlbewegungen, Kippen im Schuh verpufft Energie)
  • Blasen oder "Wolf" (Wundreibung) gelaufen?
  • falsche oder unfunktionelle Kleidung (Baumwolle, zu warm, zu kühl) angezogen?
  • zu wenig auf Asphalt traniert (wie es beim Citymarathon aber vorkommt)?
  • nicht genügend im flachen Terrain für flachen Citymarathon gelaufen (monotone gleichförmige Schritte üben)?
  • zuviele oder zuwenige Wettkämpfe im Vorfeld? (siehe Pläne im Buch)?
  • im Training krank geworden oder verletzt und daduch Unterbrechungen?
  • zu viel Kilos, zu hoher Fettwert und Übergewicht? Das spielt für Marathon eine noch größere Rolle als beim 10km Lauf.
  • übertrainiert? Der Knackpunkt ist im Marathontraining oft 2-3 Wochen vor dem Rennen, wo manche entweder übermotiviert überziehen oder versuchen alles Versäumte noch nachzuholen oder wo sich ein zu harter Plan endgültig rächt. Resultat: Verletzungen und/oder das Immunsystem spielt nicht mehr mit. Kontinuität und (m)ein Plan mit genügend langsamen Regenerationsläufen zwischen den langen oder schnellen Kerneinheiten wäre besser gewesen. Viele merken das leider erst zu spät, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist.
  • mental nicht genug gekämpft in der Endphase? Harte Antworten für den "inneren Schweinehund" zurechtlegen und Konsequenz und Härte gegen sich selbst auch schon im Training üben. Wer im Training sichs leicht macht (z.B. "Schönwetterläufer") und immer wieder was ausfallen läßt, der wird auch im Marathon schneller kneifen ("Ach, ist doch egal...!"). Das wars dann...
  • Muskelfasertyp eher für kurze Strecken geeignet (genetisch bedingt, z.B. wenn er mal früher ein sehr guter Sprinter war)?
  • für Bestzeiten im Marathonlauf braucht man eine jahrelange kontinuierliche Trainingsbasis, wer im Herbst immer wieder aufhört, wird nie soweit kommen, wie jemand, der auch über den Winter durchtrainiert.
  • irgendwann muss man auch damit rechnen, selbst bei bestem Training seine Obergrenze zu erreichen!
  • Wer älter wird, muss damit rechnen, dass man irgendwann stagniert und die Leistung (auf hohem Niveau) aber auch langsam zurückgeht (siehe Seniorentraining-Kapitel im Großen Laufbuch).
  • 43?....(vielleicht haben Sie liebe(r) Leser(in) auch noch Tipps für mich....;-))

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