Ratgeber: Muskelschmerz und Marathon

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Copyright: Herbert Steffny

Muskelschmerzen und Einbruch beim Marathon!

Herr T.W. schrieb:

Grüezi Herr Steffny

Vielleicht finden Sie Zeit, meine Fragen zu beantworten. Ich habe gerade meinen ersten Marathon alles auf Strassenbelag im Regen hinter mir. Meine 10 km Bestzeit ist 39 Minuten, Halbmarathon 1:27:00, ich bin 40 Jahre alt. Mein Training bestand aus 80 km Arbeitsweg auf dem Rad pro Woche und wöchentlich ca. 50 km Waldlauf meist langsam, einige schnellere Einheiten und auch 10 lange Läufe 25 bis 40 km. Dazu kommen noch meine Berg- und Skitouren bis 5 h (1000 bis 1600m Höhenmeter) Aufstieg einmal pro Woche.
Bis etwa Kilometer 30 lief alles nach Plan. Ich lief etwa im 3h-Tempo (halbe Strecke: 1:30:30). Mein Puls lag bei 165 bis 168 Schlägen (92% - 93% meiner maximalen Herzfrequenz). Ich fühlte mich wohl. Dann setzten Schmerzen in den Oberschenkeln ein, welche immer stärker wurden. Bei den letzten Kilometern konnte ich nicht einmal mehr das 5 Minutentempo halten und habe vor Schmerzen ans Aufgeben gedacht. Mit solchen Schmerzen laufen macht keinen Spass mehr. Mit dem Tempoverlust sank auch mein Puls auf 150 Schläge (83%). "Ein noch fittes Herz mit Krüppelbeinen". Endzeit 03:13:30, was OK. ist. Jetzt nach dem Rennen habe ich sehr starken Muskelkater. Was habe ich im Training falsch gemacht? Wie lassen sich diese Schmerzen verhindern? Wenn es normal ist, dass ein Strassenmarathon solche Muskelschmerzen verursacht, dann werde ich keine Marathons mehr laufen sondern nur noch Halbmarathons oder Bergläufe auf Naturstrasse.

Vielen Dank und freundliche Grüsse


Antwort von Herbert Steffny:

Hallo Herr W.,

obwohl ich aus Ihrem Mail nur einige Aspekte Ihres Trainings entnehmen kann, lese ich heraus, dass Sie sicherlich einiges falsch vorbereitet und eingeschätzt haben. Muskelschmerzen kann auch an falschem Schuhwerk, Kleidung, mangelnder Gymnastik, falschem Trinkverhalten usw. liegen. Genau genommen sind Sie schon dem Mann mit dem Hammer im Marathon begegnet, wenngleich der noch viel härter hätte zuschlagen können. Nachfolgend ein paar wichtige Aspekte:

  • Für einen Debüt Marathon war die Zeit gar nicht so schlecht und sie hätte besser sein können, wenn Sie nicht zu schnell losgelaufen wären. Mit einer Zeit von 39 Minuten und 1:27, die Sie als Bestzeit angeben, kann selbst ein Marathonroutinier nur unter allerbesten Umständen um 3:00 Stunden laufen. Waren diese Zeiten momentan überhaupt aktuell? Eine Zielzeit für die Premiere von Beginn an auf 3:10 wäre realistischer gewesen.
  • Der Marathonpuls von 92 bis 93% Ihrer Maximalen Herzfrequenz erscheint mir auch zu hoch und bestätigt ein zu schnelles loslaufen. Bei sicher ermittelter Maximaler Herzfrequenz würde ich Ihnen eher zu 87 Prozent als Obergrenze für die erste Hälfte raten.
  • Sie haben sicherlich eine gehörige Portion Talent und auch Grundlagenausdauer durch die anderen Sportarten (Radfahren, Ski- und Bergtouren), aber die spezielle Vorbereitung auf den Marathon hätte mehr Laufkilometer haben müssen. Für 3:00 Stunden sollten das um die 100km pro Woche sein.
  • Sie sind offenbar nur auf Waldboden gelaufen, dann aber bei einem Citymarathon auf Asphalt gestartet. Sie haben sich dadurch nie an das monotone Laufen auf hartem Untergrund angepasst. 30.000 gleiche Schritte auf Teer gehen ganz schön rein. Sie hätten also auch im Vorfeld schon lange Läufe auf flachen Strecken mit zunehmendem Asphaltanteil machen müssen.
  • Ganz allgemein: Marathon ist kein Sonntagsspaziergang. Wer leistungsorientiert an der Grenze läuft, der muss damit rechnen, dass die Muskulatur gegen Ende etwas schmerzt. Muskelkater nach einem Marathon ist nicht ungewöhnlich. Aber es hätte vielleicht nicht so hart sein müssen.
  • Unter Berücksichtigung alleine dieser Aspekte wäre beim zweiten Mal (mit Erfahrung) vielleicht auch eine Zeit um 3:00 Stunden drin. Ehrlich gesagt, Sie sollten sich vielleicht doch mal mein "Großes Laufbuch" zulegen. Da stehen neben Plänen und viel know-how auch diese Fehlermöglichkeiten drin. Hätten Sie das vorher gelesen (und sich im Training und Wettkampf dran gehalten), hätten Sie sich bestimmt nicht so quälen müssen.

Falls Sie die Lust am Marathon nun nicht vollständig verloren haben sollten, so denke ich, dass Sie mit bessere Vorbereitung beim nächsten Mal schmerzfreier und schneller über die Runden kommen werden.

Keep on running und gute Erholung in die Schweiz

Herbert Steffny

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