Zu
ungeduldig für unter 4:00 Stunden?
Frage von
M.O.:
Sehr geehrter Herr
Steffny,
könnten Sie mir mit einem Marathon-Trainingsplan helfen? Ich
habe bislang in den vergangenen Jahren 3 Marathons gelaufen, bin
aber dabei nicht unter die 4 Stunden gekommen (4.23, 4.10 und
4.22 h). Meine Zeiten zur Hälfte der Strecke waren jeweils 2.02,
2.02 und 2.00 h. Ich bin 54 Jahre alt, 1.78 m groß und 73 kg
schwer. Mein Ziel ist es, unter 4 Stunden zu laufen. Ich denke,
daß ich meine Grundschnelligkeit und vor allem meine Tempohärte
verbessern muß, weil ich bisher jeweils nach Hinten heraus
abgebaut habe.
Ihre Trainingspläne in dem mit Ulrich Pramann herausgegebenen
Buch "Perfektes
Marathon-Training"
gefallen mir sehr gut, u.a. auch (aus beruflichen Gründen)
deswegen, weil bei Ihnen ein Trainingsschwerpunkt an den
Wochenenden liegt. Allerdings habe ich Zweifel, ob es für mich
nicht zu ehrgeizig wäre, für dieses Jahr bereits nach Ihrem
Plan für die 3.30 h zu trainieren. Falls Sie das auch so sehen,
ist meine Frage und Bitte, ob Sie mir auch einen Trainingsplan
für 3.45 h zukommen lassen könnten. Mit freundlichen Grüßen
Antwort von
Herbert Steffny:
Hallo Herr O.,
Danke zunächst für das "Bücherlob". Hhm, so eine
Ferndiagnose fällt erst mal schwer und mir fehlen auch einige
Daten von ihrem Training dazu. Was können Sie z.B. über 10km
oder Halbmarathon laufen? (51min bzw. 1:53 sollten es schon
wenigstens sein). Warum nehmen Sie aus unserem Buch nicht
erst den Plan für unter 4:00? Warum denn gleich 3:45/3:30?
(Übrigens ist im neuen "Großen Laufbuch" auch ein Plan für 3:45 enthalten, der im
"Perfekten Marathontraining" fehlt). Machen Sie doch
den ersten Schritt vor dem zweiten. Sie sind im Kopf schon bei
3:45/3:30 und haben "erst" 4:10 geschafft. Wenn Sie
hinten im Marathon langsamer werden, hat das nicht unbedingt mit
"Tempohärte trainieren" zu tun, sondern ggf. genau mit
dem Gegenteil: nämlich Ausdauer! Es klingt paradox, aber es ist
so: Man wird auf Marathon eher schneller durch mehr
ruhige Kilometer und lange Läufe, als durch Tempoläufe.
Vielleicht fehlen Ihnen gerade die langsameren und langen Läufe,
die den Fettstoffwechsel (und die Geduld) trainieren? Vielleicht
waren Sie im Training durchschnittlich zu schnell und haben die
falschen physiologischen Systeme dadurch trainiert und wurden
dadurch sogar noch kraftlos. Wenn Sie mehr für den Marathon tun
möchten, könnte der einfachste Schlüssel nicht mehr Tempo
lauten (wie viele glauben), sondern ein ruhiger Dauerlauf mehr
pro Woche (45-60min bei 75% der max. Herzfrequenz). Nur, wenn Sie
überhaupt kein Tempotraining machen würden, könnten Sie durch
einmal Tempo pro Woche etwas optimieren. Vielleicht haben Sie
auch zu nahe an den Marathon ran trainiert und zuwenig
zwischendurch regeneriert? Vielleicht haben Sie zuvor zuviele
Wettkämpfe absolviert, die das Kleingeld schon vorher ausgegeben
haben? Vielleicht haben Sie sich beim Marathon zuvor nicht
richtig ernährt, unterwegs zuwenig getrunken usw.., was einen
Einbruch verursachen kann. Befolgen sie doch mal einfach
meinen 3:59er Plan mit allen Konsequenzen (auch in den
teilweises Ihnen vielleicht zu langsam vorkommenden ruhigen
Dauerläufen). Das ist meine beste Empfehlung. Sonst hätte ich
die Pläne ja gar nicht schreiben brauchen. In den Texten im Buch
finden Sie dann auch die Erklärungen für diese erstaunlich
"sanften" Konzeptionen, mit denen ich auch
Spitzenläufer erfolgreich trainiere. Checken Sie doch einfach
mal selbst was von den oben genannten Punkten auf Sie zutrifft.
Sind Sie vielleicht zu ungeduldig und glauben nur an
"Power"-Training? Viel Glück und Erfolg
Herbert Steffny Probehappen: Marathonplanung für unter 4:00 Stunden
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