„World Record Day“ – das klingt ein bisschen großspurig, so wie man im Vorfeld im spanischen Valencia das Event anpries, aber die Trümpfe stachen an einem milden Abend bei etwa 20 Grad Celsius und wenig Wind. Fast steril gegen die Uhr und Corona-bedingt ohne großes Publikum, aber mit Tempomachern und Lichterketten, die neben der Innenbahn umlaufend das Rekordtempo vorgaben, schafften die Protagonisten ihre Ziele die Weltrekorde über 5000m bei den Frauen und 10.000m bei den Männern zu verbessern.
Der 5.000m Frauen-Weltrekord wechselt die Besitzerin, bleibt aber in Äthiopien!
Letesenbet Gidey spulte die Runden locker herunter zu 14:06:62 Minuten.
Zunächst
startete das Frauen Rennen über 5000m. Der zu unterbietende Weltrekord stand
seit 2008 von Tirunesh Dibaba aus Äthiopien bei 14:11:15 Minuten, den sie in Oslo 2008 aufgestellt
hatte. Und nun schickte sich ihre Landsfrau Letesenbet Gidey diese Marke zu
unterbieten. Wer ist Letesenbet Gidey? Für Experten kein Nobody. Über 15km lief
sie 2019 beim welligen Zevenheuvelenloop 15K in den Niederlanden sensationelle
44:20 Minuten, ein erstklassiger Weltrekord, der von vielen übersehen wurde. Sie
verbesserte die Marke der Kenianerin Joyciline Jepkosgei damals um über eine
Minute! Bei den Weltmeisterschaften über 10.000m holte sie im gleichen Jahr Silber
und im Crosslauf Bronze.
Die frühere Junioren-Weltmeisterin spulte zunächst bis 3000 Meter (8:31,85min) hinter den beiden Tempomacherinnen Esther Guerrero aus Spanien und der 3000 Meter Hindernis Weltrekordlerin Beatrice Chepkoech aus Kenia unglaublich locker und gleichmäßig die Runden herunter. Danach hatte man den Eindruck, dass sie voller Tatendrang erst mal beschleunigen müsste. Letztlich finishte die erst 22-Jährige in neuer Weltrekordzeit von 14:06,62 Minuten.
Das ist Hightech-Pacing! Eine umlaufende Lichterkette gab das Weltrekord-
tempo vor. Grün ist WR-Tempo, im blauen Bereich ist man schneller.
Cheptegei wird Köng auf der Bahn!
Nach dieser Vorgabe
waren nun die Männer dran. Wer Joshua Cheptegei aus Uganda nicht kennt, hat es
entweder aufgegeben die Afrikaner auseinanderzuhalten oder die letzten Jahre
geschlafen. Der Crossweltmeister, 10.000 Meter Weltmeister und neue 5.000 Meter
Weltrekordler (12:35,36 am 14.8.2020 in Monaco) wollte sich nun auch den 10.000
Meter Weltrekord unter den Nagel reißen. Den hielt seit 2005 bis zu diesem
denkwürdigen Abend der Äthiopier Kenenisa Bekele in 26:17,53 Minuten. Auch den
5km Rekord auf der Straße ist bereits im Besitz von Cheptegei. Nimmt man die
Standardformel aus meinem „Großen Laufbuch“ (mögliche 10.000m Zeit ist 5000m
Zeit x 2 plus 1 Minute) so erhält man 26:10,72 Minuten.
Bewaffnet mit mehreren Hasen, zuletzt mit dem noch Weltjahresbesten Nicholas Kimeli aus Kenia bis 5000 Meter (13:07,8 min), stürmte der Volksheld in Uganda die zweite Hälfte etwas schneller und alleine gegen die parallel umlaufende Lichterkette zu einer neuen Rekordmarke von 26:11,00 Minuten! Anschließend durfte er mit gekröntem Haupt seine Ehrenrunde drehen. Das war ein denkbar schlechter Herbst für den von vielen als „größter Läufer aller Zeiten“ gehandelten Äthiopier Kenenisa Bekele. Er verlor nun seine beiden Weltrekorde an Cheptegei und konnte vor einer Woche verletzungsbedingt beim London Marathon nicht antreten.
Track is exciting!