Berlin Marathon 2010
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Autor und Copyright: Herbert Steffny
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Weltrekordversuch ertrank im Dauerregen
(von Herbert Steffny am 26.9.2010 aus Berlin)

Marathon Vortrag oder Workshop mit Herbert Steffny?


Auch ohne Haile - Patrick Makau auf Rekordjagd?
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)



Berliner Luft, diesmal gesättigt mit Wasser im Regierungsviertel.
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)



Spitze! Geoffrey Mutai, Bazu Worku und Patrick Makau bei Kilometer 38.
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)



Richard Friedrich war bester Deutscher, unterbot aber nicht die 2:20 Stundengrenze. Das gelang Betreuer Günter Zahn auf dem Fahrrad bereits 1985 mit 2:18:04 Stunden.
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)




Am Potsdamerplatz - Stimmung am Streckenrand auch bei Regen.
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)




Die Äthiopierin Kebede Aberu und ihr Tempomacher haben sich deutlich abgesetzt.
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)



Kilometer 38 - Die Japanerin Morimoto kann sich von Sabrina Mockenhaupt leicht absetzen und verteidigt den Vorsprung und Platz 3 bis ins Ziel.
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)




Hoppla - Der Renndirektor Mark Milde stürzte mit dem Rad in einem Straßenbahn Gleis.
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)


Viele Jahre hatte Berlin Glück mit dem Wetter, aber bei der 37. Auflage dauerregnete es vom Startschuss bis zur Ziellinie leicht, aber ohne Unterlass. Das ist zwar besser als Wärme, es gab schnelle Zeiten und nasse Schuhe, aber das miese, düstere Wetter war wenig verlockend für die Zuschauer auf die Straße zu gehen und die Medienschaffenden hatten ihre Mühe. So musste ich selbst  zwischendurch mehrfach meine Kameras abtrocknen. Auch der im TV erstmals übertragende Sender n-tv hatte gleich bei der Premiere Probleme mit der Übertragung, da die Helikopter wegen der tief hängenden Wolken nicht aufsteigen konnten. Dadurch musste viele Bilder von Standkameras mit einer hörfunkartigen Berichterstattung unterlegt werden. Der groß angekündigte Star-Co-Kommentator Till Schweiger durfte daher lange reden, seinen neuen Film promoten und hatte ansonsten nicht viel Inhaltliches zum Thema Marathon zu sagen. Seine Aussage, dass er bei dem Wetter lieber zuhause geblieben wäre, nehme ich im glatt ab. Die Einschaltquoten waren eher dürftig und profitierten nicht vom schlechten Wetter, denn nicht wenige werden sich, statt nass zu werden, den größten deutschen Marathon am Fernseher angeschaut haben. Die abgesprungene ARD zeigte statt des Berlin Marathons als unsportliche Alternative den Tigerenten Club. Am Abend gab es bei rbb Sport nur eine kleine Zusammenfassung.

Das Jahr eins nach Haile

Rekorde kann man auch in Berlin nicht am Fließband erzeugen. Im Jahr eins nach Haile Gebrselassie, der am 7. November erstmals in New York starten wird, bliesen die Kenianer auf der bekannt schnellen Strecke zum Angriff. Renndirektor Mark Milde hatte u.a. die beiden Weltjahresbesten Patrick Makau und Geoffrey Mutai eingeladen, um den 2008 an gleicher Stelle gelaufenen Weltrekord von 2:03:59 Stunden zu unterbieten. Der Dominator der letzten vier Jahre Haile Gebrselassie verbrauchte durch sein hohes Antrittsgeld mit seiner "One Man Weltrekordjagd Show" auch einen Großteil des Elite-Athleten-Etats, so dass in der Vergangenheit kein illustres und großes Starterfeld mehr möglich war. Zwar stach die Trumpfkarte viermal in Folge mit Siegen und 2007 und 2008 sogar mit Weltrekord, aber es war dann doch immer das gleiche Spielchen: rasende Hasen schleppen König Haile zum Sieg. In diesem Jahr war Berlin nicht mehr im Haile Fieber, aber ein anderer in Berlin ebenfalls ungeschlagener Läufer, der Kenianer Patrick Makau war im Vorfeld der große Rennfavorit. Auch er war in der Bundeshauptstadt bereits viermal erfolgreich, allerdings je zweimal beim Halbmarathon und beim 25 Kilometerlauf.

Der Weltrekord gehört nach Kenia

In der Pressekonferenz vor dem Rennen formulierten die Kenianer das große Ziel Haile, den sie zwar sehr schätzen, aber doch den Weltrekord zu entreissen und in das südliche Nachbarland zu entführen. Wer es schafft den Marathonweltrekord wieder nach Kenia zurückzuholen, wird in Kenia ein berühmter Mann werden, so Geoffrey Mutai, der in diesem Jahr auch über 10.000 Meter mit schnellen Zeiten aufhorchen ließ. Der Kenianer Paul Tergat hielt vor Haile den Marathonweltrekord mit 2:04:55 Stunden, den er 2003 ebenfalls hier in Berlin lief. Rund ein Dutzend Kenianer haben das Potential Weltrekord zu laufen, wenn sie nur gut zusammen arbeiten und genau das gelobten die beiden Teamkameraden, denn die Gefahr besteht immer, dass in der Endphase das Tempo taktisch verschleppt wird, nachdem die Tempomacher raus sind. Um kurz nach 9.00 Uhr wurden rund 40.000 Läufer und Walker von Schauspieler Till Schweiger und Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit auf die große Schleife durch Berlin geschickt.

Schneller Beginn - spannendes Finale

Die Tempomacher, darunter auch der Wattenscheider Christian Glatting liefen bei 10 Kilometern mit 29:20 Minuten nur sieben Sekunden langsamer als Haile Gebrselassie bei seinem Rekordlauf 2008. Doch dann wurde die Fahrt langsamer. Auf 62:00 Minuten sollte die erste Gruppe beim Halbmarathon anlaufen, was letztlich bereits um 37 Sekunden verfehlt wurde. Die Weltrekordpläne waren also frühzeitig Makulatur. Kenianer mögen Regen nicht. In der Endphase wurde es aber noch einmal spannend, denn es setzte sich eine Dreiergruppe mit den favorisierten Kenianern Makau und Mutai ab und  überraschend war der junge Äthiopier Bazu Worku dabei, der als der Aktivste dafür sogar sorgte, dass das Tempo nicht zu sehr verschleppt wurde. Der erst 21-Jährige hat eine Marathonbestzeit von 2:06:15 Stunden als Zweiter des Paris Marathons 2009.

Der Premierminister wartet im Ziel

Erst auf den letzten beiden Kilometern schafften es die beiden Kenianer, die in einem Team trainieren, den Begleiter durch einen flotten 1.000 Meter Abschnitt in 2:52 Minuten abzuschütteln. Auf der Zielgeraden hatte dann Makau die größeren Reserven und konnte Mutai wie schon im Frühjahr in Rotterdam in 2:05:08 Stunden die Hacken zeigen. Im Ziel wartete dann der kenianische Premierminister Raila Oddinga auf seinen um 70.000 Euro reicher gewordenen Laufbotschafter. Das wäre ein Traum, eine große Ehre für ihn gewesen dem Politiker zu begegnen, so der Sieger später im Interview. In Nairobi wohne er zwei Kilometer vom Regierungssitz, aber den Premierminister habe er dort noch nie zu Gesicht bekommen. Mutai, der ab 30 Kilometern mit Krämpfen kämpfen musste, überquerte nur zwei Sekunden später den Zielstrich. Der leicht abgeschlagene Äthiopier wurde in 2:05:25 Stunden Dritter und verbesserte seinen Hausrekord um rund eine Minute.

Kein Deutscher unter 2:20 Stunden

Sieben Läufer blieben unter 2:10 Stunden. Als 10. stellte der Mongole Ser-Od Bat-Ochir einen neuen Landesrekord auf. Als Neunter war der Japaner Masakazu Fujiwara in 2:12:00 schnellster Nichtafrikaner. Bei den einheimischen Männern ist im Spitzenbereich bekanntermaßen seit einigen Jahren Ebbe. So musste man dann doch einige Zeit warten bis der erste Deutsche Richard Friedrich von der LG Passau in 2:20:43 Stunden auf dem 21. Platz einlief. Er ist übrigens Vater des Babys der schwangeren Ex-Marathon-Europameisterin Ulrike Maisch, die ihn im Ziel erwartete. Sein Betreuer Günter Zahn, bekannt als Träger des Olympiafeuers 1972  ("Fackelzahn") in München, begleitete ihn auf dem Fahrrad. Denjenigen, die noch antreten, ist natürlich kein Vorwurf zu machen. Aber leider kam wieder kein Deutscher unter die international nur noch drittrangige 2:20 Stunden Schallmauer.


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Mockenhaupt jagt den Familienrekord

Ebenfalls mit Fahrradbegleitung trat die deutsche Hoffnung Sabrina Mockenhaupt an. Ihr Vater und Betreuer Alfred Mockenhaupt informierte und motivierte die Kölnerin bei ihrem Versuch den Hausrekord zu verbessern, denn den hält immer noch nebst der 5.000 Meter Marke der Herr Papa in 2:24:59 Stunden höchstpersönlich. Ihr Mindestziel war zudem ihre eigene Bestmarke von 2:26:22 Stunden zu knacken. Der Sieg oder auch ein Podiumsplatz sollte Mocki aber nicht leicht gemacht werden, denn ihre Konkurrentinnen aus Äthiopien und Japan hatten teilweise deutlich flottere Bestzeiten aufzuweisen. Die Strategie war vorsichtig anzulaufen und zu sehen, was sie selbst und die Konkurrentinnen drauf haben.

Vorsichtiger Beginn bei den Frauen

Schnell setzte sich die Rotterdam Marathon Siegerin 2010 Aberu Kebede (Bestzeit 2:24:26 Stunden, Dubai 2010) an die Spitze der mit Männern gespickten Frauengruppe. Das Tempo war allerdings zu Beginn eher verhalten. Bei sieben Kilometern vor dem Hauptbahnhof hatte sie zusammen mit den Landsfrauen Bezunesh Bekele (Bestzeit 2:23:09, Dubai 2008) und Genet Getaneh (Bestzeit 2:26:37 Stunden)  bereits 40 Meter Vorsprung auf die Gruppe um Sabrina Mockenhaupt und die Japanerin Tomo Morimoto, die beim Wien Marathon 2006 als Erste bereits 2:24:33 Stunden lief. Die für den Kölner Verein für Marathon startende Siegerländerin war nach dem Rennen der Meinung, dass sie hier wohl doch zu langsam angegangen sei.

Rotterdam Siegerin auch in Berlin vorne

Bei Halbmarathon lag die Spitze mit 1:12:20 Stunden bereits eine Minute vor der Gruppe um Mockenhaupt. Nach 25 Kilometern konnte sich dann die erst 20-jährige Kebede von den anderen absetzen und noch einen deutlichen Sieg mit Bestzeit in guten 2:23:58 Stunden und genau einer Minute Vorsprung vor Favoritin Bezunesh Bekele herauslaufen. Das war ein Preisgeld von 47.500 Euro wert. Während Genet Getaneh vollkommen einbrach und durchgereicht wurde, wurde der  Kampf um Platz drei noch spannend. Mocki und Tomo Morimoto liefen lange Seite an Seite. Doch am Potsdamer Platz bei Kilometer 38 konnte die Japanerin sich einige Meter von Mockenhaupt lösen und den Vorsprung bis ins Ziel auf 11 Sekunden ausbauen. Als zweitbeste Deutsche lief die Freiburgerin Anja Schnabel in 2:41:41 Stunden auf den 12. Platz.

Vater zufrieden - Mocki zufrieden

Mocki meinte dazu nach dem Rennen bei der Pressekonferenz: "Man lernt immer noch was dazu. Immerhin habe ich erstmals das Gefühl im Marathon gehabt hintenraus gekämpft zu haben.  Das war für mich wieder ein großer Schritt und ich habe was dazugelernt und bin heute sehr gewachsen. In Berlin fand ja kein Kindergeburtstag statt. Es war ein typisches „Frau gegen Frau Rennen“. Dass ich meine Bestzeit um eine Sekunde verbessert habe, war ein Trostpflaster für den vierten Platz. Bestzeit ist Bestzeit, aber Vaters Rekord steht noch." Der meinte während des Rennes zu ihr: "Super Kind das machste gut! Wenn der zufrieden ist, dann bin ich auch zufrieden." Nun möchte Sabrina Mockenhaupt erst mal in Köln beim Marathon dabei sein. Entweder in der Staffel oder den Halbmarathon laufen und wenn Sie sich gut erholt, dann ist sie vielleicht auch bei der Cross-Europameisterschaft dabei. Im nächsten Jahr kündigte Mockenhaupt an wieder nach Berlin zukommen, um eine schnellere Zeit zu laufen.

Renndirektor Mark Milde gestürzt

Renndirektor Mark Milde, der am Potsdamer Platz mit seinem Fahrrad wegen einer Straßenbahnschiene zu Fall kam, sich aber nicht Schwerwiegendes zuzog, war mit den Ergebnissen zufrieden: "Die Temperaturen von rund 15 Grad waren in Ordnung. Es war eher schwierig für die Zuschauer und die Berichterstatter. Das spannende Rennen im Finale ist glücklicherweise dank Bazu Worku entstanden. Als klar war, dass es keinen Weltrekord mehr geben würde, sorgte v.a. er dafür, dass das Tempo hoch blieb. Dadurch lief die Spitzengruppe nicht nur auf Sieg, sondern es kam auch eine gute Zeit heraus." 34.027 Läufer, 7.430 Frauen und 26.597 Männer (Frauenquote 21,8 Prozent) beendeten das Rennen in etwas über sieben Stunden.

Ergebnisse Männer:
1. Makau, Patrick (KEN) 2:05:08
2. Mutai, Geoffrey (KEN) 2:05:09
3. Worku, Bazu (ETH) 2:05:24
4. Tsegay, Yemane (ETH) 2:07:52
5. Kiptanui, Eliud (KEN) 2:08:05
6. Kipyego, Bernard (KEN) 2:08:50
7. Abraham, Tadese (ERI) 2:09:23
8. Yegon, Gilbert (KEN) 2:10:34
9. Fujiwara, Masakazu (JPN) 2:12:00
10. Bat-Ochir, Ser-Od (MGL) 2:12:42
21. Friedrich, Richard (GER) 2:20:43
Ergebnisse Frauen:
1. Kebede, Aberu (ETH) 2:23:58
2. Bekele, Bezunesh (ETH) 2:24:58
3. Morimoto, Tomo (JPN) 2:26:10
4. Mockenhaupt, Sabrina (GER) 2:26:21
5. Burkovska, Olena (UKR) 2:28:31
6. Pirtea, Adriana (ROM) 2:30:16
7. Da-Silva, Adriana (BRA) 2:32:30
8. Maxwell, Tanith (RSA) 2:32:33
9. Stublic, Lisa (CRO) 2:33:42
10. Gortel, Agnieszka (POL) 2:34:48
12. Schnabel, Anja (GER) 2:41:41

Niedrige Einschaltquoten beim Berlin Marathon

Dass der Berlin Marathon und die ARD 2010 nicht mehr kooperieren, habe ich schon mehrfach ausführlich abgehandelt. Ob sich das neue Engagement des Veranstalters SCC Berlin als Eigenproduzent in Zusammenarbeit mit dem Sender n-tv und Eurosport wirklich gelohnt hat, ist allerdings fraglich. Die bundesweiten Einschaltquoten für den Berlin Marathon am letzten Sonntag waren ziemlich dürftig und zusammen fast dreimal geringer als bisher bei der ARD und dem RBB, und das, obwohl zumindest in Berlin bei dem schlechten Wetter sogar mehr Leute zuhause als sonst auf dem Sofa geguckt haben dürften, statt bei Regen an der Strecke zu stehen. Es kommen bei Eurosport (bundesweit) 1,6 Prozent plus n-tv zwischen 1,4 Prozent zusammen. Das sind zusammen also nur drei Prozent. Beide Sendungen erreichten bundesweit nur 270.000 Zuschauer. Die ARD hatte es angesicht gewisser Vermarktungsdifferenzen und einer zu "niedrigen Einschaltquote" (ARD 2007 bis 2008 bundesweit um 8 Prozent, RBB (2007-2009) ca.14 Prozent) abgesetzt. Ob die Sponsoren über diese Abwärtsentwicklung erfreut sein werden? Vielleicht sollten sich die Verantwortlichen der Öffentlich-Rechlichen und die Veranstalter des Berlin Marathons wieder zusammensetzen, dass der größte deutsche Marathon wieder den medialen Rahmen erhält, der ihm gebührt.

Berlin Marathon 2009

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