Honolulu
Marathon 2008 - Hawaii |
Japanerinnen
brechen russische Dominanz
(von Herbert Steffny vom
Honolulu Marathon in Hawaii)
|
Copyright für Artikel,
Fotos und Grafik: Herbert
Steffny
Bildergalerien, Info zur Laufreise
zum Honolulu Marathon |
Land des Lächelns: Platz 2 Kaori (Foto, Copyright: Herbert Steffny) |
|
Trotz 18 Prozent
höherer Kaufkraft des Yen führten die Wirtschaftskrise
und die Konkurrenz durch andere Marathonreiseziele zu
einem weiteren Rückgang der Teilnehmerzahlen
beim 36. Honolulu Marathon. Rund 60 Prozent der 20.063
Finisher (Vorjahr 23.299 Finisher) kommen traditionell
aus Japan, das nun aber mit dem Tokio Marathon einen
großen Volksmarathon im eigenen Lande hat. Lange Zeit
war der Honolulu Marathon nämlich der größte
japanische Marathon und zeitweilig in den 90er Jahren
sogar weltweit der teilnehmerstärkste Marathon. Die Strecke
führt in einer Schleife zunächst nachts (Start um 5.00
Uhr mit Feuerwerk) durch das weihnachtlich geschmückte
Honolulu, dann durch die Hotel- und
Strandmetropole Waikiki auf einen Wendepunktkurs
nach Hawaii Kai, um von dort nach einer Schleife im
Hellen durch luxuriöse Wohnviertel über eine
autobahnartige Strasse wieder zurück zum Kapiolani Park
dem Ziel nahe Waikiki Beachs zurückzukehren. Zweimal ist
ein Anstieg um den Diamond Head, einem Vulkankrater und
das Wahrzeichen von Waikiki (Höhenprofil). Tropenregen und diesmal aber ohne Chip-Desaster Die
Teilnehmer wurden rechtzeitig zum Start am Ala
Moana Center wie im Vorjahr von einem an Stärke
zunehmenden (warmen) Regen durchnässt. Während des
Marathons nahm der Tropenschauer
zeitweilig zu, so dass nasse Schuhe und Pfützen nicht zu
umgehen waren. Diese Witterung ist eher ungewöhnlich
beim Honolulu Marathon, den ich mit einer Reisegruppe nun schon im 16 Jahr begleitet
habe. Der Regen stoppte aber nach etwa zweieinhalb
Stunden und wie ein Wunder kam die Sonne
noch raus. Viele Läufer nutzen das, um nach dem
Zieleinlauf am nur 100 Meter entfernten Waikiki Beach ein
Wellenbad im Meer zu nehmen. Das Zielgelände,
der Kapiolani-Park in Waikiki verwandelte sich
wie im Vorjahr stellenweise in eine Matschsuhle. 120.000
Dollar soll den Veranstalter die Reparatur des Rasens
2007 gekostet haben. Wenig Wind und eine hohe Luftfeuchte
sorgten bei diesem Tropenrennen wie gewohnt für
erschwerte Bedingungen. Durch die etwas weniger heißen
Temperaturen um 23 bis 27 Grad hatten die medizinischen
Helfer aber viel weniger als sonst zu tun. Nach dem
Regendesaster im Vorjahr mit einem am Schuh lose
befestigten, offenbar unausgereiften
"Flatterchip" hat die Organisation wieder den
bewährten Champion-Chip eingeführt.
Musste man im letzten Jahr per Video noch monatelang
auswerten, so klappte die Zeiterfassung diesmal bei
vergleichbar widrigen Bedingungen wieder reibungslos. Russische Siegesserie erneut durchbrochen Bei den Männern gewinnen seit 1994
in ununterbrochener Reihenfolge nur noch Afrikaner. Bei
den Frauen stellten die Russinnen seit 1996 meistens die
Siegerinnen. Doch in diesem Jahr bekamen sie von den
Japanerinnen eine klare Abfuhr erteilt. Am Start fehlte die wegen
Dopings für zwei Jahre gesperrte russische
Streckenrekordlerin Lyubov Denisova. Sie
hält seit ihrem Sieg vor zwei Jahren mit 2:27:19 Stunden
den mit einem schalen Beigeschmack versehenen
Streckenrekord. Im Frühjahr 2007 wurde sie dann mit zu
hohen Testosteronwerten erwischt. Daraus lernte der
Veranstalter und beschloss 2007 nach 2000 erstmals wieder
Dopingkontrollen für die ersten drei LäuferInnen
einzuführen. Das war allerdings ohnehin längst
überfällig. Gleich wurde bei den Männern Ambesse
Tolosa überführt und sein Sieg später
annulliert. Die russische Siegesserie bei den Frauen, die
seit dem Jahr 2000 bisher nur 2003 von der Japanerin Eri
Hayakawa überraschend unterbrochen wurde,
konnte sich in diesem Jahr nicht fortsetzen und wurde mit
einem zweiten japanischen Sieg gestoppt. Shimaharas und Yoshidas Teamerfolg Kiyoko Shimahara,
deren Bestzeit von 2:26:14 Stunden aus dem Jahre 2005 vom
Sapporo Marathon stammt, setzte sich erst nach einem
längeren Zweikampf mit der bis zum Halbmarathon (1:16:38
Stunden) noch dominierenden Kenianerin Alice
Timbilili durch. Bei 22 Kilometern musste sie
sogar eine 15 Meter Lücke zur Kenianerin dicht machen.
Rund 12 Kilometer vor dem Ziel setzte sich die Japanerin
trotz Magenproblemen dann aber entscheidend ab und lief
in der Morgendämmerung in den Kapiolani Park überlegen
in 2:32:36 Stunden als Erste ein. Die Freude unter den
Kindern Nippons war groß, denn auch Teamgefährtin
Kaori Yoshida, deren Bestzeit bei 2:30:58
Stunden steht (Nagoya Marathon 2008), konnte an der
einbrechenden Kenianerin noch vorbeilaufen und den
zweiten Platz in 2:34:35 Stunden sichern. Sie arbeitete
lange Zeit im Rennen als Wasserträgerin und Tempomacherin für Shimahara. Beide trainierten auf
diesen Marathon nicht in der Höhe, sondern in Tokio.
Timbilili taumelte mit Halsbeschwerden als geschlagene
Dritte über den Zielstrich im Kapiolani Park. Die
Vorjahressiegerin Alevtina Biktimirova
zeigte sich nie an der Spitze und spielte
erstaunlicherweise wie die anderen Russinnen zu keiner
Zeit irgendeine Rolle. Die diesjährige Boston- und
Chicago Zweite konnte sich mit einem fünften Platz in
schwachen 2:45:06 Stunden gerade noch einen Preisgeldrang
(3.000 Dollar) hinter Landsfrau Olesya Nurgalieva
sichern. Beide haben bei uns schon den Frankfurt Marathon
gewonnen. Biktimirova hält mit 2:25:12 Stunden sogar den
Streckenrekord am Main. Die Russinnen Lyubov
Morgunova, eine frühere Siegerin in Hawaii und Olga
Romanova (als Tempomacherin bis 21km) stiegen
aus. Ende der Ära Jimmy Muindi? Bei den Männern konnte der
sechsfache Sieger und Streckenrekordler Jimmy
Muindi (2:11:12 Stunden, 2004) nicht mehr an
seine alten Leistungen anknüpfen. Im Vorjahr kam er
durch die Disqualifikation des Äthiopiers Ambesse
Tolosa nochmals zu Sieges-Lorbeeren, aber der
35-Jährige scheint seine besten Tage hinter sich zu
haben. Statt dessen gewann in überlegener Manier sein
fünf Jahre jüngerer Schwager Patrick Ivuti vom
Stamm der Kamba in 2:14:35 Stunden. Bei seinem ersten
Auftritt in Hawaii stürmte der Chicago Marathon Sieger
von 2006 (Bestzeit 2:07:46, Chicago 2005) der Konkurrenz
bei Halbmarathon, auf und davon. Die Hälfte hatte er mit
seinem Tempomacher
Samuel Mwangi Gichohi und Jimmy Muindi in 66:06
Minuten passiert. Er siegte mit gut drei Minuten
Vorsprung, war aber im Ziel sichtlich erschöpft. Danach
gab er im Pressegespräch zu verstehen, "dass er
alles gegeben habe, die Bedingungen seien aber sehr hart
gewesen. Bei Regen und hoher Luftfeuchte sei er noch nie
gelaufen. Bei 40 Kilometern habe er sich umgedreht und
niemand mehr gesehen." 42.000 Dollar Siegprämie für Ivuti Das Trostpflaster für die Mühen
war für Partrick Ivuti wie bei den Frauen immerhin
40.000 Dollar für den Sieg plus 2.000 Dollar Zeitprämie
für unter 2:15 Stunden. Zweiter und um 16.000 Dollar
reicher wurde der Kenianer Stephen Njoroge
Kinyanjui bei seinem Marathondebüt. Auch er
ging erschöpft hinter dem Zielstrich erst mal in die
Knie. Auch der Dritte Pius Muasa Mutuku,
wie Kinyanjui ein Trainingspartner von Muindi, war
sichtlich gezeichnet. Fünf Kenianer belegten die
Vorderplätze, darunter Jimmy Muinidi wie Biktimirova als
Fünfter gerade noch im Preisgeld (3.000 Dollar). Es war
seine bisher schlechteste Platzierung in Honolulu. Bester
Weißer wurde dahinter als Sechster der Australier Andrew
Letherby in 2:25:32 Stunden. Der 35-Jährige
erzielte übrigens seine Bestzeit von 2:11:42 Stunden als
Achter 2005 in Berlin. Der äthiopische 2:08:16 Läufer Hailu
Negussie spielte im Rennen keine Rolle. Der
Boston Sieger von 2005 lief als Zehnter in 2:30:32
Stunden weit hinter der kenianischen Konkurrenz.
Topleistung: 81-Jährige streift Weltrekord! Die aber
vielleicht beste Leistung des Tages gelang alterklassenbereinigt wohl der 81-jährigen
Kanadierin Betty-Jean
McHugh. Sie lief 4:49:45 Stunden (brutto, nur
diese Zeit zählt für Weltrekorde!), was vor kurzem noch
ein Altersklassenweltrekord gewesen wäre, wenn die
Spätberufene aus Vancouver, die mit 50 Jahren erst mit
dem Laufen begann, nicht beim Victoria Marathon in
4:36:38 Stunden die Marke bereits selbst verbessert
hätte. Beim Halbmarathon lag die fitte Seniorin aus
Vancouver noch auf dem Weltrekordkurs von 4:35 Stunden!
Im Vorjahr lief sie mit 5:06:35 Stunden in Honolulu
bereits eine gute Zeit für die Altersklasse W80. Sie
hält auch den Rekord für die W75 in starken 4:10:07
Stunden, den sie ebenfalls in Victoria aufstellte. Ein
weiterer Weltrekordversuch durch die gar 90-jährige Gladys
Burrill scheiterte dagegen bei Kilometer 35, als
die betagte Dame mit Magenproblemen aufgeben musste. 167 Deutsche und 42 Prozent Debütanten 167 Deutsche beendeten das
Rennen, bezeichnenderweise für das durchschnittlich
höhere Trainingsniveau brauchten davon nur 27 über 6:00
Stunden. 136 waren unter den ersten 10.000 Läufern also
unter der ersten Hälfte der Finisher im Ziel.
Schnellster für Deutschland gemeldeter Starter war auf
Männerrang 73 der im schweizerischen Allschwil lebende Heiko
Busies in 3:02:06 Stunden knapp vor Benito
Tompot (M40) aus Pfronten. Noch schneller war
als 25. Plazierter in guten 2:45:31 Stunden der
23-jährige Andreas Schwab aus
Sindelfingen, der sich allerdings unter seiner
Gastuniversität Honolulu anmeldete. Die Bestzeit des M30
Starters Busies stammt mit 2:57 aus Frankfurt, danach
hatte er monatelang mit Achillessehnen zu kämpfen.
Schnellste Deutsche war auf Platz 147 Rosalie
Hausner aus Staufenberg, die zudem in 3:46:27
Stunden Vierte in ihrer Altersklasse W50 unter 700
Läuferinnen wurde. Nur 74 Läufer und Läuferinnen
blieben unter 3:00 Stunden. Was läuft in 16 Stunden? Die Letzte
unter den 20.063 Finishern war Rulko Watanabe aus Japan,
die nach 16:05 Stunden(!) ins Ziel kam. Unter 4:00
Stunden kamen nur 1.525 Läufer und Läuferinnen. Um in
der ersten Hälfte des Läuferfeldes zu finishen
benötigt man eine Zeit von 5:46:44 Stunden. Der Frauenanteil
liegt beim Honolulu Marathon bei sehr hohen 47 Prozent,
rund 42 Prozent sind Debütanten, laufen
also ihren ersten Marathon ausgerechnet unter diesen
nicht ganz leichten tropischen Bedingungen. Entsprechend
sieht man viele (Japaner) am nächsten Tag zwar stolz das
Finisher T-Shirt tragend, aber gleichzeitig zum Waikiki
Strand humpelnd oder sich die Bordsteinkanten hoch
quälend. Wer diesen Marathon mitläuft und gut
wegstecken will sollte seine Zeiterwartung etwas
runterschrauben, aber die Grundlagenausdauer, also
ausreichend Kilometer und lange Läufe, dagegen erhöhen. Marathon bringt Hawaii über 100 Millionen Dollar Aktuell gingen die Hotelbelegungen in Hawaii im Vergleich zum Vorjahr von rund 73 auf 67 Prozent zurück. Da kommt eine Studie zum Marathon 2007 der Universität Hawaii dem Organisationsteam entgegen. Nach der unter Leitung von Professor Jerry Agrusa durchgeführte Untersuchung ist der Honolulu Marathon erwartungsgemäß ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der vorweihnachtlich-touristisch schwächeren Phase. Die besonders umgarnten japanischen Touristen verweilen durchschnittlich fünf bis sechs Tage und geben täglich pro Kopf 258 Dollar aus. Andere Ausländer wie Europäer geben dagegen nur 181 Dollar täglich aus, verweilen dafür aber über 10 Tage und bringen durchschnittlich mehr Begleitpersonen mit. Walker geben pro Kopf noch etwas mehr als Läufer aus. Rechnet man alles zusammen, so brachte laut der Studie der Honolulu Marathon 2007 Hawaii eine Geldspritze in Höhe von fast 109 Millionen Dollar. Dabei trägt sich die Veranstaltung selbst und wird nicht wie Hochseefischerei-Tournamente, Pro Bowl Football oder sogar der Ironman in Kona vom Staat Hawaii unterstützt. Die Hotels in Honolulu sind während des Marathons ausgebucht.
Bildergalerie unserer Laufreise 2008 Bildergalerie unserer Laufreise 2007 |