London Marathon 2010
Berichte, Resultate, FotosAutor und Copyright: Herbert Steffny
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Kebede verpasst Streckenrekord - Mikitenko enttäuscht
(25.4.2010)
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Bei
bedecktem Himmel und leichtem Regen startete der 30.
London Marathon mit rund 37.000 Startern bei etwa 12
Grad. Das sind keine schlechten Bedingungen, wenn man
sich keine rutschigen Schuhe angezogen hat. Die Afrikaner
mögen Regen nicht so sehr, aber glücklicherweise war es
nicht kalt und es wehte auch kein starker Wind. Das
Elitefeld bot alles was das Herz begehrt, die
Olympiasieger, die Weltmeister, Kenia gegen Äthiopien
und soweiter... vielleicht waren es wie meist in London
zuviele Häuptlinge. Bei den Männern durfte man
angesichts der illustren Namen sogar mit einem Weltrekord
rechnen. Die Kenianer, allen voran Olympiasieger Samuel
Wanjiru hätten doch gerne den an Äthiopien
verlorenen Marathonweltrekord wieder zurück. Haile
Gebrselassie hatte ihn 2007 Paul Tergat
abgejagt und 2008 nochmals auf 2:03:59 Stunden
verbessert. Doch zunächst zu den Damen, denn
traditionell starten in London die Frauen 45 Minuten vor
den vor den Männern, so dass es zu zwei offenen Rennen
kommt. Das Feld der Eliteläuferinnen war gespickt mit
Namen. Die deutsche Favoritin und Titelverteidigerin Irina
Mikitenko konnte den Hattrick schaffen und
würde damit zu Katrin Dörre-Heinig
aufschließen, die das Kunststück schon mal vollbracht
hatte. Die einzige deutsche Olympia Medaillen Gewinnerin
(Bronze Seoul 1988) gewann in London von 1992 bis 1994.
Bei den Männern gelang das dem Mexikaner Dionicio
Ceron von 1994 bis 19996. Die in Kasachstan
geborene Wattenscheiderin Mikitenko musste sich unter
anderem mit der Weltmeisterin Xue Bai
aus China, der Vizeweltmeisterin Mari Ozaki
aus Japan und der Chicago Siegerin Liliya Shobukhova
auseinander setzen. Die schnelle Russin verpasste
Mikitenko in einem langsameren Rennen in Chicago im
Finale eine Niederlage. Man konnte auch gespannt sein wie
die russische 10.000 Meter Europameisterin Inga
Abitova abschneiden würde. Die ungarische Tempomacherin Aniko Kalovics zog wie im
letzten Jahr auf den ersten Kilometern ein Tempo auf
unter 2:20 Stunden an. Allerdings führt die Strecke auf
den ersten fünf Kilometern leicht bergab. Irina
Mikitenko lief in der 12-köpfigen Spitzengruppe nur
passiv mit, während sich in der
schwangerschaftsbedingten Abwesenheit von Paula
Radcliffe die Lokalmatadorin Mara
Yamauchi eher vorne zeigte. 33:17 Minuten bei 10
Kilometern deutete immer noch auf eine Zeit von 2:20
Stunden hin, als die Spitze an dem historischen
Baumwollschoner Cutty Sark vorbei lief. Die 2:19 Stunden
Läuferin Deena Kastor aus den USA war
zu diesem Zeitpunkt bereits weit zurückgefallen. Es
sollte aber noch weitere prominente Opfer geben. Mikitenko enttäuschte und steigt aus 15 Kilometer passierte die Häsin Kalovics in 50:11 Minuten. An einer
folgenden Verpflegungsstation wurde Mikitenko bei der
Wasseraufnahme leicht behindert, so dass sie etwas
zurückfiel und den Anschluss nicht mehr fand. Sie gab an
Fußprobleme gehabt zu haben. Aus war es mit dem
angepeilten Hattrick in London. Bei Halbmarathon stieg
sie aus. Schon im Vorfeld zeigte sich Mikitenko kaum,
startete nicht wie angekündigt in Paderborn und auch
nicht bei den deutschen Halbmarathon Meisterschaften. Die
Form der 37-Jährigen blieb ein Geheimnis. Die noch
achtköpfige Spitzengruppe bildete nun die Japanerinnen Mari
Ozaki und Yukiko Akaba, die
Russinnen Shobukhova und Abitova
und die Äthiopierinnen Askale Tafa, Bezunesh
Bekele mit der früheren 10.000 Meter
Weltmeisterin Berhane Adere und Aselfech
Mergia, wobei meist Shobukhova offensiv an der
Spitze lief. Die schwer einzuschätzende Weltmeisterin Xue
Bai lief immer defensiv hinten in der Gruppe.
Mara Yamauchi war bald wie Berhane Adere zurückgefallen. Spannendes Finale: Äthiopierinnen gegen Russinnen Bei 30 Kilometern deutete die Zeit
von 1:41:08 Stunden auf 2:22 Stunden hin. Die 5.000 Meter
Europarekordlerin Shobukhova diktierte weiter das Tempo
in Richtung persönlicher Bestzeit. Die WM Dritte von
Berlin 2009 Aselefech Mergia aus Äthiopien folgte ihr
immer dicht auf den Fersen, während eine Läuferin nach
der anderen dem Tempo Tribut zollen musste. Doch nach
zwei Stunden zeigte sich plötzlich die bisher eher
unauffällig laufende Inga Abitova offensiv an der
Spitze. Mergia, Abitova, Shobukhova und Bekele setzten
sich ab und sollten das Rennen unter sich ausmachen.
Bezunesh Bekele fiel als Erste zurück als Landsfrau
Mergia bei 37 Kilometern forcierte, dahinter die beiden
Russinnen, von denen Abitova bei einem Tempo von 3:18 pro
Kilometer abreissen lassen musste. Nur die kontrolliert
laufende Shobukhova konnte mit der mit den Armen breit
schlenkernd und mit (zu) großen Schritten laufenden
Äthiopierin noch mithalten. Shobukhova siegt in Weltjahresbestzeit Überraschung bei 40 Kilometern,
das Blatt wendet sich. Mit 2:15:08 Stunden führt
Shobukhova, aber Abitova pirschte sich wieder ran und
schob sich noch vor die Äthiopierin Mergia. Bei 41
Kilometern war Shobukhova bereits alleine auf weiter
Flur, ebenso sicher erlief sich Abitova eine klare zweite
Position. Ein russischer Doppelsieg bahnte sich an und
die Jahresweltbestzeit lag in der Luft. Letztlich siegte
Liliya Shobukhova in ihrem dritten Marathon in neuer
persönlicher Bestzeit von 2:22:00 Stunden. Sie lief
dabei mit
6:53 Minuten den schnellsten 2,195 Kilometer Abschnitt aller Zeiten, noch schneller als Paula
Radcliffe bei ihrem Weltrekordlauf von 2003. Beide
Hälften waren nahezu gleich schnell. Mit diesem Sieg
geht die Russin mit 60 Punkten auch in Führung in der
mit 500.000 Dollar dotierten World Marathon Major
Serie 2009/10 und überholt Irina Mikitenko
klar. (Seit April 2014 wissen wir warum Shobukhova so schnell war: Doping! Ihr Ergebnis wurde rückwirkend annuliert) Landsfrau Abitova wurde Zweite in 2:22:19 Stunden
(bisher 2:25:55 Stunden, London 2009), Mergia wurde
Dritte in ebenfalls schnellen 2:22:38 Stunden. Alle drei
konnten sich in in der Ewigen Marathon Bestenliste weiter nach oben schieben. Askale Tafa die
stilistisch noch extremer mit den Armen schlenkerte als
Mergia wurde hinter Bekele (2:23:17 Stunden) Fünfte in
2:24:39 Stunden und vor der Japanerin Akaba, die mit
2:24:55 Stunden neue persönliche Bestzeit aufstellte.
Die Weltmeisterin Xue Bai wurde nur Siebte in 2:25:18
Stunden. Die Olympiasiegerin Constantina Dita
beendete das Rennen auf Rang 25 in 2:41:12 Stunden. Die Zwischenzeiten der Sieger:
Männerrennen gespickt mit Stars Das Männer Rennen war noch
stärker besetzt. Ein Weltrekord von unter 2:03:59
Stunden (Gebrselassie 2008, Berlin) lag in der Luft, wenn
sich die vielen Stars nicht wie in der Vergangenheit
gegenseitig taktisch belauern und ausbremsen würden.
Eine breite fünfbrüstige Hasenfront machte zunächst
das Tempo für den Titelverteidiger und Streckenrekordler
Samuel Wanjiru aus Kenia und seine
Mitstreiter. Der Olympiasieger hatte mit dem Weltmeister
2007 Abel Kirui und dem Weltmeister 2003
und 2005 Jaouad Gharib aus Marokko
illustre Konkurrenz. Zersenay Tadese,
der Wanjiru gerade in Lissabon den Halbmarathon Weltrekord mit 58:23 Minuten abjagte, stieg im letzten
Jahr zwar aus, aber erfahrener musste man ihn in diesem
Jahr klar auf der Rechnung haben. Der zweitschnellste
aller Zeiten Duncan Kibet aus Kenia
(Rotterdam 2009, 2:04:27 Stunden), der Äthiopier Tsegaye
Kebede (Olympia Dritter 2008, WM Dritter 2009
und in London 2009 Zweiter, zweifacher Fukuoka Marathon
Sieger) und Vizeweltmeister Emmanuel Mutai
aus Kenia rundeten das Elitefeld ab. Kontrollierter Beginn auf Weltrekordkurs Die ersten leicht bergab führenden
5 Kilometer wurden in 14:39 Minuten durchlaufen, ein
Tempo, das auf 2:03:40 Stunden führen würde. Immerhin
war das langsamer als 2009, als Wanjiru selbstmörderisch
auf 1:59 Stunden unterwegs war und dennoch in Bestzeit
und Streckenrekord 2:05:10 Stunden gewann. Bei 10
Kilometern ebbte das Tempo auf ein 2:05er Tempo ab. Bei
15 Kilometern waren immer noch alle Favoriten
beieinander. Der mit Vorschusslorbeeren überhäufte
Zersenay Tadese lief eher versteckt hinten in der Gruppe
mit. Bei 20 Kilometer in 59:53 Minuten und Halbmarathon
in 1:03:10 Stunden durchliefen die restlichen 11
Favoriten und fünf Hasen nur noch in Richtung 2:06
Stunden. Die Phalanx der Tempomacher lichtete sich und
die offene Feldschlacht der verbliebenen Stars konnte
beginnen. Eine schnellere zweite Hälfte war absehbar.
Der letzte verbliebene Hase verschärfte das Tempo bei 24
Kilometern deutlich auf superschnelle 2:49 Minuten pro
Kilometer. Superschnelle zweite Hälfte Die Spitze bröselte folgerichtig
auseinander. Die vorher meistgehandelten Favoriten
Wanjiru und Tadese konnten das Tempo erstaunlicherweise
nicht mehr halten. Wanjiru soll Knieprobleme gehabt haben
und Tadeses Schicksal beweist einmal mehr, dass einen
Halbmarathon gut laufen zu können, noch lange nicht
bedeutet, den Marathon zu beherrschen. Als der letzte
Hase raus war, bestimmten Kirui und Kebede die rasante
Fahrt des insgesamt unregelmäßig gelaufenen Rennens.
Das Finale war eröffnet. Kebede und Kirui, ein paar
Meter dahinter Mutai, so sah die geschrumpfte Spitze bei
28 Kilometern aus. 1:28:46 war die Zwischenzeit bei 30
Kilometern. Ein Zweikampf Kenia gegen Äthiopien
entbrannte. Kenia stellte mittlerweile Olympiasieger und
Weltmeister, deklassierte Äthiopien bei der Cross-WM,
aber der Marathonweltrekord fehlte noch. Wieviel
schneller sollte das Tempo noch werden? Die beiden
stürmten mittlerweile Brust an Brust wieder sensationell
auf eine Zeit von unter 2:05 Stunden. Der Weltmeister
Kirui wirkte überlegen, den Olympiadritten aus
Äthiopien einen Kopf überthronend, aber der Kleine war
der Schnellere und zog davon. Den Abschnitt von 25
auf 35 Kilometer legte Kebede in sensationellen 28:52
Minuten zurück! Bei
37 Kilometern hatte der Äthiopier bereits rund 100 Meter
Vorsprung. Der Mann der von Getenah Tessema (Gete
Wamis Ehemann) trainiert wird, hatte auch schon zweimal
Fukuoka gewonnen. Sein Tempo verflachte bei sicherem
Vorsprung auf den letzten Kilometern in den Tunnels
entlang der Themse wieder, eine Zeit von unter 2:05
Stunden war für Tsegaye Kebede offenbar wieder außer
Reichweite. Kebede verpasst den Streckenrekord Die 40 Kilometer Marke durchlief
der kleine Äthiopier in 1:58:41 Stunden, der erlahmende
Kirui wurde von Landsmann Emmanuel Mutai (1:59:40) hier
noch überholt. Der Altweltmeister Jaouad Gharib lag an
vierter Position in Lauerstellung. Doch der 23-jährige
Kebede erkannte noch einmal die Chance zumindest seine
persönliche Bestzeit von 2:05:18 Stunden (Fukuoka 2009)
unterbieten zu können. Den Streckenrekord von Wanjiru
(2:05:10 Stunden) und vor allem seine Bestzeit verpasste
er mit 2:05:19 Stunden aber dann doch denkbar knapp. In
einem (Nicht-London-) Rennen ohne taktisches Geplänkel
würde er nach meiner Meinung gleichmäßiger laufend
etwa 2:04:30 Stunden erreichen können. Immerhin beendete
der kleine Äthiopier damit die seit 2004 anhaltende
kenianische Siegesserie in London. 2003 hatte sein
Landsmann, der Olympiasieger Gezahegne Abera
an der Themse gewonnen. Mutai wurde Zweiter in 2:06:23
Stunden und verpasste wie Kebede seine Bestzeit (2:06:15
Stunden) nur knapp. Gharib arbeitete sich noch auf Platz
drei in 2:06:55 Stunden vor. Der Marokkaner Abderrahime
Bouramdane lief mit 2:07:33 Stunden neue
persönliche Bestzeit und Kirui rettete sich erschöpft
in 2:08:04 Stunden noch auf Platz fünf. In 2:08:46
Stunden belegte der zweifache New York Sieger Marilson
Gomez dos Santos den sechsten Platz. Zersenay
Tadese zahlte Marathonlehrgeld und brauchte als
abgeschlagener Siebter bei seinem ersten durchgelaufenen
Marathon 2:12:02 Stunden. Der beste Weiße, der Brite Andrew
Lemoncello, ein Hindernisspezialist kam in
2:13:40 Stunden auf dem 8. Platz ein. Der zweitschnellste
Läufer aller Zeiten Duncan Kibet aus
Kenia scheint nach seinem Sensationslauf von Rotterdam
2009 (2:04:27 Stunden) voll von der Rolle. Als Mitfavorit
gehandelt stieg er erneut wie in Berlin
2009 aus. 36.552 Finisher und 406 Deutsche 36.552 LäuferInnen beendeten das
Rennen. Damit ist London nach New York der zweitgrößte
Marathon und mit rund 1.000 Finishern mehr noch vor
Berlin. Der Frauenanteil (12.129 Finisherinnen) beträgt
33,2 Prozent. Die Letzten kamen in 8:20 Stunden ins Ziel.
406 Deutsche finshten den London Marathon in diesem Jahr.
Der Schnellste war Sven Nitschmann in 2:43:12 Stunden.
Bei den Frauen war Karen Hathaway in 2:57:06 Stunden die
schnellste unter 114 deutschen Damen. Der nationale
Frauenanteil ist somit 28,1 Prozent und damit höher als
in Berlin oder Hamburg, wo nur 20-21 Prozent Damen
teilnehmen. Beim Laufreisetourismus reist "mann" vielleicht doch eher
in Begleitung... ;-)) (Seit April 2014 wissen wir warum Shobukhova so schnell war: Doping! Ihr Ergebnis wurde rückwirkend annuliert)
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