Ratgeber: Zu ungeduldig beim Marathontraining?

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Copyright: Herbert Steffny

Marathon- und Halbmarathontraining - zu ungeduldig ?

Frage von Herrn Dr. L.D.:

Hallo Herr Steffny,
ich laufe seit ein paar Monaten ernsthaft etwa 3 x die Woche. Angefangen habe ich,  weil ich ursprünglich am Köln Marathon im Herbst 2007 teilnehmen wollte. Ich bin 43 Jahre alt und wiege bei einer Größe von 182 cm/80 kg. Puls max. 185 min. Ich habe immer Sport gemacht, allerdings weniger Ausdauersportarten (Volleyball). Als Standortbestimmung hat mich ein lauferfahrener Freund zu der Teilnahme an einem 10.000 Meter (Silvester)Lauf motiviert, quasi als Einstieg.

Kurz nach Weihnachten lief ich mit Hängen und Würgen diese Strecke in 1 Stunde 6 min. Herzfrequenz ständig um 165 min.  Ziemlich enttäuscht und außer Puste beschloss ich das Training zu intensivieren. Beim Stöbern im Netz bin ich auf Ihr Laufbuch gestoßen und habe es gekauft und gelesen. Und danach trainiert. Beim nächsten 10.000 Meter Lauf 3 Wochen später schon 1 Stunde 1 min. (Puls um 162min, letzter KM 175/min. Zwei Wochen später (ich hatte mit meinem Freund, der allerdings ein sehr erfahrener Läufer ist für eine Serie gemeldet, 10 km, 15 km, Halbmarathon), das war wahrscheinlich nicht so klug.

Also die 15 km in 1 Stunde 35 min, ich weiß ist langsam, aber ich bin gut durchgelaufen Puls nur bei den letzten Kilometern ca. 170 min und darüber. Oh je, der Halbmarathon stand drei Wochen später an und ich vermutete schon das das zu früh war. Aber gemeldet war ich ja und ich wollte nicht kneifen, hatte allerdings in der Woche davor wenig trainiert (Karneval in Köln). Dann der Halbmarathon, wie sie in Ihrem Buch sehr richtig schreiben psychisch und physisch eine Herausforderung. Gut losgelaufen, langsam angegangen (wie sie empfehlen) Puls um 155 min, 10000 Meter Zwischenzeit 1 Std. 30 sec, da hatte ich noch auf eine Zielzeit um 2 Std. 10 gehofft, 15 km Zwischenzeit 1 Std. 32 min. Aber dann, nach dem Getränkestand bei km 16, irgendwie langsamer geworden, musste ein paar mal stehen bleiben, bei KM 18 hatte ich nur noch Durst und Hunger (nix mitgehabt) und es fing in Strömen an zu regnen. Bei Km 20 bereits 2 Std. 7 min, und ehrlich gesagt wenn mich jemand in der Schubkarre in Ziel gefahren hätte, hätte ich nix dagegen gehabt. Bei Matsch und letztlich klitschnass dann doch ins Ziel gefunden in 2 Std. 15 min. Ich war an diesem Tage ziemlich im Eimer und habe auch meine Muskeln, Sehne und Bänder gemerkt. Drei Tage später geht es wieder und ich habe schon einen Regenerationslauf hinter mir. Dass der Halbmarathon zu früh war für meine Trainingsverfassung habe ich gemerkt. Aber das 6 km mehr so viel ausmachen hätte ich dann doch nicht gedacht. 15 km hatten mir nix ausgemacht, die bin ich locker gelaufen.

Konkret habe ich zwei Fragen:

  • Mein Lauffreund findet ich sollte erst einmal meine 10 km und Hama-zeit verbessern bevor ich an das Großprojekt Marathon gehe, sein Argument ist, das ich sonst einfach zu lange auf der Strecke bin und den Marathon erst nächstes Jahr laufen sollte. Hat er Recht?
  • Die zweite Frage: Erst mit Ihren Plänen auf 10.000 Meter schneller werden, dann Halbmarathon? Oder gleich für den Halbmarathon trainieren? Aktuell bin ich etwas verunsichert, daher werde ich jetzt einen Laktattest machen, um mir über meinen Trainingsbereich klar zu werden. Ende April könnte ich sowohl an einem 10 Km Rennen wie Hama teilnehmen. Was wäre im Hinblick auf einen Marathon langfristig sinnvoll?

Für eine Antwort wäre ich Ihnen sehr dankbar
Ihr L.D.

Antwort von Herbert Steffny:

In Kürze - aber einen "Rüffel" muss ich Ihnen leider erteilen:
Wenn Sie mein
Großes Laufbuch wirklich lesen bzw. gelesen haben, dann sollten Sie doch auch Empfehlungen finden wie: Marathon erst nach wenigstens 1,5 Jahren kontinuierlichem Laufens anzugehen, dass man für eine gute Ausdauerleistung erst mal einen monatelangen Aufbau im Grundlagentrainingsbereich betreiben sollte usw. Statt dessen springen sie gleich in Wettkämpfe und überfordern sich. Es geht nicht darum so schnell wie möglich Wettkämpfe oder gar Marathons zu laufen. Es ist besser das Thema Laufen sinnvoll mit Vergnügen, gesundheitlichen Vorteilen, Entspannung, natürlich auch einer ordentlichen Leistungsteigerung, aber mit heilen Knochen zu betreiben. Wettkämpfe sind bei einer guten Ausdauergrundlage also erst der zweite Schritt! Sie wollen einfach viel zu viel und zu schnell erreichen.

Sie sind scheinbar extrem (stress-? und) leistungsorientiert. Wieso ist denn ein 6er Schnitt bei den ersten 10km Läufen langsam? Zu Beginn ist das doch erst mal ok? Die Rennen laufen Sie (entgegen meinen Empfehlungen im Buch) etwas zu schnell an. (60:30 bei 10km mit Zielzeit 2:10. Da wäre 62 min schon besser gewesen. Abgesehen davon, dass ich im Großen Laufbuch (Tabelle S.148) , beim Halbmarathondebüt und einer (Ihrer) Ausgangsleistung von um 60 Minuten über 10km eher empfehle 2:20 Stunden anzustreben. Daran haben Sie sich auch nicht gehalten und zu hoch gegriffen, daher natürlich der Einbruch...

Was wollen Sie sich den beweisen? Lassen Sie sich doch mal Zeit, sonst besteht die Gefahr, dass Sie mit dem Laufen mehr kaputt machen und sich nur wegen überzogener Erwartungshaltung, "misslungenen Wettkämpfen", schmerzenden Muskeln und Gelenken oder gar Verletzungen "laufend" weiter frustrieren. Auf jeden Fall sollten Sie, wie ihr erfahrener Freund rät, den Marathon erst nächstes Jahr anstreben und sich für den Herbst zunächst eine Verbesserung der Halbmarathonzeit beim Kölner (Halb-) Marathon vornehmen. Vorher sollten Sie erst mal geduldig Grundlagenausdauertraining betreiben und gelegentlich an 10km Wettkämpfen starten. Dabei werden im Laufe der Zeit sowieso leistungsfähiger und orthopädisch stabiler werden. Aber das mit der Geduld ist wohl Ihr Problem? Meine Empfehlung für Ausdauersport: Steter Tropfen höhlt den Stein und gut Ding braucht Weile! Alternativ können Sie sich im Herbst beim Marathon "durchquälen". Irgendwie kann man den schon schaffen und sich durchwürgen. Ich möchte aber, dass Sie ihn gut schaffen, in einer schnelleren Zeit und mit einem Lächeln im Gesicht. Und das ist nächstes Jahr sehr viel wahrscheinlicher!

Viel Erfolg bei einem sanfteren Trainingsaufbau

Herbert Steffny

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Ich erhielt darauf folgende Antwort:

Hallo Herr Steffny,

Danke für Ihre Antwort und Ratschlag. Sie haben völlig recht, das Marathon Projekt habe ich jetzt auf nächstes Jahr verschoben und ich lasse es nun etwas langsamer angehen. Einen Marathon hinzuwürgen würde mir tatsächlich keinen Spaß machen. Viele Grüße

Ihr L.D.

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