London Marathon 2013
Berichte, Resultate, FotosAutor und Copyright: Herbert Steffny
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Frauenrennen - Priscah Jeptoo mit Steigerungslauf zur Weltjahresbestzeit
(21.4.2013)
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Die 33. Auflage des London Marathon hinterließ einige Fragezeichen.
Schon bei meinem Vorbericht wies ich auf die Gefahr hin, dass zu viele
Köche bekanntlich den Brei verderben. Das illustre Feld, das bei
leistungsfördernden Temperaturen um 9-12 Grad Celsius bei Sonnenschein
und schwachem Wind antrat, hatte v.a. im Männerfeld einfach zu viele
Helden. Für viel Antrittsgeld werden die Stars der Szene eingekauft und
daraus resultiert noch lange kein Weltrekord. Diesmal gab es bei den
Männern angesichts des Feldes sogar nur ein recht maues Ergebnis. In
Hamburg lief am selben Vormittag mit viel weniger Etat der Marathon Newcomer Eliud Kipchoge beim
Debüt schneller als die Helden in London. Nur 17 (!) Läufer kamen hier
bei idealen Bedingungen unter 2:20 Stunden ein. Starkes Frauenfeld beginnt vorsichtig Doch zunächst startete um 9.00 Uhr Ortszeit separat das Frauen Elitefeld, rund 25 Läuferinnen mit zwei Tempomacherinnen, darunter Olympiasiegerin Tiki Gelana (ETH), Weltmeisterin Edna Kiplagat und die nicht verwandte Berlin Siegerin 2011 Florence Kiplagat (beide Kenia), die Frankfurt Siegerin Meselech Melkamu (ETH) und die Paris Marathon Siegerin und Olympiazweite Priscah Jeptoo aus Kenia. Auf den ersten Kilometern liefen die Häsinnen stur vor der 40 Meter dahinter liegenden Spitzengruppe, was vielleicht der Zeitvorgabe entsprach (Halbmarathon geplant in 69:15 Minuten, Zielzeit unter 2:20 Stunden), aber sicher wenig Sinn machte, wenn die Stars nicht folgen. Die beiden Kiplagats machten Führungsarbeit vor den Äthiopierinnen. Bei fünf Kilometern waren keine Nichtafrikanerinnen mehr in einer siebenköpfigen Gruppe um Priscah Jeptoo, die Kiplagats und Tiki Gelana. 16:36 Minuten deutete auf flotte 2:20 Stunden. 20 Meter dahinter folgten die Japanerinnen Mai Ito und Yukiko Akaba. Gelana schien eher mitzulaufen und zeigte sich nie an der Spitze. Bei 10 Kilometern in 34:11 war das Rennen deutlich langsamer geworden und nur noch auf Kurs 2:24:14 Stunden.
Schrecksekunde bei Kilometer 15, als die
Frauenspitzengruppe versuchte an einer Verpflegungsstation an ihre
Flaschen zu kommen, aber Rollstuhlfahrer dabei in die Quere kamen. Edna
Kiplagat blieb im Gewühle stehen, Tiki Gelana und ein Rollstuhlfahrer
stürzten sogar. Anschließend spurtete die Äthiopierin fast panisch und
viel zu schnell in die auseinander gefallene Spitzengruppe zurück.
Priscah Jeptoo macht dort Führungsarbeit und die Japanerin Akaba und Ito
konnten wieder aufschließen. Halbmarathon wurde langsamer als geplant
in 1:11:49 Stunden durchlaufen. Die Kenianerinnen machen weiter Tempo.
Nach 28 Kilometern eine Vorentscheidung: Priscah Jeptoo und Edna
Kiplagat lagen alleine in Front, Tiki Gelana war zurückgefallen. Nun
wurde das Rennen schneller. Bei 25 Kilometern in 1:24:16 waren die
beiden auf 2:22 Stunden Kurs. Dann beschleunigte Edna Kiplagat durchlief
30 Kilometer in 1:40:18 Stunden, nun war sogar eine 2:21 Stunden Zeit
drin. Jeptoo schien bereits abgehängt, schloss aber wieder auf. Florence
Kiplagat war weitere 10 Sekunden zurück und Meselech Melkamu folgte
weitere 21 Sekunden dahinter. Mit
Steigerungslauf zur Weltjahresbestzeit Bei 33 Kilometern setzte sich dann aber die 28-jährige Priscah Jeptoo von Edna Kiplagat ab. Die WM- und Olympiazweite beschleunigte das Tempo weiter und war nun auf einem Kurs von 2:20 Stunden. Bei 35 Kilometer hatte sie mit 1:56:29 Stunden schon 17 Sekunden Vorsprung. Die aus Kapsabet stammende Kenianerin, die starke stilistische Mängel aufweist, wie rechtes Bein x-beinig einknickend und mit den Armen breit schlenkernd laufend, gewann bereits den Paris Marathon Siegerin 2011. Nun schien sie nur noch Jagd auf die Zeitboni zu machen. 55.000 Dollar für Sieg schien sicher, aber selbst die 2:20 Stunden Grenze und Ihre Bestzeit mit 2:20:14 Stunden schienen bei 40 Kilometern (2:12:52 Stunden) in Reichweite. Kiplagat lag bereits 58 Sekunden zurück. Im letzten Jahr bei Olympia wurde Jeptoo hier Zweite, doch heute gehört London der Kenianerin! Sieg in 2:20:15 Stunden
was Weltjahresbestleistung und Fast-Egalisierung ihres Hausrekordes
bedeutete. Edna Kiplagat kam in 2:21:32 Stunden als Zweite ein. Als
Dritte konnte die Japanerin Akaba noch stark aufkommen und die
Äthiopierinnen Atsede Bayisa (2:25:14 Stunden) und Meselech Melkamu
(2:25:46 Stunden) abfangen und mit 2:24:43 Stunden aufs Treppchen
laufen. Die Berlin Siegerin von 2011 Florence Kiplagat wurde Sechste in
2:27:05 Stunden. Die Olympiasiegerin Tiki Gelana joggte sicherlich auch
sturzgeschockt als 16.Platzierte unter Erwartung in 2:36:55 Stunden über
die Ziellinie. Priscah Jeptoo ging mit ihrem Sieg in Führung der
Wertung zur 500.000 Dollar Prämie in der World Marathon Majors Serie.
Eine dreiviertel Stunde später startete die Männerelite nach einer Schweigeminute mit dem Hauptfeld, das sich in drei Startgruppen auf den langen Weg entlang der Themse zum Ziel machte. Die Eliteläufer trugen schwarze Schleifchen im Gedenken an die Opfer vom Boston Marathon vor sechs Tagen. Der Brite Mo Farah, Doppel-Olympiasieger über 5.000 und 10.000 Meter übte für ein Antrittsgeld von 250.000 Euro über die halbe Distanz schon mal für sein geplantes Debüt im nächsten Jahr. Eine fragwürdige Aktion, zumal er nicht etwa vorne Tempo machte, sondern eher am Ende der Gruppe mitjoggte.
Das Rennen begann extrem schnell. Fünf Kilometer wurde in 14:22 Minuten passiert, allerdings etwas bergab. 28:56 Minuten bei 10 Kilometer angeführt von Hasen und Emmanuel Mutai bedeuteten einen 2:02:02 Stundenkurs! Der Weltrekordler Patrick Makau (2:03:38 Stunden, Berlin 2011) lag bei 13 Kilometern allerdings schon 300 Meter zurück. 15 Kilometer wurden in 43:43 Minuten durchlaufen, was immer noch auf Kurs 2:02:58 Stunden hinführen würde. Die für das Tempo relativ große Gruppe bestand aus noch 10 Läufern und zwei Hasen. Mo Farah war federnd leicht in der Gruppe hinten joggend in der Spitze dabei, die aus den Kenianern Wilson Kipsang, Stanley Biwott, Geoffrey und Emmanuel Mutai, den Äthiopiern Tsegaye Kebede, Feyisa Lelisa und Ayele Abshero, dem Olympiasieger Stephen Kiprotich aus Uganda und dem Eritreer Yared Asmerom bestand. Farah stieg dann allerdings schon bei 20 Kilometern statt bei Halbmarathon aus. Soll dieser Schaulauf nun wirklich 250.000 Dollar wert gewesen sein?
Bei Halbmarathon führte der Edelhase Mike Kigen
die Stars in 1:01:34 Stunden in die zweite Hälfte. Nun begann das Sterben der Favoriten. Stephen Kiprotich lag
bereits 14 Sekunden zurück! Die Mitfavoriten, der Berlin, New York und
Boston Sieger Geoffrey Mutai und Wilson Kipsang liefen in der Folge
schon eher am Ende der Elitegruppe. Emmanuel Mutai und Yared Asmerom
setzen sich bei 30 Kilometern etwas ab. Die Gruppe zog sich nun
auseinander. Stanley Biwott führt allerdings den Rest wieder heran. Bei
diesem hohen Tempo erschien mir das allerdings als ein früher Zeitpunkt
für Attacken! Nun arbeiteten Biwott, ein 2:05:12 Stunden Mann und
Emmanuel Mutai vorne. Die 25 Kilometer Marke wurde in 1:12:58 Stunden
überlaufen (Kurs immer noch auf 2:03:09 Stunden). Bei 30 Kilometern waren nur noch vier Läufer zusammen. Ein Länderkampf Äthiopien gegen Kenia entbrannte um Sieg, aber auch noch um den Weltrekord? In 1:27:49 Stunden liefen Mutai, Biwott, Abshero und Lelisa immer noch auf Kurs 2:03:31 Stunden. Die Stars Wilson Kipsang, Geoffrey Mutai, und Tsegaye Kebede waren zu diesem Zeitpunkt abgehängt. Emmanuel Mutai machte vorne weiter ordentlich Dampf, Abshero lief neben ihm. Würde nun das Weltrekordtempo wegen taktischer Spielereien verbummelt werden? Der betroffene Weltrekordler Makau lag hier schon über fünf Minuten zurück. Als erster musste bei 32 Kilometern der Äthiopier Lelisa Federn lassen. Mutai drehte sich nach den Konkurrenten um, die taktischen Spiele um Sieg begannen. Nun stürmte Biwott mit Abshero im Schlepptau nach vorne. Jetzt schien Mutai Probleme zu bekommen.
Bei 34 Kilometern schlug Stanley Biwott zu und riss schnell eine Lücke zu den Verfolgern. Ihn hatte man weniger auf der Rechnung für den Sieg. Bei 35 Kilometern in 1:42:47 Stunden war nur noch der 2:04:40 Stunden Streckenrekord von Emmanuel Mutai aus dem Jahre 2011 in Reichweite. Mutai lag sechs Sekunden zurück, Abshero bereits 13 Sekunden. Doch Mutai schien noch nicht geschlagen, der Abstand zu Biwott wurde nicht größer. Und bei 37 Kilometern war er wieder an dem Führenden dran, überholte ihn und konnte ihn dann auch gleich abhängen. Biwott wirkte geschlagen, schnell wuchs der Vorsprung auf 20, 30 Meter. Das Tempo war allerdings mittlerweile mit 3:10 Minuten pro Kilometer richtig langsam geworden. Mutai drehte sich immer wieder um. Von hinten drohte aber nicht mehr Biwott als Gefahr, sondern Abshero übernahm nun den zweiten Platz. Noch weiter dahinter machte sich aber dessen Landsmann Tsegaye Kebede auf die Verfolgungsjagd. Der Sieger von 2010 überlief den einbrechenden Biwott und Abshero. Würde er Mutai noch erreichen? Bei 40 Kilometern in 1:58:47 Stunden war klar, dass auch der Streckenrekord nicht mehr unterboten werden würde. Kebede lief 28 Sekunden hinter Mutai, dessen Schritte aber immer schwerer wurden. Kebede dagegen hatte Mutai nun in Sichtweite und saugte sich natürlich hochmotiviert an den müden Helden heran. Bei 41 Kilometern war es geschehen. Mutai bäumte sich noch einmal kurz auf, konnte aber den kleinen Angreifer nicht mehr halten, der dann im Trommelschritt seinem zweiten London Marathon Sieg nach 2010 entgegen stürmte. Damit baute der Äthiopier zudem seine Führung auf dem Weg zur 500.000 Dollar Prämie in der World Marathon Majors Wertung deutlich aus.
Es siegte letzlich der beste Taktiker. Die Siegerzeit 2:06:04 Stunden wurde dem Elitefeld nicht gerecht. Es war die langsamste Siegerzeit seit 2007. Mutai wurde Zweiter in 2:06:34 Stunden und Abshero kam in 2:06:57 noch aufs Treppchen. Der Olympiasieger Stephen Kiprotich lief taktisch eher im Rahmen seiner Möglichkeiten und kam in 2:08:05 Stunden noch auf einen letzlich unerwarteten 6. Platz. Im Vorfeld deutete er bereits an, dass er nach vielen Verpflichtungen und Feiern nicht ganz die Form von 2012 habe. Bester Nichtafrikaner war als 10. der Spanier Ayad Landassem, der allerdings nordafrikanischer Herkunft ist. Der Weltrekordler Patrick Makau konnte nur insofern zufrieden sein, dass sein Rekord noch steht, aber in 2:14:10 Stunden reichte es bei ihm nur zum 11.Platz. Zur Sicherung seines sicherlich satten Antrittsgeldes dürfte er noch durchgelaufen sein.
Mein Fazit: Die mit viel Antrittsgeld
eingekauften Helden hatten sich bei den Männern viel zu frühzeitig im
Rennen ausgepowert. Vor allem der Abschnitt von 5 auf 10 Kilometer war
viel zu flott und kostete hinten raus Körner. Wer sich später am
Geplänkel nach Halbmarathon wie Kebede oder Kiprotich nicht beteiligte,
konnte in der zweiten Hälfte noch drauflegen und aufholen. Selten aber
in den letzten großen Rennen, dass die Sieger die zweite Hälfte
langsamer laufen!
Die besten
Deutschen, Finisherzahl und
Frauenanteil Unter den 340 deutschen Finishern waren 248 Männer und 92 Frauen. Bei den Damen war Maren Urner in 3:05:02 Stunden und bei den Männern kam Matthias Ewender
auf Platz 52 in 2:33:15 Stunden als Schnellster ein. Die
letzten Teilnehmer benötigten in London 8:05 Stunden. Unter den 34.200
Finishern waren 12.218 Frauen. Der Frauenanteil beträgt in London damit
in diesem Jahr immerhin 35,7 Prozent. Das ist erheblich mehr als beim
Berlin Marathon der 2012 mal gerade 23 Prozent erreicht. Auch in London
war der deutsche Frauenanteil niedriger, nämlich lediglich 27 Prozent.
(Tipp: Marathontraining
für Frauen). Unter 3:00 Stunden kamen 1.355 Läufer und Läuferinnen. 50 Prozent aller Läufer kamen nach 4:27 Stunden ins Ziel.
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