Portrait: Samuel Wanjiru

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Copyright, Text, Fotos: Herbert Steffny

London Marathon Sieg 2009

Samuel Kamau Wanjiru - Marathon Olympiasieger

(26.8.2008, aktualisiert 25.4.2009)


Samuel Wanjiru bei seinem Halbmarathon Weltrekord in Rotterdam 2005


Samuel Wanjiru - der erfolgreichste kenianische Strassenläufer jagt den Marathonweltrekord
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)

Portrait in Stichworten:

  • geboren am 10.11.1986 in Nyahururu/Kenia (Kikuyu)
  • Stipendium 2003-2005 in Japan an der Sendai Ikuei Gakuen High School
  • Trainer: Koichi Morishita
  • Manager: Federico Rosa
  • Team: Toyota Motor Kyushu

Sportlicher Werdegang:

  • 2005: Halbmarathon Sieg in Sendai 59:43min
  • 2005: Junioren-Weltrekord über 10.000m in 26:41,75min (Brüssel)
  • 2005: Weltrekord 59:16min, Rotterdam Halbmarathon
  • 2007: Weltrekord 58:53min, Ras Al-Khaima Halbmarathon
  • 2007: Weltrekord 58:33min, Den Haag Halbmarathon
  • 2007: Malaria Erkrankung
  • 2007: Marathondebüt mit Sieg und Streckenrekord in Fukuoka in 2:06:39 Std.
  • 2008: Zweiter beim London Marathon in 2:05:24 Std.
  • 2008: Olympiasieger in neuem Olympischen Rekord 2:06:32 Std.
  • 2009: London Marathon Sieger in Streckenrekord 2:05:10 Std.
  • 2009: Chicago Marathon Sieger in Streckenrekord 2:05:41 Std.
  • 2009: Sieger des WMM Jackpots (500.000$) der Serie 2008/2009


Samuel Wanjiru (KEN)

Durchschnitt seiner 3
schnellsten Marathons

2:05:25

1. London 2009 2:05:10
2. London 2008 2:05:24
1. Chicago 2009 2:05:41
Dass Samuel Kamau Wanjiru (in Peking auch "Wansiru" geschrieben) sich den Olympiasieg in eindrucksvoller Manier holte, war für mich nicht überraschend. Ja, er war sogar mein Favorit. Lediglich Unerfahrenheit hätte dem erst 21-jährigen Kenianer in seinem dritten Marathon das Genick brechen können, als er in Peking bei Wärme ein Tempo anschlug, dass man für einen Meisterschaftsmarathon im Sommer bisher noch nicht erlebt hatte oder für Selbstmord halten konnte. Aber das ist die Art des kleinen Kenianers, und wer seinen Werdegang bisher aufmerksam verfolgt hat, der mußte in Peking mit einem Temporennen und mit Wanjiru als Olympiasieger rechnen. Schon im Januar 2008 bei meiner Marathon Bilanz des Vorjahres und bei einem Portrait über Haile Gebrselassie und die Entwicklung des Marathon Weltrekords widmete ich dem Kenianer ein Kapitel: Samuel Wanjiru - der nächste Marathonstar?

Samuel Wanjiru - der nächste Marathonstar!

Diese Überschrift braucht man mittlerweile nicht mehr mit Fragezeichen zu schreiben! Denn mit Samuel Wanjiru gab es schon 2007 bereits einen schnelleren Läufer als Gebrselassie, der sich erstmals mit einem Paukenschlag an Marathon heran traute, aber erst mal Erfahrung sammeln musste. Der erst 21-jährige Kenianer jagte dem Äthiopier im letzten Jahr bereits den Halbmarathon Weltrekord in einem genialen Sololauf ab und drückte diesen auf 58:33 Minuten. Schon damals deutete der Kenianer seine Tempohärte an. Er kündigte selbstbewusst den Weltrekord vorher an und brauchte keine Hasen, denn er ist sein eigener Tempomacher. Nach drei Kilometern waren ihm die Hasen zu langsam und er machte sich alleine laufend auf und davon. Ergebnis Weltrekord! Rechnet man diese Halbmarathon Leistung hoch, so kommt man auf 2:03:40 Stunden im Marathonlauf. Der Sturmläufer deutete damals schon sein Weltrekordpotential auch auf der längeren Distanz an. Der Nachwuchsstar wird zudem je länger die Strecke wird, umso schneller. Auf den Unterdistanzen ist Wanjiru im Vergleich zu dem früheren Marathon Weltrekordler Paul Tergat oder Haile Gebrselassie sogar eher langsam (nur 3:50,28 Minuten auf 1.500 Meter und 13:12 Minuten auf 5000 Meter). Fraglich natürlich, ob diese Zeiten wirklich ausgereizt sind, aber Fakt ist bei Wanjiru: je länger die Strecke wird, desto besser sind seine bisherigen Leistungen. Die 10.000 Meter lief er 2005 18-jährig bereits in der Junioren Weltrekordzeit von 26:41,75 Minuten, dem folgte der Halbmarathon Weltrekord und nun der Marathon-Olympiasieg. Seine geringe Größe von 1,63 Meter und sein leichtes Gewicht von nur 51 Kilogramm prädestinieren ihn zudem für Marathon. Dazu kommen die optimalen Trainingsbedingungen außerhalb Kenias, denn als er 15 Jahre alt war, bekam er auf Grund eines gewonnen Ausscheidungsrennens ein japanisches Stipendium zur Verstärkung des Ikiden Staffelteams der dortigen Sendai High School. Sein Trainer ist Koichi Morishita, ein früherer Beppu (2:08:53) und Tokio Sieger, der die Silber Medaille im Marathon in Barcelona bei den Olympischen Spielen 1992 hinter dem Koreaner Hwang Young-Cho und vor dem Deutschen Stefan Freigang gewann.

Erfolgreichster kenianischer Straßenläufer - "Made in Japan"

Nun hat Wanjiru mit seinem Olympiasieg seinen japanischen Trainer sogar noch übertroffen und nicht nur ihn! In Kenia überschlagen sich im Langstreckenlauf die Superlative. Der erfolgreichste Marathon- oder Strassenläufer in Kenia zu sein, ist kein leichtes Unterfangen in diesem Läuferland. Erstaunliche Parallele: die nach Medaillen bisher erfolgreichsten Kenianer bei den Männern im Marathonlauf hatten japanische Stipendien:

  • Eric Wainaina, der für das Konica-Minolta Team startete, gewann Bronze bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta und Silber 2000 in Sidney.

  • Doch noch früher entdeckte Douglas Wakiihuri auf Meisterschaftsebene den Marathonlauf für Kenia. Er lebte und startete ebenfalls in Japan für S&B Foods. Er wurde 1987 für Kenia überraschend Weltmeister in Rom und 1988 Olympiazweiter in Seoul.

Damals feierte man seinen WM-Erfolg in der in Nairobi erscheinenden Zeitung "Nation" unter der Überschrift: "Marathon - eine neue Goldmine für Kenia?" Ich las den Artikel vor Ort bei meinem Höhentrainingslager in der Iten St. Patricks High School in den Nandi Hills mit Verwunderung. Erst im Winter 1988 wurde man sich offenbar bewußt, dass Kenia auch Marathon laufen kann! Damals konzentrierte man sich beim Verband noch stark auf den Hindernislauf, die Bahnstrecken und den Crosslauf. Aber Kenia hatte schon sehr erfolgreiche Vorreiter wie den Boston, New York und Honolulu Marathon Sieger Ibrahim Hussein. Nachwuchsläufer aus der Umgebung erzählten mir in Kenia, wie er mit seinem gewonnenen Mercedes mit Ersatzreifen und Benzinkanistern auf dem Dach im Busch vorfuhr. Das war natürlich ein Auflauf! Es gibt kaum Straßen dort und ein Fahrrad ist im Hochland von Kenia schon ein Luxusgegenstand. Hussein wurde im wahrsten Sinne des Wortes "steinreich", denn er baute bald ein Steinhaus und kaufte von den Preisgeldern eine Teeplantage und ein Fuhrunternehmen. Damals beschlossen alle Jugendlichen und Kinder ihm nachzueifern und Läufer zu werden....

Fukuoka - Weltklassezeit beim Debüt und Sieg mit Ansage

Seinen Marathon Einstand feierte Wanjiru im November 2007 beim 61. Fukuoka Marathon, den er wieder mit Ankündigung in 2:06:39 Stunden gewann, schneller als Gebrselassie bei seinem Sieg 2006. Das Riesentalent ist also kein Mann von vollmundigen Versprechungen, die er nicht einhält. Vor dem Fukuoka Marathon sagt der selbstbewußte Halbmarathon Weltrekordler, dass er sich fit für eine 2:06 Stunden Zeit fühlt, das wäre Streckenrekord, und das gleich bei seinem Debüt über die doppelte Distanz. Er kam sah und siegte und verbesserte mit 2:06:39 Stunden die Marke von Atsushi Fujita von 2000 um 12 Sekunden. Deriba Merga aus Äthiopien, der in Peking als Vierter knapp eine Medaille verpasste, konnte damals als einziger bis 40 Kilometer folgen. Die beiden kennen sich daher gut und teilten sich in Peking bei 37 Kilometer die Flasche. Die Wetterbedingungen waren in Fukuoka mit 13 Grad kühl und sonnig, ideal für schnelle Zeiten. Wanjiru wollte nach der gelungenen Premiere im Frühjahr als nächstes in London starten, um sich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren. Konkurrenz scheut der Kenianer offenbar nicht. Und wieder eine Ankündigung: 2:05 möchte er dort laufen... "Warum nicht der nächste Streckenrekord?" fragte ich damals in meiner Nachbetrachtung hier in meinem Laufmagazin.

London - "Der kann drücken und drücken..."

Bei seinem zweiten Start legte der Kenianer in London bereits ein mörderisches Tempo vor. Lange war man sogar in Reichweite des Weltrekords. In einer Regenschlacht unterlag der mutige Kenianer seinem erfahrenen Landsmann und Vorjahressieger Martin Lel lediglich im Spurt. Mit 2:05:24 Stunden lief er Bestzeit, schob sich auf Platz Fünf der ewigen Weltbestenliste und trieb oder genauer: führte Martin Lel zu persönlicher Bestzeit von 2:05:15 Stunden und Streckenrekord in London. Martin Lel sagte damals schon nach dem Rennen anerkennend über diese Tempoarbeit: "Mein Freund Wanjiru ist so stark, der kann drücken und drücken und ich war mir sicher, er würde uns zum Weltrekord führen." Durchgangszeit bei 10 Kilometern waren sehr schnelle 29:10 Minuten. Die Halbmarathonmarke wurde in der Weltrekordgeschwindigkeit von 62:14 Minuten passiert. Haile Gebreselassie hatte bei seinem Weltrekordlauf in Berlin 2007 bei 10 Kilometern verhaltenere 29:24 Minuten und bei Halbmarathon eine Durchgangszeit von 62:29 Minuten. Die 30 Kilometer Marke überlief die Spitzengruppe in London in 1:28:29 Stunden. Auch das war schneller als Haile Gebrselassie der 30 Kilometer in 1:28:56 passierte, aber aufkommender Regen und Wind verhinderten in der Endphase vielleicht den möglichen Weltrekord.

Der dritte Streich - im Sturmlauf zum Olympiasieg!

Samuel Kamau Wanjiru machte in seinem dritten Marathon einen kenianischen Traum wahr: erstes Marathongold für Kenia! Der 21-Jährige Tempobolzer drückte trotz Wärme gleich zu Anfang auf das Tempo, so dass es statt Taktiererei ein sehr schnelles Ausscheidungsrennen gab. Mit 14:52 und 29:25 Minuten gab es weltrekordverdächtige Durchgangszeiten und die Spitzenguppe dünnte sich rasch aus. Der ungestüme Wanjiru war mit unglaublichen 62:34 Minuten schneller als die unter den Kenianern vereinbarten 64 Minuten bei Halbmarathon. Bei 37km machte der kenianische Tempoläufer endgültig ernst und verabschiedete sich von dem erstaunlich zähen Marokkaner während die anderen Verfolger weiter zurückfielen. Im Stadion durchlief Wanjiru mit klarem Vorsprung und jubelnd die letzte Runde, gab noch einmal richtig Gas und lief mit 2:06:32 Stunden neuen olympischen Rekord. Den hielt bisher der Portugiese Carlos Lopes 1984 in Los Angeles mit 2:09:21 Stunden. Im Ziel bekreuzigte er sich. Der Jungstar im Keniateam bekommt dafür vom nationalen Verband rund 20.000 Euro Prämie. Früher hat er schon einmal seine Weltrekordprämie in Höhe von 25.000 Dollar für Kinderheime in Kenia gespendet. Von der 300.000 Dollar Rekordprämie beim diesjährigen Halbmarathon Zayed International Halbmarathon in der Vereinigten Emiraten spendete er einen großen Teil seiner Familie für Farmland und einen Traktor. Sein Trainer Morishita ist begeistert: "Ich glaube, er wird den Marathon Weltrekord schon noch holen, aber er sollte sich besser auf Siege bei den großen Rennen konzentrieren. Seine stärkste Eigenschaft als Marathonläufer ist, dass er im Rennen nie aufgibt!" Nach dem Olympia Marathon gab Wanjiru den zahlreichen japanischen Medienvertretern in fliessender Landessprache Interviews, die wenigen Vertreter der kenianischen Presse sollen fast nicht zu ihm vorgedrungen sein. Allerdings plant er seine Wahlheimat zu verlassen und nach Kenia zurückzukehren. Bleibt zu hoffen, dass sein Karriere nicht darunter leidet.

Nachtrag Meldung vom 14.9.2008:

Raubüberfall auf Marathon-Olympiasieger Wanjiru in Kenia

Gerade gewann die erst 18-jährige 800 Meter Läuferin Pamela Jelimo den Millionen-Dollar-Jackpot der Golden League der Leichtathletik. Es ist aber nicht unproblemetisch in einem unsicheren Land wie Kenia als Weltklasseläufer zu viel Geld zu kommen. Den Marathon Olympiasieger Samuel Kamau Wanjiru und seine Familie überfielen am Samstag in Nyahururu sieben mit Macheten und Gewehren bewaffnete Räuber und forderten Geld. Sie hatten spitz bekommen, dass der kenianische Verband 30.000 Dollar als Siegprämie für Olympiasieg ausgelobt hatte und forderten ihren Anteil. Wanjiru und seine Familie waren zuhause und erklärten, dass sie kein Geld im Haus hätten, woraufhin die Bande eine halbe Stunde alles auf den Kopf stellte, aber letztlich ohne Beute davon zog. Zum Glück wurde niemand verletzt. Die Polizei nahm die Ermittlungen auf. (Quelle: IOL News South Africa)

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