Ratgeber: Warmlaufen und Dehnen vor Wettkampf

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Copyright: Herbert Steffny

Warmlaufen, Dehnen, Stretchen vor Marathon, Wettkampf und Training

Frage von Herrn F.U.:

Hallo Herr Steffny,

ich habe Ihr
"Großes Laufbuch" gekauft und nicht nur einmal durchgelesen, sondern schlage auch immer wieder gern mal darin nach.

Eine Frage habe ich trotzdem noch: Wahrscheinlich würde einem fast jeder aus dem Bauch heraus sagen, dass man sich auch vor längeren Wettkampfläufen wie einem (Halb-)Marathon warmlaufen sollte. Ist dies auch aus Ihrer Sicht empfehlenswert? Oder verliert man damit nicht nur unnötig Energie und kann angesichts des über die lange Distanz eher ruhigeren Tempos nicht sogar besser ohne Warmlaufen starten? Anderswo las ich sogar, dass man vor dem Lauf nicht dehnen sollte, da dann die Verletzungsgefahr dabei viel höher wäre als nach dem Lauf. Vor meinen Trainingseinheiten (6-25 km) laufe zumindest ich persönlich mich bis dato nicht extra warm und dehne auch nichts, sondern laufe einfach los und hatte damit bislang nie Probleme. Könnte ich den Trainingseffekt mit einer kurzen Vorbereitung vielleicht verbessern?

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie zum Thema "Startvorbereitung beim Marathon" kurz informieren könnten.

Mit freundlichen Grüßen
F. U.

Antwort von Herbert Steffny:

Lieber Herr U.,

das sind mehrere Fragen. Warmlaufen und Dehnen hängt von den Umständen und v.a von den Außentemperaturen und der Laufgeschwindigkeit des Rennens ab.

Zunächst zum Warmlaufen:

Je kühler die Witterung und je schneller das Rennen ist, desto wichtiger wird Warmlaufen. Ein 1.500 Meter Rennen bei 10 Grad erfordert ein sorgfältiges langsames Warmlaufen (unter 70 Prozent vom Maximalpuls) mit einer langen Hose, denn es geht gleich "volles Rohr" zur Sache! Wenigstens 20 Minuten sollte das Jogging dann dauern. Nach dem Aufwärmjogging folgen leichte Dehnungsübungen und einige Steigerungsläufe. Dann gehts ca. 5 Minuten später zur Startlinie.

Ein Marathon oder Halbmarathon ist deutlich langsamer, man kann sich regelrecht die ersten Kilometer warmlaufen (was die meisten leider nicht machen, sondern ungeduldig zu schnell lospreschen...). Meist steht man ohnehin in einem Startblock, wo man nicht wie die Eliteläufer frei hin und her laufen kann. Leichtes Joggen oder Hopsen auf der Stelle und wärmende Kleidung oder Wämefolien ("Müllsäcke"), die man vor dem Startschuss auszieht, sind bei kühler Witterung ratsam. Ein Elitemarathonläufer, der mit einem Tempo von 19-20 Kilometer pro Stunde startet, wird sich etwas mehr warmlaufen (5-10 Minuten), aber sehr langsam (!). Man joggt dann nur auf Fettreserven, die nicht begrenzt sind. Viele Freizeitläufer können einfach nicht langsam joggen und laufen sich, da sie im Training leider fast nur eine Geschwindigkeit kennen, nahezu im späteren Renntempo ein. Jetzt verschleudern sie natürlich dummerweise auch die wertvollen Kohlenhydratvorräte (Superbenzin) bereits vor dem Rennen.

Ein Wettkampf, v.a. Halbmarathon oder gar ein Marathon bei Wärme im Sommer oder in den Tropen z. B. beim
Hawaii Marathon erfordert vorher nur ganz wenig warm joggen oder warmgehen und lockern. Trotz der Hitze sollte man sich schon ein wenig bewegen, zum Start gehen, kurz (ein paar Minuten mit Gehpause) und langsam traben, aber kurz vor dem Start nochmal die Peripherie kühlen (Wasser über den Kopf gießen und die Laufkleidung außer Schuhen nass machen). Sinn des Aufwärmens ist, dass...

Das erreicht man am besten mit Bewegung, aber kaum mit "Wärmesalben" oder Dehnen. Aber dabei findet auch eine Temperaturerhöhung statt, denn Bewegung, also Muskelarbeit erzeugt Wärme. Die Muskulatur arbeitet bei 38 bis 39 Grad, also im leichten Fieber optimal. Bei noch höheren Temperaturen sinkt aber die Leistung "schlagartig" (bis zum Hitzschlag). Bei kalten Beinen (nicht warm gelaufen) kann die Muskulatur bei vielleicht nur 31 Grad nicht soviel leisten wie bei 38 Grad.

Zum Dehnen vor und nach dem Wettkampf (oder auch Training):

Leichte Dehnungsgymnastik ist immer in Ordnung. Normalerweise sollte man v.a. nach dem Training dehnen. Nach einem harten Wettkampf mit Muskelkater ist allerdings eine Badewanne oder Auslaufen/Ausgehen sogar besser. In schmerzende Muskeln zu stretchen ist Unsinn. Man kann sich im Normalfalle beim Dehnen eigentlich nicht verletzen, wenn man nur so weit dehnt, dass es leicht zieht. Dabei sollte man natürlich nicht wippen! Viel Verwirrung hat eine Untersuchung angestiftet, nach der Dehnen vor dem Wettkampf schädlich sei und die Leistung sogar mindern würde. Diese Untersuchung bezog sich allerdings auf exzessives Dehnen vor Sprint- und Schnellkraftwettkämpfen und gilt nicht für Ausdauersport oder gar Trainingsläufe.

Bei Trainingsläufen müssen Sie nicht vorher dehnen, sondern nur hinterher, sollten aber die ersten zwei Kilometer betont langsamer beginnen und auch den letzten Kilometer wieder langsam joggen. Das minimiert Verletzungsrisiken und Auslaufen ist die erste Regenerationsmaßnahme noch während des Training. Dann schließen Sie die Einheit mit Stretching und Lockerungsübungen ab (ausführliche Programme im "Großen Laufbuch"). Die meisten Läufer starten auch beim Training zu schnell. Das ist v.a. bei kühlen Temperaturen wie ein Kaltstart mit dem Auto im Winter. Man kann den "Muskelmotor" schädigen und verschleudert unnötig Benzin.

Keep on running (schön warm- und ausgelaufen und gedehnt) .

Herbert Steffny

verwandtes Thema: Regeneration nach langen Läufen

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