Ratgeber: Wintertraining für Top-Läufer

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Copyright: Herbert Steffny

Wintertraining für einen 2:30 Marathonläufer

Frage von Uwe B.:

Hallo Herr Steffny,

hab heuer den 2:45 Plan aus ihrem
Buch gemacht und bin in Frankfurt damit 2:39:45 gelaufen. Echt geil, diese Pläne funktionieren perfekt. Im Frühjahr hab ich den 3 Std.-Plan gemacht und bin 2:56 gelaufen und dann auf Frankfurt den 2:45 gemacht und hab das Ziel auch erreicht.

Meine Frage wäre jetzt folgende:
Möchte nächstes Jahr im Herbst München oder Frankfurt unter 2:30 laufen und dazu den Plan machen. Ist das realistisch oder würd ich mich damit übernehmen? Hab auch vor nur diesen einen Marathon zu laufen und nicht wie heuer zwei. Ich will dann in der ersten Jahreshälfte Tempo aufbauen und dann in das Marathontraining einsteigen.

Meine zweite Frage ist folgende:
Da ich im Winter sehr gerne Skilanglauf mache und auch im Sommer regelmäßig Rollski mache, möchte ich wissen wie dein Plan aussehen könnte, dass ich möglichst viel Speed über den Winter rette, um dann im Frühling wieder weiter oben anzufangen. Mein Wintertraining sieht meist so aus: Sieben Einheiten ist das normale. Dezember, Januar und Februar 5-mal Ski bzw. Rollski und 2-mal laufen meist alles im Grundlagenausdauerbereich. Im März fange ich dann wieder so richtig an, da ist dann normalerweise 6-mal laufen und 1-mal was anderes Rollski, Inliner oder Radfahren dran.

Angaben zu meiner Person:
26 Jahre
1,81 m groß wiege 70 kg
10km Bestzeit bisher 35 min
21,1 km 1:17:10
42,195 2:39:45

Was für ein Gewicht würdest du sagen, dass es als optimal wäre. Habe heuer bewusst 3 kg abgenommen und möchte nochmal Abnehmen um dann in den Bereich von 67 kg zu kommen. Ok oder zu wenig?
Danke schon mal.

Mfg Uwe B.


Antwort von Herbert Steffny:

Alle Achtung Uwe, tolle Leistungen!!! Da bist Du ja ganz vorne dabei....

Nun einige wesentliche Aspekte zu Deinen Fragen: Auf das Wintertraining und Crosstraining für Marathonläufer gehe ich im "Großen Laufbuch" prinzipiell umfangreich (S.163ff und S.296ff.) ein. Ich weiß nicht, ob Du das benutzt oder eines meiner früheren Bücher? Auch in meinem 2010 erschienenen "Optimalen Lauftraining", dass auch sehr ambitionierte Pläne über 5.000, 10.000 Meter und Halbmarathon aufweist, steht ziemlich viel zum Wintertraining für fortgeschrittene Läufer.

Über den Winter brauchst Du nicht unbedingt "Speed" rüberzuretten, wenn Du erst im Herbst Marathon läufst. Grundlagenausdauer ist dann angesagt, möglicht hoher Umfang, wobei ich selbst
Skilanglauf, aber auch Hallentraining (Spielsportarten, Zirkeltraining, am besten in einem Verein mit gescheiten Übungsleitern und einen guten Trainingstruppe) für hervorragend halte. Ich mach(t)e das selber so, wenn genug Schnee bei mir hier im Schwarzwald liegt. Für Tempo hast Du den ganzen Sommer noch Zeit. Wenn Du alle paar Wochen im Winter einen Volkslauf oder Crosslauf einplanst, reicht das als Tempospritze und gutes Kraftausdauertraining. Sammle lieber fleißig Lauf- und/oder Ski-Kilometer.

Prinzipiell ist es richtig alles auf eine Karte zu setzen und die ganze Energie mal auf einen Herbst-Marathon zu setzen, in der Hoffnung, dass alles mitspielt. Du nimmst einfach einen sehr langen Anlauf. Habe Geduld und investiere über Winter in die allgemeine Grundlagenausdauer... Tägliches Training ist in diesem Leistungsbereich eigentlich schon Pflicht, ich würde Dir sogar raten, am Wochenende auch im Winter gelegentlich noch ein zweite Einheit einzuplanen, z.B. an einem Sonntag mit Skilanglauf am Vormittag, dann am Nachmittag einen 10km Dauerlauf dazu zu trainieren.

Ob Du den 2:30er Plan nehmen kannst, siehst Du dann an den 10km und Halbmarathonzeiten, also aus den Resultaten der Wettkämpfe im Vorfeld zum Marathon. Der auch von mir im
Großen Laufbuch geschilderte und empfohlene Aufbau über die Unterdistanz im Frühsommer ist bestimmt gut für Dich, zumal Deine Bestzeiten über die kurzen Strecken ein wenig hinterher hinken. Für unter 2:30 bräuchtest Du eigentlich schon 32:00 Minuten auf 10km und 1:10 Stunden im Halbmarathon (siehe Tabellen S.136 und S.183 im Großen Laufbuch). Hierzu empfehle ich nochmals das für die Unterdistanzen geschriebene "Optimalen Lauftraining", wo auch ein Plan für 32:00 Minuten drin steht. Deine 2:39 Stunden Bestzeit ist eigentlich Deine relativ beste Langstreckenleistung! Die Unterdistanzen 1:17 Stunden und 10km 35:00 Minuten (entspricht "nur" 2:43 Stunden im Marathon). Das spricht wohl auch für Deinen guten Grundlagentrainingszustand, aber auch für Dein "langes" Langstreckentalent. Solltest Du nicht wenigstens 33 Minuten und 1:12 Stunden erreichen, solltest Du zwischen meinen 2:45 und 2:30er Plänen "interpolieren". Wie weit Dein Talent letztlich reicht, kann ich aus der Distanz nicht beurteilen. Dein Gewicht ist schon gut (BMI 21,4) , aber vielleicht lassen sich tatsächlich noch 2-3 Kilogramm runterarbeiten (vorübergehend in den letzten zwei Monaten vor dem Marathon). Ob das sinnvoll ist, könnte man über eine Körperfettmessung feststellen, denn ich kenne Deine Statur nicht. Der BMI sagt alleine nicht alles aus. Sollstest Du allerdings feststellen, dass Du kraftloser wirst, bist Du zu leicht. Mein Mindestgewicht früher war 66 Kilogramm bei 1,79 Meter. Bei 65 Kilogramm wurde ich definitiv schlechter.

Suche Dir nicht unbedingt als Strecke den München Marathon raus, man setzt dort nicht auf ein Elitefeld. Da läufst Du in Deinem Leistungsbereich zuviel alleine und gewinnst nachher noch versehentlich ;-)). Zudem ist die Münchener Strecke nicht ganz so schnell wie Berlin oder Frankfurt. Dort sind die Felder in Deinem Bereich wesentlich dichter und Du kannst länger in einer Gruppe mitlaufen. Auch das Wetter muss natürlich mitspielen...

Das ist an der Leistungsgrenze also eine filigrane Tüftel-Arbeit, wo man mit einem guten Händchen an vielen kleinen Baustellen feilen muss und hier und da ein halbe Minute rausholen kann.... Gehe auch mal in meinem Ratgeber diese Checkliste für mögliche Fehler im Marathontraining durch. Vielleicht findest Du in dieser allgemeingültigen Liste auch noch den einen oderen anderen Punkt, wo Du noch etwas optimieren kannst.

Keep on running und viel Erfolg - ich höre dann nächstes Jahr von Dir oder? Ich drücke Dir jedenfalls die Daumen...

Herbert Steffny

Laufmagazin
"Aktiv Laufen"
1-2/2010:

"Laufbücher gibt es wie Sand am Meer, aber keines reicht an das Standardwerk von Herbert Steffny heran."



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