Natur - Laufend am
Wegrand beobachtet |
Autor und Copyright: Diplom-Biologe Herbert
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von Herbert Steffny zu Schmetterlingen
Braunkehlchen - Vogel des Jahres 2023 Text, Foto von Diplom-Biologe Herbert Steffny (erschienen auch im Laufmagazin SPIRIDON 12/2022) Seit 1971 kürt der Naturschutzbund Deutschland (NABU) in Zusammenarbeit mit dem bayrischen Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) den „Vogel des Jahres“. Wie in den beiden Vorjahren konnte jeder im Internet darüber abstimmen, wer die Nachfolge des Wiedehopfs antritt. Zur Auswahl stand der Feldsperling (Platz 2), der Neuntöter (Platz 3), der Trauerschnäpper und das Teichhuhn und letztlich das mit 43,5 Prozent von fast 135 000 Stimmen siegreiche Braunkehlchen. Damit gebührt dem Vögelchen mit der orange-braunen Brust und Kehle nach 1987 zum zweiten Male diese Ehre.
Im Frühling kehrt der etwa spatzengroße Zugvogel aus seinem afrikanischen Überwinterungsquartier südlich der Sahara zu uns zurück. Das adrette Vögelchen mit dem auffälligen hellen Streif über dem Auge sucht als Bodenbrüter blumenreiche und buschbestandene Wiesen in Nachbarschaft zu Feldgehölzen, wenn es diese noch findet. In diesen strukturreichen Lebensräumen fühlt sich das Braunkehlchen wohl. Buschwipfel, Äste, Hochstauden, Zaunpfähle und dergleichen nutzt der Insekten- und Spinnenjäger als Sitz- und Singwarte, um auf Beute zu lauern oder um seinen Gesang vorzutragen. Im September wandert die Art mitsamt Nachwuchs wieder nach Afrika. Leider werden diese strukturreichen Biotope immer seltener. Blumenreiche Wiesen, die nur einmal im Spätsommer gemäht werden, weichen hochgedüngten mit Löwenzahn („Pissblume“) durchsetzten Graswüsten, die drei- oder viermal im Jahr abgeerntet werden. Sogenanntes Brach- oder Ödland muss Wohngebieten, Baumärkten oder Industrieflächen „auf der grünen Wiese“ weichen. Hinzu kommt Pestizideinsatz. Und so wundert es kaum, dass in Deutschland von dem hübschen Piepmatz mit abnehmender Tendenz nur noch 20-30 000 Brutpaare leben. Die Art verschwindet mit ihren Lebensräumen und ist mittlerweile „stark gefährdet“. Als Vogel des Jahres kann das Braunkehlchen als Stellvertreter für zahlreiche andere Tier- und Pflanzenarten gelten, die unter der Ausräumung und Intensivierung der Landwirtschaft leiden. Zahlreiche der schönsten Schmetterlingsarten sind beispielsweise an ähnliche extensiv genutzte Wiesen, blumenreiche Säume und Blühstreifen an Feldrändern angewiesen.
Wiedehopf Vogel des Jahres 2022 (von Dipl.-Biologen Herbert Steffny 25.12.2021, erscheint auch im Laufmagazin SPIRIDON 1/2022)Die wenigsten dürften ihn gesehen haben, aber aus der „Vogelhochzeit“ von Hoffmann von Fallersleben bringt der Wiedehopf im Kinderlied „der Braut den Blumentopf“. Der Lyriker und für seine humoristischen Verse bekannte Eugen Roth schrieb in seinem 1948 erschienenen „Großen Tierleben“: Der
Wiedehopf, der Upapa,
Der Wiedehopf wurde unter fünf Kandidaten vom Naturschutzbund Deutschland NABU in öffentlicher Wahl, an der sich knapp 143000 Vogelfreunde beteiligten, nach 1976 erneut zum Vogel des Jahres 2022 gekürt. Der bei uns seltene und scheue Höhlenbrüter gehört mit seinem auffälligen, kontrastreich orange-braun und schwarz-weiß gezeichneten Gefieder zu den schönsten Vögeln. Neben seinem langgezogenen abwärts gebogenen Schnabel, machen ihn seine v.a. beim Landen und bei Erregung kurz aufgestellte Federhaube zum „Indianerhäuptling“ und unverwechselbar. Sofern man diesen kecken Piepmatz überhaupt zu Gesicht bekommt, wird man seine Anwesenheit zuvor an seinem dreisilbigen und dumpfen „hup hup hup“ Gesang erkennen. Dieser erklärt auch den wissenschaftlichen und englischen Namen Upupa epops bzw. Hoopoe. Im Winter ist es dem Wiedehopf aber hier zu kalt, so dass er als Langstreckenzieher wie mancher Eliteläufer sein Winterquartier in den Savannen Ostafrikas und der Sahelzone bezieht. Er ist als Hopf, was vom Wort Hüpfen abstammt, wie die kenianischen Wunderläufer gut zu Fuß und jagt dort mit seinem langen Stocherschnabel meist große Insekten wie Engerlinge, Käfer und Maulwurfsgrillen. Von April bis September nistet der hübsche Kerl bei uns in wenigen Wärmegebieten wie dem Kaiserstuhl, Rheinhessen, Vorderpfalz, Sachsen und Brandenburg. Dorthin lockt er neben dem ebenso attraktiven Bienenfresser zahlreiche Vogelfreunde und Tierfotografen aus nah und fern an, die diesen seltenen Vogel beobachten wollen. Den Namen „Stinkvogel“ verdient sich der Wiedehopf, indem er und seine Jungvögel bei Bedrohung am Nest aus der Bürzeldrüse ein übelriechendes Sekret ausscheiden, womit sie sogar Marder in die Flucht schlagen. Weniger als 1000 Brutpaare gibt es in Deutschland, wo er sich aber langsam ausbreitet. Dazu mag auch das Ausbringen von Brutkästen mancherorts beigetragen haben. Obwohl der Wiedehopf ein potentieller Gewinner der Klimaerwärmung sein könnte, wird er bei uns als gefährdet eingestuft. Was nutzt ihm ein milderes Klima, wenn seine Lebensräume halboffene bis offene insektenreiche Landschaften, Weinberge mit Großböschungen, Obstgärten und Brachen mit lockerer Vegetationsdecke verschwinden? Im Rahmen der Intensivierung der Landwirtschaft ist der Pestizideinsatz eine weitere Ursache für die Gefährdung. Das gilt ebenso für viele andere Tierarten, aber der Wiedehopf ist für den Naturschutz natürlich ein vorzeigbarer Werbeträger. Das Foto zeigt einen Wiedehopf in einer Lößwand am Kaiserstuhl und entstammt dem 365-Tage Vogelkalender 2023 von Herbert Steffny, der im Mai 2022 beim Südwestverlag erscheint.
Rotkehlchen Vogel des Jahres 2021 (20.3.2021, verkürzt erschienen auch im Laufmagazin SPIRIDON 4/2021)
Das Rotkehlchen trägt nach 1992 zum zweiten Mal diesen Titel. Es ist mit rund vier Million Brutpaaren in Deutschland, eine Million in Österreich und rund 500.000 in der Schweiz keineswegs gefährdet. Bisher stand der Vogel des Jahres meist stellvertretend für ein Naturschutzthema z.B. als Vertreter eines gefährdeten Biotops wie Streuobstwiesen oder Trockenrasen. Dieses Mal wollte man die Öffentlichkeit mehr einbinden, offensichtlich um vermehrt Interesse an der Natur zu erwecken. In Coronazeiten mussten viele Menschen in heimischen Gefilden bleiben, so dass die Hobbyornithologie einen erfreulichen Zulauf erfuhr. Jedermann konnte also einfach seinen Lieblingsvogel wählen. Im
zeitigen Frühjahr trägt das hübsche und beliebte Rotkehlchen früh
morgens und abends seinen melodischen, aber etwas wehmütig anmutenden
Gesang von
einer Sitzwarte, oft hoch oben auf einem Baumwipfel vor. Auch die
Weibchen singen, aber weniger auffällig. Nur selten sieht man
ein Pärchen, zumeist sind Rotkehlchen außerhalb der Brutzeit
Einzelgänger und
verteidigen vehement ihre Nahrungsreviere. Die Brutzeit beginnt im
April wobei die kleinen Piepmätze Reviere in unterholzreichen Wäldern,
aber auch in Parks und Gärten, gerne in Wassernähe besetzen. Die aus
Moos und Halmen bestehenden Nester sind am Boden oder niedrig in
Mauerritzen oder
Holzstapeln. Im Siedlungsraum wurden sie auch schon in Briefkästen und
Gießkannen
gefunden. Es können zwei Bruten pro Jahr, nicht selten mit
Partnerwechsel vorkommen.
Die putzigen Jungvögel haben noch keine orange-rote
Kehle und Brust, die sich erst im Spätsommer im Rahmen des Gefiederwechsels in
Stufen herausbildet. Das Rotkehlchen hat seine Hauptverbreitung in Europa.
Vielerorts ist der populäre nur knapp 20 Gramm leichte Vogel als Standvogel auch
im Winter anzutreffen. Nur Hochlagen und nordeuropäische Brutregionen werden
verlassen, wobei das Rotkehlchen nachts in südlichere Gefilde abwandert. Dabei
orientiert es sich wie viele andere Vögel am erdmagnetischen Feld. Der Kompass
dafür ist im rechten Auge lokalisiert. Ein Teil unserer winterlichen Gartenbesucher
stammt also aus Skandinavien.
Zum Nahrungsspektrum gehören Beeren wie Holunder, Insekten und andere Kleintiere, aber auch Sämereien. Die Vögelchen werden bis zu 17 Jahre alt. Wer Rotkehlchen, Amseln und andere gefiederte Freunde in seinem Garten fördern will, sollte diese mit heimischen, dichten wachsenden Sträuchern und Beerenbüschen ausstatten, zumindest im Winter füttern und auf Gifteinsatz verzichten. Für das nächste Jahr planen die Ausrichter der Wahl zum Vogel des Jahres ein leicht geändertes Verfahren. Aus einer von Experten vorgeschlagenen Liste bestehend aus fünf Arten dürfen danach alle Vogelfreunde ihren Liebling auswählen.
Vogel läuft - Mensch staunt ! (30.11.2020, auch verkürzt im Laufmagazin Spiridon 9/2020)
„Fisch schwimmt, Vogel fliegt, Mensch läuft!“
so einfach lautet das legendäre und viel zitierte Plädoyer des tschechischen
Dreifach-Olympiasiegers Emil Zatopek für das Laufen. Hat er es sich zu einfach
gemacht? Der Nobelpreisträger für Verhaltensforschung Konrad Lorenz sagte
einmal „Der Mensch ist Spezialist auf das Nichtspezialisiertsein.“ Salopp
formuliert heißt das: der Mensch kann wie ein Zehnkämpfer nichts perfekt, aber
alles so einigermaßen. Lorenz legte zur sportlichen Leistungsfähigkeit nach,
dass der Mensch einen Dreikampf an einem Tag bestehend aus... (weiterlesen) Turteltaube - Vogel des Jahres 2020 (27.11.2019, auch im Laufmagazin Spiridon) Nein! Es handelt sich nicht um diese "fliegenden Ratten" der Innenstadt, die einem vielleicht auf den Nerv gehen oder schon einmal auf die Jacke gekackt haben. Zugegeben, mit diesen kann auch ich mich als Biologe und Naturfotograf auch nicht so recht anfreunden. Die meisten kennen Tauben nur als diese meist lästigen, blöden Vögel auf dem heimischen Münsterplatz. Doch halt! So blöd sind Tauben gar nicht. Verhaltensforscher haben herausgefunden, dass sie trauern, sich am Magnetfeld der Erde orientieren und sogar ein Gemälde von Picasso von einem Monet unterscheiden können. Es geht aber hier nicht um die von der wilden Felsentaube abstammenden und in verschiedensten Formen gezüchteten Rasse- und Brieftauben, sondern um die Turteltaube, die Sie nicht in der Innenstadt als Lästling antreffen werden. Wir haben in Deutschland neben den Haustauben vier weitere Arten, echte Wildtauben! Die große und häufige Ringeltaube, die eingewanderte und mittlerweile weit verbreitete Türkentaube, die Hohltaube und unsere kleinste Art, die Turteltaube. Eben diese hat der Naturschutzbund Deutschlands (NABU) und der bayerische Landesbund für Vogelschutz (LBV) zum "Vogel des Jahres 2020" ausgerufen. Eine Turtetaube schaut argwöhnich - Schießt der mit Gewehr oder Teleobjektiv?
(Foto, Copyright: www.herbertsteffny.de) Der Name ist zwar allgemein geläufig, aber die wenigsten haben die eher seltene Turteltaube wirklich gesehen. Ihr deutscher und wissenschaftlicher Name "Streptopelia turtur" geht auf das monotone Dauergegurre zurück und so "turteln" auch Liebespärchen hemmungslos ohne der Taube jemals begegnet zu sein. In der Roten Liste wird sie als "stark gefährdet" eingestuft. Der aktuelle Bestand in Deutschland wird vom NABU auf nur noch 12.500 bis 22.000 Brutpaare beziffert. Das ist nur noch die Hälfte als vor 10 Jahren und nur noch 10 Prozent des Bestandes von 1980! Zum Vergleich: von Ringeltauben gibt es in Deutschland mehrere Million Paare. Selbstverständlich turteln auch Turteltauben und das in einem zärtlich anmutenden Balzritual, wobei der Täuberich seine Angebetete umtänzelt und mit Schnabel und Flügel liebkost. Zwischendurch hebt der Bräutigam zu kleinen Höhenflügen ab, um gleich wieder auf dem Ast neben seiner Liebsten zu landen.Turteltauben gelten daher auch als "Liebesvogel" und sind meistens monogam. Sie bauen ihre schlichten Nester auf Bäumen und können 20 Jahre alt werden, wenn nichts Schlimmes passiert. Turteltauben sind als einzige heimische Taubenart echte Zugvögel, also "Langstreckler", die den Winter südlich der Sahara von Ost- bis Westafrika in der Sahelzone verbringen und im Frühjahr wieder zu uns, bevorzugt in lichte Wälder und strukturreiche Kulturlandschaften zurückkehren. Doch sowohl im Überwinterungs-, aber auch im Brutgebiet lauern Gefahren. Bei uns verschwinden durch die Intensivierung der Landschaft mehr und mehr natürliche Wälder, Feldgehölze und Wildkräuter. Den kleinen Vegetariern geht die Nahrung aus, sie finden nicht mehr genügend Körner, Baum- und Kräutersamen, um wie früher zwei bis drei Bruten hochzuziehen. Meist bleibt es nur noch bei einem Gelege mit durchschnittlich zwei Küken im Jahr. Die Brut dauert rund drei Wochen, die Jungen werden nach dem flüggewerden noch eine Weile mit Kropfmilch gefüttert. Auch auf dem Weg zum und vom afrikanischen Winterquartier ist ihre Existenz bedroht. Bei der Passage werden Turteltauben in den Anrainerstaaten des Mittelmeers Spanien, Portugal, Italien, Griechenland und Bulgarien und auf den Inseln Zypern und Malta legal bejagt. Und das, obwohl Tauben als Friedenssymbol gelten! Illegale Abschüsse und Netzfänge kommen hinzu, besonders fies sind Leimruten, an denen die Vögel beim Rasten kleben bleiben. Allein die legalen Abschüsse sollen 1,4 Million Individuen betragen. Mancherorts gilt der Vogelabschuss als "Vergnügungssport"! Im Mai 2018 haben alle Mitgliedsstaaten der EU einen Aktionsplan zum Schutz der Europäischen Turteltaube verabschiedet. Trotz dieser und anderer EU-Vogelschutzrichtlinien wird weiterhin dagegen verstoßen. Erste Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich und Spanien sind zwischenzeitlich schon eingeleitet. Aber es gilt auch bei uns zuhause etwas für den Erhalt der Turteltaube und somit auch zum Schutz naturnaher Lebensräume zu tun. Die EU-Landwirtschaftspolitik muss sich mehr in Richtung ökologischer Feldbewirtschaftung ändern. Chemisch behandeltes Saatgut, Herbizideinsatz, monotone Agrarlandschaft, das Verschwinden von landschaftlichen Kleinstrukturen wie Hecken, Feldgehölze und Säume... es sind immer diesselben Ursachen! Wenn Sie möchten, so unterzeichnen Sie die
Petition zum Schutz der Turteltaube des NABU
Taubenfreunde aufgepasst! Alleine auf den Kanarischen Inseln gibt es sieben Taubenarten. Darunter die seltenen Lobeertauben auf La Gomera, La Palma, El Hierro und Teneriffa oder auch die recht häufige sogar siedlungs- und strandnah anzutreffende Palmtaube, ein Nachbar aus dem nahegelegenen Afrika. Wenn es also vielleicht demnächst auf Fuerteventura oder Gran Canaria eine neue Urlaubsbekanntschaft zu beturteln gibt, dann gurrte in der Nähe nicht die Turtel-, sondern eher die nicht unähnliche Palmtaube ;-)) Sinkflug statt Singflug?
Feldlerche Vogel des Jahres 2019 (28.12.2018)
Der Star ist Vogel des Jahres 2018 (7.1.2018)
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Distelfalter
- Marathonflieger unter den
Schmetterlingen
(20.5./5.8.2009)
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Argus- oder Geißklee-Bläuling - Schmetterling des Jahres 2008 (26.12.2007)
Männchen des Argus Bläulings
beim Nektar saugen.Das Insekt des Jahres 2008 ist bereits ein Schmetterling, was mich als früheren Schmetterlingsforscher an der Universität Freiburg freut. Nun wurde von der Naturschutzstiftung des BUND NRW und der Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen der Schmetterling für das kommende Jahr gekürt. Man wählte den Argus-Bläuling wissenschaftlich: Plebeius argus genannt. Bläulinge heißen erwartungsgemäß so, weil viele Arten dieser Schmetterlingsfamilie auf der Oberseite der Flügel zumindest im männlichen Geschlecht blau gefärbt sind. Der Argus-Bläuling hat eine biologisch interessante Lebensweise, v.a. im Raupenstadium. Der in Südeuropa weiter verbreitete Falter, der bei uns recht selten in ein oder in Süddeutschland auch zwei Generationen im Mai bis Juni und nochmal im Hochsommer auf klimatisch begünstigten Halbtrocken- bis Trockenrasen, aber auch in Moorgebieten fliegt, ist geschlechtsspezifisch unterschiedlich gefärbt. Während die Männchen auffälliger dunkelblau sind, haben die Weibchen mehr tarnfarbene dunkelbraune Flügeloberseiten. Auf der Unterseite haben beide Geschlechter ein markantes Fleckenmuster und einige dunkel metallisch blau glänzende Punkte. Die Falter bevorzugen bei mir in Südbaden als Nektarpflanze Oregano, Hornklee und Goldrute.
Zuckerwasser im Tausch gegen SchutzSpannender ist die Lebensweise der Raupen, die nicht wie normale Raupen nur an Pflanzen (überwiegend an Schmetterlingsblütlern) fressen, sondern im ausgewachsenen Stadium sich in Ameisennestern verpuppen. Sie bilden dabei eine Symbiosen mit bestimmten Ameisenarten zum wechselseitigen Nutzen. Die Ameisen sind sogar begierig auf diesen Gast und schleppen ihn in den Bau, um sich an einem von der Raupe sezernierten süßen Sekret zu laben. Der Falter kann sich unterirdisch im Ameisennest so besser vor Feinden wie Spinnen und anderen räuberischen Insekten geschützt und in Ruhe entwickeln. Für das Überleben dieser Art müssen also mehrere Faktoren zusammen kommen. Halbtrockenrasen sind ohnehin immer seltener werdende Landschaftselemente, die der Aufforstung, Umwandlung zu Wiesen oder als Bauland zum Opfer fallen. Weiterhin müssen neben den Nektar- und Raupenfutterpflanzen auch noch ganz bestimmte Ameisenarten im Biotop vorhanden sein. Häufig verschwinden Schmetterlingsarten mit solch komplexen Biotopansprüchen aus unserer Heimat, weil vielleicht nur ein Glied in der Kette fehlt. Allerweltsarten haben das Problem nicht, weil sie entweder gute Flieger sind und ausweichen oder einfachere Ansprüche haben. Das bekannte Tagpfauenauge beispielsweise frißt an Brennesseln und daran ist in der überdüngten Kulturlandschaft kein Mangel. Ein wirksamer und sinnvoller Artenschutz muss also auch immer ein Biotopschutz und eine Erhaltung komplexer Landsschaftsstrukturen sein. In einer Monokultur überleben nur noch diese Allerweltsarten oder angepasste Schädlinge...
Schmetterling "Krainer Widderchen" - Insekt des Jahres 2008 (29.11.2007)
Das Esparsetten Widderchen hat
eine Spannweite von rund vier
Zentimetern, gelblich eingefasste
rote Flecken auf dem Vorderflügel
und eine "rote Banderole" um den
Hinterleib.Violette oder blaufarbene Blüten wie Flockenblumen und Skabiosen
dienen den Widderchen als
Nektarpflanze, dienen aber auch
Rendezvouz-Platz zur Partnerfindung.
(Foto: Herbert Steffny)Läufer verbringen viel Zeit in der Natur. Da schaut man schon mal genauer, was da links und rechts am Wegesrand kreucht und fleucht. Ich selbst habe früher als Biologe Naturschutz Gutachten erstellt und an der Universität Freiburg im Zoologischen Institut zur Verhaltensökologie von Tagfaltern und Widderchen geforscht. Wenn Sie Glück haben sehen Sie vielleicht im nächsten Sommer eher in Süddeutschland auf Blüten ein recht auffälliges, sogenanntes "Widderchen". Rotschwarz-gehörnte Gesellen
Gerade hat das Berliner "Kuratorium Insekt des Jahres" ausgerechnet einen mir sehr vertrauten attraktiven Schmetterling, eben ein Widderchen, das auch Blutströpfchen genannt wird, zum Insekt des Jahres 2008 gewählt. Das bedrohte Krainer- oder Esparsetten-Widderchen ist ein wärmeliebender, eher seltener Bewohner von Halbtrocken- oder Trockenrasen auf Kalkböden, wo die Futterpflanze der Raupe, die Esparsette und auch der Hornklee wächst, und wo darüber hinaus auch ein genügendes Angebot von Wiesenflockenblumen, Skabiosen und anderen meist violetten oder blauen Blüten vorkommt. Der wissenschaftlich Zygaena carniolica genannte Falter gehört zur Gruppe der Widderchen oder Blutströpfchen, was auf die widderartigen langen kolbigen Fühlern bzw. auf die blutrot-schwarze Farbe hinweist.
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Schlaraffenland: Gruppensex mit Nektar!
Die Falter fliegen von Juni bis August träge in ihrem Lebensraum oder sitzen behäbig auf ihren Nektarpfanzen. Manchmal tummeln sich darauf ganze Gruppen, dabei oft auch in Paarung, denn diese Blüten dienen auch als "Rendezvouz-Platz" zur Partnerfindung. Dabei wird zum Gruppen-Sex munter weiter Nektar gesaugt. Das mutet an wie im Schlaraffenland: Sex und Nektar...! Widderchen können sich diese genüßlich, auffällige und behäbige Lebensweise leisten, denn ihre rot-schwarze Färbung ist eine Warnfarbe. Sie sind nämlich durch ihren Blausäuregehalt für die meisten Feinde giftig. Sich gemeinsam auf den Blüten vergelustierend verstärken sie das Farbsignal sogar noch. Blutströpfchen sind ein klassisches Lehrbuchbeispiel für Mimikry, in diesem Falle als Abschrecktracht. Das auffällige Rot-Schwarz signalisiert dem farbsehenden Fressfeind: Achtung, Gefahr, ich bin giftig! So wie die gelb-schwarze Färbung bei Wespen signalisiert: Vorsicht, ich kann schmerzhaft stechen! Fütterungsversuche an Meisen zeigten, dass diese die Widderchen angewidert ausspuckten. Die markante rot -schwarze Farbe prägt sich schnell ein und in Zukunft werden solche Tierchen mit Ekelgeschmack gemieden. Doch ganz ohne Risiko ist das Schlaraffenleben der Widderchen auch nicht, denn auf bzw. unter den Blüten lauern immer wieder Krabbenspinnen, die die zoologischen Lehrbücher wohl nicht gelesen haben, denn diese Spinnen überwältigen auch Blutströpfchen.
Mit den Lebensräumen sterben die Falter
Das Kuratorium Insekt des Jahres hat das besonders prächtige Esparsetten-Widderchen, das man an der "roten Banderole" um den Hinterleib und den gelblich gesäumten roten Flecken auf den Vorderflügeln leicht erkennt, stellvertretend für rund ein Dutzend verwandter und ähnlich aussehender Blutströpfchen ausgewählt. Sie werden wegen des Verschwindens ihrer Lebensräume immer seltener und sind in Deutschland teilweise sogar schon ausgestorben. Die Gründe sind zumeist die Intensivierung der Landwirtschaft - durch Düngung verschwinden mit der Pflanzenvielfalt eben auch die Schmetterlinge. Die Lebensräume Magerrasen und Ödländereien, die Lebensräume der Widderchen, sind zudem durch Verbauung und Aufforstung im Rückgang begriffen. Wer also Schmetterlinge retten will, muss ihre Lebensräume und die Vielfalt der Landschaft bewahren.
Der Begriff "Kleinod" ist das schönste bedrohte Wort der deutschen Sprache.... "Das Wort steht für ein auf den ersten Blick unscheinbares Ding, das jedoch einen hohen persönlichen Wert haben kann" so Bodo Mrozek, Initiator einer bundesweiten Jury für den gefährdeten Wortschatz. Da hätte ich eine kleinodige Idee für Ihren nächsten Dauerlauf in der Natur:
Landkärtchen (Araschnia levana) Die mehr braun gezeichnete Frühjahrsform fliegt im Mai/Juni
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)"Fliegende Kleinodien" sind beispielsweise Schmetterlinge, so wie der Landkärtchenfalter, der zum Falter des Jahres 2007 gewählt wurde. Er hat seinen Namen von einer landkartenartigen Zeichnung auf den Flügeln. Die braun gefärbte Frühlingsgeneration fliegt zur Zeit im Mai und Juni. Die im Juli bis Mitte August erscheinende Sommergeneration ist dagegen nahezu schwarz mit weißer Zeichnung. Für dieses Phänomen der unterschiedlichen saisonalen Färbung (Saisondimorphismus), ist das Landkärtchen das klassische Lehrbuchbeispiel. Die Ausprägung der unterschiedlichen Formen wird photoperiodisch über die Tages- und Nachtlänge gesteuert. Den Falter trifft man in Gehölznähe, auf Waldwegen und Lichtungen an Hochstauden wie Wasserdost, Gemeiner Distel, aber auch auffällig oft an weißen Blüten wie Wiesen-Bärenklau, Schafgarbe oder auch auf Zwerg-Holunder. Nicht selten findet man das Landkärtchen am Boden sitzend, wo es an feuchten Erdstellen leckt. Die Raupen fressen an Brennnesseln. Warum ich das auf meinem Online-Forum für Läufer schreibe? Nun als Zoologe, der seine Diplomarbeit über Schmetterlinge geschrieben hat, ist das natürlich naheliegend. Und ich wünsche Ihnen als Naturfreund(in) bei Ihrem nächsten sonnigen Dauerlauf in der herrlichen freien Natur, dass Sie vielleicht auch mal einen Landkärtchenfalter auf einer Waldlichtung oder Wiese beobachten. Es sind oft die kleinen (auf den ersten Blick unscheinbaren) Glückserlebnisse, die den Tag schön machen. Ob dieses fliegende Kleinod Ihnen allerdings, wie der Name Landkärtchen verheißt, weiterhelfen kann, wenn Sie sich verlaufen haben?
Hier eine weitere bedrohte Tierart: Der Edel-Hase oder "Pacemaker"
.Die schwärzliche Sommer-Form können Sie von Juli bis August in Wäldern und Parks antreffen.
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)
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