London Marathon 2014
Berichte, Resultate, FotosAutor und Copyright: Herbert Steffny
Sie können gerne hierhin verlinkenKipsang und Kiplagat in Weltjahresbestzeiten
Läufer aus Iten im Hochland von Kenia dominieren die Rennen
(13.4.2014)
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Bei
der 34. Auflage des London Marathon stand wie so oft in den Medien ein
Weltrekord auf der Wunschliste. Bei den Männern lief der amtierende
Weltrekordler Wilson Kipsang (2:03:23 Stunden Berlin 2013) selbst mit, der Sieg musste also über ihn gehen. Bei den Frauen waren die 2:17:42 Stunden von Paula Radcliffe,
erzielt 2005 in einem reinen Frauenrennen, sozusagen "Paula Radcliffes
B-Weltrekord" im Visier. Ansonsten war das Debüt des britschen Olympia
Helden Mo Farah in aller Munde. Sein erklärtes Ziel war der britische Rekord von Steve Jones, den dieser 1985 mit 2:07:13 Stunden in
Chicago aufstellte. Im letzten Jahr lief der Bahnumsteiger bereits bis
Halbmarathon mit, wofür er bereits 250.000 Dollar kassierte. Seine
Vorbereitung (Mo Farahs Training in Iten, Artikel in Laufmagazin SPIRIDON 4/2014) in
Kenia und der Test beim Halbmarathon in New York war gemischt. Im
Central Park kollabierte der Olympiasieger über 5.000 und 10.000 Meter
als Zweiter im Ziel. Am letzten Wochenende legte sein Widerpart Kenenisa Bekele, der 5.000 und 10.000 Meter Weltrekordler vor und siegte im Fernduell in Paris
in erstklassigen 2:05:03 Stunden. Mo Farah war also gehörig unter
Druck, auch angesichts eines zwischen einer Million Dollar oder 500.000
Euro gemunkelten Antrittsgeldes. Hervorragend und leistungsfördend die
äußeren Bedingungen. Mit rund 10 Grad am Start und sonnigem Himmel
konnten Läufer, Zuschauer und Fotografen zufrieden sein. Am Mittag
kletterte das Thermometer auf rund 15 Grad. Kenianerinnen auf Streckenrekord Eine Elitegruppe von etwa 20 Frauen und vier Tempomacherinnen startete eine dreiviertel Stunde vor den Männern, darunter Olympiasiegerin Tiki Gelana aus Äthiopien, die im letzten Jahr noch von einem Rollstuhlfahrer angefahren wurde. Diesmal starteten die Rollis früher, um solche Kollisionen zu vermeiden. Aus Kenia starteten u.a. die Doppel-Weltmeisterin Edna Kiplagat, die nicht verwandte Berlin Siegerin 2011 und 2013 Florence Kiplagat und die Titelverteidigerin und Olympiazweite Priscah Jeptoo. Gespannt durfte man auf das Debüt von der mehrfachen Bahn-Olympiasiegerin Tirunesh Dibaba aus Äthiopien sein, was im "Mo Farah Rummel" etwas im Hintergrund stand. Das Rennen begann wie im letzten Jahr zunächst eher verhalten. 16:45 Minuten bei fünf Kilometern deutete eher auf eine Endzeit von 2:21 Stunden. Bei acht Kilometern zogen die Tempomacherinnen allerdings das Tempo abrupt an. Beim Museumsschiff Cutty Sark waren nur noch sieben Läuferinnen in der Spitzengruppe. Die 10 Kilometer Zwischenzeit von 32:47 Minuten deutete nun schon auf schnelle 2:18:20 Stunden hin! Das wäre zumindest Streckenrekord, den Mary Keitany in London 2012 mit 2:18:37 Stunden aufgestellt hatte. Die beiden Kiplagats, Jeptoo mit den beiden Äthiopierinnen Tadese und Dibaba im Schlepptau konnten noch die Dienste zweier Tempomacherinnen nutzen. Tiki Gelana war allerdings hier bereits abgehängt und lief alleine im Niemandsland. Bei 15 Kilometern konnte von den Äthiopierinnen nur noch Dibaba dem Kenia-Trio folgen. Die Zwischenzeit von 49:05 Minuten deutete nach wie vor auf eine Zeit von 2:18 Stunden hin. Die Halbmarathon Marke hinter der Tower Bridge passierte die Spitzengruppe in 1:09:16 Stunden. Häsin weg - Tempo weg Bei 25 Kilometern wurde das Tempo mit 1:22:19 Stunden etwas langsamer, 2:19 Stunden war nun im Visier. Die Ruhe vor dem Sturm? Noch machte eine Häsin Joyce Chepkirui ihren Job. Die Kleinste im Feld Florence Kiplagat wirkte noch sehr locker und die Debütantin Dibaba hielt am Ende der Gruppe laufend weiter mit. Bei 28 Kilometern fiel überraschend die oft genannte Favoritin Priscah Jeptoo zurück und stieg aus, sowie die letzte verbliebene Häsin. Die offene Schlacht war eröffnet, nur noch die beiden Kiplagats und Dibaba kämpften um den Sieg. Florence Kiplagat lief zumeist vorne und die als geschickte Verfolgerin bekannte Edna Kiplagat lauerte eher dahinter. Das Tempo wurde dabei keineswegs schneller, eher etwas langsamer. Schrecksekunde! An einer Verpflegungsstation fiel Tirunesh Dibaba eine Flasche aus den Händen. Die Äthiopierin hob sie vom Boden auf und schon war die entscheidende Lücke gerissen. Eine Folge ihrer Unerfahrenheit oder bereits Schwäche? Nun arbeiteten die beiden Kenianerinnen, Nachbarinnen im heimischen Iten zusammen, rund 60 Meter dahinter folgte die Äthiopierin. Noch war sie nicht geschlagen, aber natürlich hatte sie nicht die Erfahrung im Alleingang zu kämpfen wie die beiden Kenianerinnen vor ihr. Starkes Finale Kiplagat gegen Kiplagat Zwischen 30 und 35 Kilometern wurde mit 16:56 Minuten der langsamste 5-Kilometer Abschnitt gelaufen. Ob eine Zeit von unter 2:20:00 Stunden noch drin war, wurde fraglich. Florence Kiplagat mit dem fabelhaften Halbmarathon-Weltrekord (65:12 Minuten) im Februar als Referenz im Gepäck machte mehr Führungsarbeit und forcierte leicht bei 37 Kilometern, aber die eine halben Kopf größere Edna ist eine kampferprobte zähe Jägerin, die nicht leicht abzuschütteln ist. Ein spannendes Finale auf dem Weg zum Big Ben am Ufer der Themse, denn beide verfügen über ein starkes Finish. Sicher war nur, dass eine Kiplagat und eine Frau aus Iten wird gewinnen würde, denn die wacker kämpfende Dibaba kam nicht näher heran, fiel aber auch nicht zurück. Bei 40 Kilometern spielte es keine große Rolle mehr, dass das Tempo auf über 2:20 Stunden absank. Beide Kontrahentinnen liefen unter dem Big Ben nun Brust an Brust. Dibaba nur rund 100 Meter dahinter, wobei sie sich allerdings umblickte. Edna K. griff auf der langen Zielgeraden zuerst an, zäh wie Gummi konnte sie sich nur ganz langsam von Florence K. lösen und drei Sekunden vor ihr in 2:20:21 Stunden gewinnen. Einmal wieder erwies sich die Doppelweltmeisterin als erstklassige Taktikerin und Siegläuferin. Immerhin war eine neue Weltjahresbestzeit noch der Lohn, neben 55.000 Dollar Siegprämie. Dahinter lieferte Tirunesh Dibaba ein erstklassiges Debüt mit 2:20:35 Stunden und kam damit in der ewige Weltbestenliste auf Platz 22. Beste Europäerin war dahinter die Portugiesin Jessica Augusto auf Platz sechs in 2:24:25 Stunden.
Bei den Männern war eines der Highlights, dass der Ex-Weltrekordler Haile Gebrselassie als "Nobelhase" eingekauft wurde. Er benutzte das Rennen gleichzeitig als Formüberprüfung für seinen Start beim Hamburg Marathon. Als kleiner Läufer dürfte er einem großen Athleten wie Wilson Kipsang allerdings weniger Windschatten bieten. Als gesondertes Zeichen trug er Startnummer "Pace 1" und ein schwarzes Trikot, statt einem normalen "Pacer-Zebratrikot" wie die anderen "normalen" Hasen. 1:01:45 Stunden war seine Vorgabe für Halbmarathon. Der Start bei besten Bedingungen um 10.00 Ortszeit erlaubte schnelle Zeiten für die 23 eingeladenen Eliteläufer samt ihren sieben Hasen. Haile plante 14:30 Minuten in Richtung Weltrekordtempo für die "jungen Burschen" ein, wie der bald 41-Jährige sich im Interview zuvor ausdrückte. Doch man konnte skeptisch sein, ob im Rennen nicht wie die Jahre zuvor die Taktik überwiegen wird. Doppel-Quartett: Vier Äthiopier gegen vier Kenianer Kipsang,
Geoffrey Mutai und Tsegaye Kebede liefen an vorderster Front hinter der
dreiköpfigen "Haile Hasen Truppe". 14:21 Minuten, eine Sekunde
schneller als im Vorjahr war die Zwischenzeit bei fünf Kilometern, das
wäre 2:01er Tempo!
Allerdings führen die ersten 5.000 Meter leicht bergab. Dennoch, ein zu
schneller Beginn für effizientes Weltrekord-Pacing! Mo Farah hielt
sich in einer zweiten Gruppe auf, die in 14:48 Minuten die 5-Kilometer
Marke überlief, also 17 Sekunden dahinter. Bei 10 Kilometern in 29:12
Minuten, deutlich langsamer als 2013, waren vier Äthiopier Kebede,
Abshero, Mekonnen und Lelisa mit vier Kenianern, zweimal Mutai,
Kipsang und Biwott zusammen. Mo Farah folgte in
einer zweiten Gruppe unterstützt von einem Hasen in 29:56 Minuten,
immer noch auf 2:06 Stunden Kurs, also britischem Rekord. Bei 15
Kilometern(44:05 Minuten) wurde die Spitze etwas langsamer, während Mo
Farah sein Tempo auf Richtung 2:06 Stunden hielt. Vorne war die
Weltrekordzeit wohl langsam außer Reichweite, zumal nur noch ein Hase William Sigei übrig blieb. Haile hatte überraschend frühzeitig
die Segel gestrichen. Farah lief zusammen mit Samuel Tsegay aus Eritrea
44 Sekunden dahinter, durchaus in Lauerposition, denn vorne wurde die
Konkurrenz nicht unbedingt schneller. Bei 20 Kilometern (59:15 min) und
Halbmarathon (1:02:30 Stunden) war das Zielfenster nur noch 2:05
Stunden, langsamer als geplant. Vorentscheidung bei Kilometer 31 Offenbar
reichte es nun Wilson Kipsang angesichts des mehr und mehr
verschleppendenden Tempos. Er lief nach vorne, unterhielt sich
mit dem Tempomacher und forcierte nun neben dem Hasen laufend die Pace
leicht. Mo Farah mit einem schönen, aber für Marathon viel zu großem
Schritt laufend, griff nach Halbmarathon (1:03:08 Stunden) etwas
unerfahren, neben seine Flasche (obwohl er das in Kenia geübt hatte, siehe Foto hier
und in der Randspalte). Unglücklich: Farah rennt alleine, denn sein Hase
lief, offenbar stur die Zeitvorgabe 2:07 Stunden einhaltend, zu weit
voraus. Bei 25 Kilometern (1:13:58 Stunden) stieg vorne der letzte
Hase aus. Die achtköpfige Spitzengruppe war noch immer noch beisammen.
Nun übernahm der Titelverteidiger Tsegaye Kebede die Führung. Geoffrey Mutai lief immer in Lauerstellung leicht versetzt dahinter. Es war nun ein klassischer Länderkampf Äthiopien gegen Kenia,
beide Nationen mit je einem Quartett im Rennen. Emmanuel Mutai
bekam als erster Schwierigkeiten, während Kebede vorne weiter
die Führung inne hielt. Doch dann platzte Kipsang offenbar der
Geduldsfaden. Der Tempoverschärfung des Favoriten bei Kilometer 31 konnte nur noch
Landsmann Stanley Biwott
(Paris Sieger 2012 in 2:05:12 Stunden) folgen. Schnell riss ein
großes Loch zwischen den Enteilten und den Verfolgern auf. Bei 35
Kilometer hatten die beiden Führenden bereits 27 Sekunden Vorsprung auf
Geoffrey Mutai. Der 5-Kilometer Abschnitt war mit 14:32 Minuten
der Zweitschnellste des Rennens. Kebede und Abshero passierten nun die
beiden Mutais und kämpften rund eine halbe Minute dahinter nur noch um
Platz 3. Der Länderkampf war hier also längst entschieden. Kipsang erneut mit überragendem Finale An der Spitze duplizierten sich die Ereignisse. Brust an Brust, wie die beiden Kiplagats zuvor, rannten Biwott und Kipsang dem Ziel entgegen. Würde es auch hier erst auf der Zielgeraden einen Spurtsieg geben? Kipsang lief etwas ruhiger und hatte bei seinem Finale in Berlin bereits bewiesen, dass er hinten heraus sehr stark laufen kann. Das tat er dann vorzeitig bei Kilometer 40, nachdem er die letzten 10 Kilometer in 29:10 Minuten (!) zurückgelegt hatte. Schnell entstand eine Lücke und Biwott war geschlagen. Für Kipsang ging es nun noch um den Streckenrekord, denn der lag in Reichweite, immerhin 25.000 Dollar Zubrot zu den 55.000 Dollar Siegprämie. Die Weltjahresbestleistung war vielleicht auch noch im Visier des intelligenten Athleten. Der Meister drückte nochmals ordentlich auf die Tube, den Zieleinlauf als Sieger kannte Kipsang schon von 2012. Der Dominator lief nach großartigen 6:17 Minuten für die letzten 2,195 Kilometer in 2:04:29 Stunden noch unter dem alten Streckenrekord einem letztlich überragenden Sieg entgegen. Die zweite Hälfte rannte der Weltrekordler in 1:01:58 Stunden, rund eine halbe Minute schneller als die erste. Kipsang setzte sich mit seiner drittschnellsten Zeit wie seine Nachbarin Kiplagat an die Spitze der diesjährigen Weltbestenliste. Das Dorf Iten beherrscht momentan die Welt auf der Langstrecke!Mo Farah im zweifelhaftem Debüt Achter Der 27-jährige Stanley Biwott lief dahinter mit 2:04:55 Stunden neue persönliche Bestleistung. Vielleicht hätte man Geoffrey oder Emmanuel Mutai oder Tesfaye Kebede weiter vorne erwartet, aber dem Angriff Kipsangs hatten sie nichts entgegen zusetzen. Biwott sah im letzen Jahr zeitweilig schon wie der Sieger aus, fiel dann aber noch auf den achten Platz zurück. Die Äthiopier trugen dahinter den Kampf um den letzten Podiumsplatz im Spurt aus. In 2:06:30 Stunden hatte der erfahrenere Kebede letztlich die Nase eine Sekunde vor dem jüngeren Ayele Abshero. Eineinhalb Minuten später wurde es nochmals eng. In zwanzig Sekunden wurden fünf Plätze vergeben. Der äthiopische Jungsstar Tesfaye Mekonnen platzierte sich als Fünfter vor Geoffrey Mutai und Emmanuel Mutai. Mo Farah konnte als bester Nichtafrikaner (allerdings somalischer Abstammung) von hinten noch in die erlahmende Spitzengruppe reinlaufen, wobei er Feyisa Lelisa abfing. In 2:08:21 Stunden wurde er bei seinem Debüt guter Acht-Platzierter, konnte aber die hoch gesteckten Erwartungen u.a. den britischen Rekord zu brechen, nicht erfüllen. Den Kampf der prominenten Debütanten, die von der Bahn aufsteigen, gewann ganz klar im Fernduell Kenenisa Bekele in Paris vor Tirunesh Dibaba und dann erst Mo Farah! Bleibt abzuwarten, ob man den Briten nicht doch wieder auf der Bahn laufen sehen wird. Nun ist er immerhin um diese Erfahrung reicher. Als ich in Iten sein Training beobachtete, kam mir das jedenfalls nicht sehr marathonspezifisch vor. Da wurden sicherlich auch Fehler gemacht.
Die besten
Deutschen, Finisherzahl und
Frauenanteil Unter den deutschen Finishern war bei den Damen Doris Claudia Padock in 3:16:59 Stunden und bei den Männern Markus Rajzer in 2:48:26 Stunden als Schnellste im Ziel. Die
letzten Teilnehmer benötigten in London 8:03 Stunden. Unter den 35.798
Finishern waren 13.242 Frauen. Der Frauenanteil beträgt in London damit
in diesem Jahr immerhin genau 37 Prozent. Das ist höher als im Vorjahr und erheblich mehr als beim
Berlin Marathon 2013, der mal gerade 24,6 Prozent erreicht (Tipp: Marathontraining
für Frauen).
Unter 3:00 Stunden kamen 1.419 Läufer und Läuferinnen, das sind 4
Prozent, unter 3:00 Stunden. 50 Prozent aller Läufer kamen, rund zwei
Minuten schneller als im Vorjahr, nach 4:25 Stunden ins Ziel.
Männer:
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